Eine neue Saison der Weiherspiele ist eröffnet. "Little Vegas Bayern" heißt das Stück dieses Jahres, das von diversen Irrwegen auf der Suche nach dem Glück handelt und einen milden Abglanz dessen nach Oberbayern bringt, was das große Vorbild in der Wüste von Nevada bekannt gemacht hat: Laster, Liebelei und große Show. Die Premieren-Bilanz im Überblick:
Welcome to fabulous Little Vegas in Bayern. Marilyn Monroe, verkörpert von Elke Deuringer, ist noch einmal in einer berühmten Filmszene zu sehen.
(Foto: Peter Hinz-Rosin)Die Stärken. Da steht Elvis Presley auf der Bühne, ins Gespräch vertieft mit der geldgierigen, in Tracht gekleideten Vergnügungspark-Besitzerin Breitsam. Im Hintergrund schlägt die Uhr von Sankt Margaret und dann fängt eine Polizistin zu sächseln an. Nur eine von vielen Absurditäten, die sich wie ein roter Faden durch das ansonsten fadenfreie Stück ziehen, das man furchtbar langweilig finden könnte, wenn man die Geschichte wörtlich nimmt. Bei entspannter Betrachtung ist es an Irrwitz aber kaum zu überbieten.
Die Schwächen. Sehnsüchtig wartet das Publikum bis zum Ende darauf, doch nichts geschieht - das Wasser bleibt unbespielt. Außer von den funkelnden Lichtern der Kulisse natürlich, was schön aussieht, aber dramaturgisch nichts bringt. Auch sonst kommt überproportional viel von den Flanken, der zentralen Showbühne bleiben nur wenige Momente mit Revueballett und Gesangsauftritten. So rückt die Mitte an den Rand, was dazu passt, dass das Stück selbst auch keinen wirklichen Kern hat. Was aber keinen zu stören braucht.
Die Musik. Seit jeher eine tragende Säule im Erfolgskonzept der Weiherspiele, bestimmten diesmal Melodien von Elvis das Klangbild des Stücks, eine Hommage zum 80. Geburtstag des Sängers. Musikalischer Höhepunkt indes sind die beiden Auftritte von Elke Deuringer als Marilyn Monroe, inklusive wehender Röcke. Mit der Anmut und der Stimme hätte sie auch in Caesar's Palace eine Bühne bekommen. Dafür "Bravos" von den Rängen.
Die Dramaturgie. Spielsalon, Wedding Chapel, Showroom, Kreditbüro, Burger Queen und Polizeirevier liefern die Bühne für menschliche Irrungen und Wirrungen im Stil des traditionellen Bauerntheaters. Das Geschehen bestimmen von Anfang an die Frauen, wobei das Spektrum ihrer Charaktere von materialistisch und skrupellos über geschäftstüchtig und clever bis unbekümmert und harmlos reicht.
Von Elvis gibt es gleich mehrere Lookalikes.
(Foto: Peter Hinz-Rosin)Die Männer benehmen sich überwiegend wie hilflose Trottel oder fehlgeleitete Wichtigtuer, mit Ausnahme von zwei revoltierenden Burschen (Chapeau, junge Bühne!), die der Verluderung ihres Dorfes nicht länger zusehen wollen. Da ist viel Spannung drin, viel Gelegenheit für Witz und Gegenwitz - und am Ende, wie sollte es beim Moralisten Josef Schmid auch anders sein, eine Moral.
Die Kostüme. Fügen sich nahtlos ein ins Absurditätenkabinett. Da tritt der neue Polizeichef auf, lederbemantelt wie einst Wyatt Earp, schlüpft einer der Trottel ins Pinguin-Werbekostüm (für Kenner: zuletzt am Weiher gesehen in "Arktischer Sommer"), gleichen sich die Elvise wie ein Presley dem anderen und schlüpft der preußische Croupier, ein Helene-Fischer-Fan, auf der Balz in eine Gartenlauben-Kombination mit Strohhut. Das schönste Kostüm und die beste Maske des Abends trägt der Überraschungsgast, ein Conchita-Wurst-Lookalike, den zwei Siegfried-und-Roy-Imitatoren in einen weißen Wolpertinger verwandeln.
Die Stars. Wenn schon auf dem Wasser nichts passiert, dann wollen wir wenigstens unser bayerisch-sächsisches Nonnen-Polizistinnen-Duo haben. Keine Sorge, die beiden sind dabei, führen die neue bayerische Gesetzeshüterinnen-Uniform vor und machen ihr Ding. Derzeit unverzichtbar. Erstmals platziert Schmid zudem einen "stummen Gast" im Geschehen, einen Obdachlosen, vom Spiel zugrunde gerichtet, der allzeit präsent einen unsichtbaren roten Faden in der Hand hält.
Fazit: Nehmen Sie dieses Stück wie die Blues Brothers oder eine Monty-Python-Nummer, akzeptieren Sie die reduzierten Möglichkeiten eines engagierten Laientheaters und genießen Sie einen entspannten, heiteren und kurzweiligen Abend in einladender Kulisse. Applaudieren Sie wie das Premierenpublikum großzügig. Und gönnen Sie sich eins der Fischbrötchen oben in der Brotzeitgasse. Die sind wirklich 1a.
Die Kulisse mit Showbühne, Skyline und Hochzeitskapelle zaubert für die Zuschauer eine perfekte Illusion.
(Foto: Peter Hinz-Rosin)
(c)HR Archivnr:15hr0635_03 / 02.07.2015 / Markt Schwaben, Weiherspiele, 'Welcome to fabulous Little Vegas Bayern', hier: Spielhalle Golden Nugget Saloon.
(Foto: Peter Hinz-Rosin)