Wegen Niedrigzinsen:Zu einseitiges Geschäft

93.400 Euro

besitzt laut einer exklusiven Untersuchung der Dekabank jeder Vaterstettener im Schnitt an Geldvermögen. Eingerechnet sind nur Anlagen wie Aktien, Lebensversicherungen, Investmentfonds oder Guthaben auf der Bank, nicht aber Immobilien. Damit liegen die Vaterstettener landkreisweit an der Spitze. Schlusslicht im Landkreis ist die Gemeinde Baiern, dort besitzt jeder Einwohner 58.000 Euro an Geldvermögen. Deutschlandweit hat jeder Bürger im Schnitt 51.800 Euro auf der hohen Kante.

Auch die Kreissparkasse kündigt Prämiensparverträge

Von Stefan Galler, Ebersberg

Vor einer Woche hat die Stadtsparkasse München (SSKM) angekündigt, Tausende Prämiensparverträge zu kündigen - nun zieht die Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg (KSKMSE) nach: Von kommendem Montag an werden jene 5200 Kundinnen und Kunden, deren Verträge zum 29. Februar 2020 gekündigt werden sollen, nach und nach persönlich kontaktiert. Das erklärte Andreas Frühschütz, Vorstandsmitglied der Kreissparkasse und verantwortlich für das Privatkundengeschäft, am Rande eines Pressetermins am Freitag in München.

"Die Kündigungsschreiben gehen Ende November raus, aber bis dahin wollen wir mit allen Betroffenen Gespräche führen, um emotional ein anderes Niveau zu erreichen und zu verhindern, dass die Kunden mit hochrotem Kopf bei ihrem Berater auflaufen", so Frühschütz. Insgesamt würden Verträge mit einem Volumen von 130 Millionen Euro gekündigt.

Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Mai 2019 haben auch Kreditinstitute das Recht, Prämiensparverträge zu kündigen, wenn sie einen "sachgerechten Grund" vorweisen können. "Das Niedrig-, beziehungsweise Negativzinsumfeld ist ein solcher sachgerechter Grund", sagte Andreas Frühschütz. Betroffen sind nur Kunden, deren Verträge seit mehr als 15 Jahren laufen und die höchste Prämienstufe von 50 Prozent erreicht haben. Das Modell sieht vor, dass die Bank jedes Jahr, in der ein solcher Vertrag läuft, auf das Ersparte einen prozentualen Bonus bezahlt. "Das sind hochgerechnet im 15. Jahr Renditen von zwei Prozent", sagte Frühschütz. "Wenn man sich vor Augen führt, dass wir für langfristig gehaltene Aktienportfolios von einer jährlichen Rendite von fünf Prozent ausgehen, ist eine solche Strategie doch deutlich attraktiver als 50 Prozent auf die jährliche Sparleistung."

Auch das Thema Negativzinsen wird nicht ausgespart. Bislang habe man nur Individualvereinbarungen mit Geschäfts-, aber auch Privatkunden im Blick, "die nur Geld aufs Girokonto hauen, aber sonst keinerlei Geschäftsbeziehungen mit uns pflegen", so Frühschütz. Dabei gehe es aber "nicht um Beträge von 100 000 Euro", erst bei deutlich höheren Guthaben würden "Verwahrentgelte", wie die Negativzinsen in der Bankersprache genannt werden, zur Diskussion stehen. "Es ist schizophren: Früher sind wir Banken jedem Cent hinterher gelaufen. Nun geht es vor allem darum, Liquidität fernzuhalten und Notwehrmaßnahmen zu entwickeln", sagte der Verantwortliche für das Privatkundengeschäft.

Ursprünglich hatte die Kreissparkasse den Pressetermin anberaumt, um darüber zu berichten, wie reich die Landkreise München, Starnberg und Ebersberg im deutschlandweiten Vergleich sind und welche Möglichkeiten die Anleger in Niedrigzinszeiten haben, ihr Vermögen zu vergrößern. Das Kernproblem sei, dass 50 Prozent des Privatvermögens in den drei Landkreisen auf dem Girokonto liegen gelassen würden, sagte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, die für die drei Landkreise je eine exklusive Untersuchung basierend auf Marktdaten erstellen ließ. "Das Geldvermögen steigt an, aber es gibt keine Verzinsung und die Inflation lässt die Vermögen kleiner werden. Das nennt man Realzinsfalle", so Kater. Alleine im Landkreis Ebersberg entstehe dadurch ein jährlicher Kaufkraftverlust in Höhe von 81 Millionen Euro. Im deutschlandweiten Vergleich der Städte und Kreise mit dem größten Geldvermögen pro Kopf belegen die Landkreise Starnberg (91 000 Euro), München (82 700 Euro) und Ebersberg (75 800 Euro) die Plätze, eins, zwei und vier. Im Schnitt besitzt jeder Deutsche 52 000 Euro an Geldvermögen. Um das Vermögen weiter wachsen zu lassen, empfehlen Volkswirt Kater und KSKMSE-Vorstand Frühschütz "ein Umdenken" der Sparer hin zu einer "durchdachten Wertpapier-Strategie".

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