Die Verbotsschilder bleiben. Fürs Erste. Das ist die Quintessenz aus einem Ortstermin am renaturierten Gelände um die Landshamer Speicherseen. Der Umweltausschuss des Landtags hatte nach einer ersten Sitzung im Juli den Ortstermin anberaumt, um nun endgültig zu klären, ob der Eigentümer der renaturierten Kiesgruben, der Landwirt Josef Kern, den Zugang zu den Seen komplett freigeben muss oder nicht. Doch eben diese Frage bleibt weiterhin offen, zunächst einmal bis zu einer weiteren Sitzung des Umweltausschusses. Die wird in etwa drei bis fünf Wochen stattfinden, wie die beiden Berichterstatter des Landtags, Florian von Brunn (SPD) und Volker Bauer (CSU) schätzen.
Den beiden Ausschussterminen vorausgegangen war eine Petition an den Bayerischen Landtag, initiiert von Roland Ernst, SPD-Gemeinderat, Vorsitzender des Bürgervereins Landsham und im unmittelbar benachbarten Landsham-Moos zu Hause. Unter Berufung auf das Bayerische Naturschutzgesetz hatten er und seine Mitstreiter in ihrem Schreiben das freie Zugangsrecht zu dem renaturierten Gelände gefordert. Dieses Anliegen hatte der Landtagsausschuss bereits im Juli in vollem Umfang unterstützt, nicht aber die darüber hinausgehende Forderung, auch das Schwimmen in den früheren Baggerseen freizugeben. In diesen Seen nämlich lagern Betonblöcke aus der partiellen Wiederverfüllung der Abbaugruben, bestückt mit sogenannten Armierungseisen, die, so argumentieren zumindest die Grundeigentümer Josef und Andrea Kern, eine Gefahr für Leib und Leben darstellen könnten.
Um sich davon selbst zu überzeugen, hatten sich nun am Montag nicht nur die beiden Landtagsberichterstatter, der Petent Roland Ernst und die Eigentümerfamilie eingefunden, sondern auch Vertreter des Plieninger Rathauses, des Landratsamtes, die Ebersberger Landtagsabgeordneten Thomas Huber (CSU) und Doris Rauscher (SPD) sowie ein Jurist aus dem Umweltministerium, etliche interessierte Plieninger Bürger und Landwirte, die die umliegenden Felder bewirtschaften. Tatsächlich, so stellten die Anwesenden fest, sind die Eisenstangen im Wasser vom Ufer aus nicht sofort zu erkennen, was, wie Landwirt Kern erklärte, an den Lichtverhältnissen des Nachmittags lag. Einige abgeschnittene Teile hatte er aus Beweisgründen noch am Ufer des nordwestlichsten Sees liegen gelassen.
Die Familie Kern hatte nach der Ausschusssitzung im Juli Taucher beauftragt, die in den drei größten Seen gefilmt haben. Auf diesen Aufnahmen, die sich die Besucher auf drei Laptops anschauen konnten, sind die Armierungsstangen in der Tiefe zu sehen. Nicht zu erkennen ist allerdings, an welchen Stellen sie genau liegen, was möglicherweise, so der Jurist aus dem Umweltministerium, Alexander Mayer, für eine Freigabe des Schwimmens - oder dessen Verbot - noch geklärt werden müsste. Eine endgültige Aussage wollte allerdings auch er nicht treffen.
Grundsätzlich, so stellten die Landtagsberichterstatter und auch der zuständige Abteilungsleiter vom Landratsamt Johann Taschner übereinstimmend fest, wiegt das Recht auf ungehinderte Betretung der freien Natur, festgelegt in Paragraf 141 des Bayerischen Naturschutzgesetzes, so schwer, dass es etwaige privatrechtliche Ansprüche überlagert - auch dann, wenn es sich um besonders schützenswerte Naturschönheiten handelt. "Naturschutzrechtlich gibt es in Bayern nur ganz wenige Gebiete, aus denen die Öffentlichkeit ausgesperrt werden darf", erklärte Taschner. Das heiße auch, dass grundsätzlich nicht nur betreten, sondern auch geschwommen werden dürfe. "Jeder darf baden, solange er nichts kaputt macht."
Eine Aussage, die die Unterstützer der Petition gerne gehört haben dürften. Zumal Roland Ernst auch den beiden Ausschussmitgliedern gegenüber noch einmal betont hatte, dass sich bei den Bürgern, die seit Juli erneut umsonst darauf gewartet hätten, dass die Absperrungen endlich weg kämen, "die Frage aufdrängt, ob es nicht noch andere gesetzliche Ausnahmeregelungen" für Landschaftsbesitzer gebe. Man habe den Eindruck, dass da "ein bisserl lax" vorgegangen werde.
"Wir stellen uns vor, dass es nach dem positiven Bescheid aus dem Landtagsausschuss nun einen Erlass des Landratsamtes gibt", sagte Ernst. Die Beseitigung der Schilder müsse durchgesetzt werden. "Die Schilder waren schon da, als wir das Land 2008 vom Ferstl geerbt haben", hielt Landwirt Kern ihm entgegen. Auch für die Verfüllung der Seen mit Beton und Eisenstangen trage seine Familie keine Verantwortung, "das hat das Landratsamt damals so abgenommen", erklärte er. Zudem sei 1992 der Kiesabbau nur genehmigt worden, wenn das Gelände anschließend dem Naturschutz dienen würde. In einer Dienstbarkeit sei überdies der frühere Eigentümer verpflichtet worden, keine Freizeitnutzung und auch keine Fischereinutzung zuzulassen oder anzustreben. Daran habe man sich auch bisher gehalten, zumal bei einer Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld drohe. "Aber mit dem Metall ist das lebensgefährlich, und wenn was passiert, tragen wir auch vor dem Ort hier die Verantwortung."
Andrea Kern unterstützte die Argumentation. "Wir möchten das schriftlich, dass wir aus der Haftung entlassen werden", sagte sie. "Wenn man das Betreten an den Weihern erlaubt, kann da jeder reinspringen, ob man Verbotschilder aufstellt oder nicht. Das kann keiner kontrollieren." Bis zum nächsten Ausschusstermin werde er die Schilder nun auf jeden Fall stehen lassen, kündigte Josef Kern an: "Wir müssen abwarten, wie gefährlich der Landtag das einstuft. Positiv ist für uns, dass die Badesaison schon vorbei ist, sodass man nun die drei Wochen auch noch abwarten kann." Auch das Landratsamt werde bis dahin nichts unternehmen, erklärte Johann Taschner. Dass das Gelände für Spaziergänger geöffnet wird, daran bestehe aus seiner Sicht kein Zweifel.
Ob die dann auf dem ganzen Gebiet umherwandern dürfen, bleibt noch fraglich. Josef Kern möchte am liebsten nur einen Rundweg rund um den größten See im Nordosten freigeben und stellte sich auch im Gespräch am Montag einer anderen Lösung entschieden entgegen. In der Unteren Naturschutzbehörde sieht man das anders. "Es spricht nichts dagegen, das ganze Gelände zu öffnen bis zum Kieswerk", sagte Taschner. Dort müsste dann tatsächlich abgesperrt werden, am besten mit einem Zaun, damit niemand aufs Betriebsgelände kommt.