Wechsel an der Spitze:Mit 22 Jahren alleiniger Braumeister

Wildbräu Braumeister Hartwig

Johannes Hartwig ist der neue Braumeister bei Wildbräu-Grandauer in Grafing.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Johannes Hartwigs Devise beim Brauen im Grafinger Wildbräu: Nicht zu viel Schnickschnack. Das Sprichwort "Kein Bier vor vier" nimmt er nicht allzu ernst.

Von Amelie Hörger, Grafing

"Im Grunde eine gute Regel, aber als Brauer teilweise nicht machbar", sagt Johannes Hartwig, Braumeister beim Grafinger Wildbräu, und lacht herzlich, als er nach seiner Ansicht zu dem Sprichwort "Kein Bier vor vier" gefragt wird.

Erst seit Anfang Februar ist Hartwig, ein Mann mit blondem Bart und freundlichem Lächeln, in der kleinen Brauerei tätig, doch schon bald wird der erst 22-Jährige alleiniger Herr über die Flaschen sein. Er tritt die Nachfolge von Altbraumeister Jan Opper an, der den Betrieb im September verlässt.

Unsicher angesichts dieser Herausforderung fühle er sich aber nicht, so Hartwig. Sorgen scheint sich der Mann, der ganz entspannt hinter seinem Schreibtisch sitzt, selten zu machen. Obwohl er und Chef Gregor Schlederer beide zur jungen Generation zählen, ist der Braumeister überzeugt, dass sie alle Hindernisse meistern werden.

An Wissen und Leidenschaft fehlt es dem 22-Jährigen aus Neudichau gewiss nicht. Wenn er flotten Fußes in seinen Gummistiefeln durch das kleine Brauhaus geht, mal hierhin, mal dorthin zeigt, erklärt er gerne die Kniffe seines Handwerks. Immer möglichst anschaulich und bildlich, damit auch ein Laie folgen kann, schließlich sind Führungen über das Gelände auch Teil seines Jobs.

Wildbräu Braumeister Hartwig

Wenn Johannes Hartwig durch die Brauerei führt, versteht auch der Laie, wie das Handwerk funktioniert.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Beispiel hierbei sind Sätze wie "Ein Gemisch, das im Endeffekt wie Müsli aussieht" oder die Feststellung, dass etwas prinzipiell "wie ein Nudelsieb" funktioniere. Bei einem Rundgang kommt man auch im 2015 neu gebauten Sudhaus vorbei. Dort fängt nicht nur die Leidenschaft von Hartwig an zu glühen, sondern auch die eigene Körpertemperatur.

Zwischen den silbernen Kesseln staut sich die Hitze und mit ein paar Schweißperlen auf der Stirn streicht Braumeister Hartwig über die Glanzstücke, in denen schrittweise das Bier entsteht. 16 Sorten hat die Familienbrauerei Wildbräu-Grandauer momentan im Angebot.

Große Erklärtafeln säumen die Wände. Temperaturen, Brauvorgänge, alles ist hier detailliert beschrieben. Das sei aber für die Führungen, betont Hartwig, "die Brauer brauchen das nicht, die wissen schon, was sie tun", sagt er grinsend.

Sein größter Wunsch und gleichzeitig Ziel für seine Zeit bei der regionalen Brauerei: "Die Qualität weiter zu halten und wenn möglich, vielleicht sogar noch zu heben." Um dies zu erreichen, hat er schon jetzt das Qualitätsmanagement übernommen.

Für Hartwig bedeutet das, jede Woche mindestens einen Tag im Labor zu stehen und dort Werte wie Stammwürze oder Kohlenstoffdioxid zu analysieren. Ab und an müsse er aber auch für einen Brauerkollegen einspringen, das sei ein Merkmal einer kleinen Brauerei, da "kann einfach immer was sein". Deswegen ist auch er einmal in blauer Arbeitshose und Gummistiefeln unterwegs.

Ganz nah am Produkt zu sein, das vermisse er schon manchmal, sagt Hartwig, doch von den großen Fenstern seines Büros hat er immer einen guten Überblick über das Geschehen auf dem Gelände. Dem gebürtigen Tegernseer ist vor allem wichtig, etwas zu produzieren, "womit man dann auch Freude haben kann". Deswegen wird zum Feierabend mit den Mitarbeitern auch selbstverständlich immer nur das eigens gebraute Wildbräu getrunken, schließlich stehe "jeder der Mitarbeiter hinter dem Bier".

Zur Arbeit gehört das Trinken dazu

Es müsse einfach schmecken, immerhin trinke er eine, er zögert kurz und überlegt, "ja vielleicht auch zwei Halbe am Tag", gesteht er dann. Natürlich arbeitsbedingt.

Die größte Herausforderung steht wohl ab September an, dann ist er der "Mann für alles". So übernimmt Hartwig unter anderem die Bereiche Technik und Planung von Jan Opper. Qualität wird für Hartwig trotzdem immer einen besonderen Stellenwert einnehmen.

Er sei "ein Verfechter vom Reinheitsgebot und auch von den klassischen Biersorten". Das Wildbräu sei mit seinen mehr als 400 Jahren Geschichte schließlich eine alte Brauerei mit viel Tradition, die er so aufrechterhalten wolle. Also lieber nicht zu viel Schnickschnack mit dem Bier anstellen, experimentieren könne man zuhause, so Hartwigs Devise.

Zum Beispiel in seiner eigenen kleinen Sudanlage, die bei den Eltern am Tegernsee steht und wo seine Faszination für das Bierbrauen begonnen hat. Doch aus einer alten Brauerfamilie kommt Johannes Hartwig nicht, die Schule brachte ihn zum Bier.

Als in seiner Realschule ein Braukurs angeboten wurde, war er davon sofort begeistert. Es folgte ein Praktikum beim Brauhaus Tegernsee, eine Lehrstelle, sowie schließlich der Besuch der Meisterschule in Gräfelfing.

Es war einfach "Liebe auf den ersten Blick" sagt der 22-Jährige heute. Oder wohl eher auf den ersten Schluck? "In Bayern fängt man ja schon früher an", sagt Johannes Hartwig und lacht. Als Braumeister eben auch einmal vor vier Uhr.

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