Süddeutsche Zeitung

Ein Grafinger erzählt:Vom Biker-Treffen zu Spotify

Seit 30 Jahren macht "Wasteland" nun schon Rock. Über die Liebe zur Musik, die Höhen und Tiefen des Bandlebens - sowie ein neues Album.

Von Jonas Braun

Viel Lärm mit Groove." So beschreibt Franz Meier-Dini die Musik seiner Band Wasteland und lacht. Der Name stehe für "dürres und ödes Land, über dem bestenfalls ein paar Geier kreisen". Genau das richtige Feeling also für erdigen, schnörkellosen Classic-Rock. Die Markenzeichen der Band, die vor allem eigene Songs spielt, sind laut Selbstbeschreibung "griffige Gitarrenlicks auf einem treibenden Bass/Drum- Fundament sowie bärenstarke Vocals". Doch wie so viele Musiker haben es auch die Rocker momentan schwer, ihren Sound unters Volk zu bringen - momentan ist das Land tatsächlich zu dürr und öde.

Die Geschichte von Wasteland beginnt vor einiger Zeit, nämlich im Frühjahr 1991. Der Gründungsgedanke? "Spaß an der Musik", sagt Bassist Meier-Dini aus Grafing. Diesem Credo sei man auch bis heute treu geblieben: "Von Bikertreffen in Südtirol, über Open-Air-Festivals bis zum Kneipenfesten in Grafing: Im Mittelpunkt steht immer die Musik und der Spaß daran." Dies sei auch der Grund, warum sich die Band dazu entschieden habe, dieses Jahr alle Events abzusagen: Es sei eben nicht das Gleiche, wenn die Leute mit Abstand und Maske auf ihren Plätzen sitzen bleiben müssten. "Ich hätte zurzeit auch keine Lust, als Besucher auf ein Rockkonzert zu gehen", sagt der 62-jährige. Er trägt eine Fleecejacke und Jeans, seine Haare und sein Bart sind grau. Doch wenn er über Musik und seine Band spricht, dann leuchten die Augen des Sozialpädagogen.

Zur Überbrückung der Pandemie hat Wasteland beschlossen, nun im Herbst ihre neue CD aufzunehmen. Bis jetzt erschienen die Alben immer regelmäßig im Sieben-Jahre-Takt, fünf hat die Band schon veröffentlicht. CDs zu produzieren sei zwar schon ein wenig altmodisch, gesteht Meier-Dini. "Wir machen die CDs einfach, um den Leuten, denen unsere Musik gefällt, Spaß zu bringen", erklärt er und fügt lachend hinzu: "Aber auch, um zu zeigen: schaut mal, euer cooler Opa hat wieder eine CD gemacht." Außerdem erzählt der Grafinger von seinem Wunsch, mal eine LP, also eine Schallplatte, zu produzieren. Denn er vermisse die "Zeremonie", die das Musikhören früher gewesen sei. "Du ziehst die Platte aus der Hülle, pustest den Staub weg, dann setzt du dich hin und hörst zu", sagt er. Mittlerweile aber nehme man sich meist nicht mehr die Zeit, Musik richtig zu genießen. Man höre sie nur, während man etwas anderes mache, zum Beispiel beim Autofahren. Trotzdem müsse eine Band sich auch der Zeit anpassen, findet Meier-Dini. Deshalb gibt es Wasteland inzwischen auch auf Spotify. Außerdem sei er gerade dabei, seinen Bestand zu digitalisieren, erzählt er. Dabei handle es sich um mehrere tausend CDs und Schallplatten.

Von den Mitgliedern der Gründungstage von Wasteland sind heute nur noch Franz Meier-Dini und der Schlagzeuger Rick Shulz übrig. Gemeinsam bilden sie das Rückgrat der Band und sind nach 30 Jahren ein höchst eingespieltes Team. Die anderen beiden, neueren Bandmitglieder sind Bernie Schröter (Gitarre) und Franky Fisher (Gitarre und Lead Vocals). Zusammen hat die Band schon einiges erlebt und ist ganz schön rumgekommen.

Besonders gern erinnert sich Franz Meier-Dini an einen Gig in South Dakota in den USA. "Wir waren die erste europäische Band, die dort jemals spielen durfte", erzählt er. In dem sechstausend Seelendorf Sturgis wird jährlich das größte Harley-Davidson-Treffen der Welt abgehalten. Dann tummeln sich in dem kleinen verschlafenen Örtchen knapp 500 tausend Biker. "Das sind Erfahrungen, die einem niemand nehmen kann und die man nie vergisst." Auch in Deutschland und Südtirol tritt die Band oft bei Motorrad-Treffen auf, und da gab es auch schon mal eher unschöne Momente. So erzählt Meier-Dine von einem Konzert in Sexten, wo die Busschlüssel schon bereit lagen, um schnellstmöglich wegfahren zu können, sollte ein rivalisierter Motorrad-Club, die Hells Angels, auftauchen. "Da denkt man sich: Warum mach ich das?", sagt er. "Uns geht es doch nur darum, Spaß zu haben." Ob er und die anderen Musiker denn ebenfalls Motorrad fahren? "Nein", sagt der Bassist und lacht, " ich habe nur eine Vespa".

Ihre Lieder schreibt die Band zumeist selbst. Wenn mal etwas gecovert wird, dann drücke man den Songs von AC/DC, Led Zeppelin und Co. stets den Wasteland-Stempel auf. "Es beginnt meistens damit, dass jemand ein Gitarrenriff vorschlägt, und wir überlegen uns dann einen Text dazu", erzählt der 62-Jährige. "Das schönste ist doch, wenn die Leute deine eigenen Lieder mitsingen." Er erinnert sich an einen Auftritt in Grafing, wo die Band Angst hatte, die Decke würde einstürzen. "So sind die Leute da herumgesprungen." "Und wenn man dann komplett verschwitzt von der Bühne gehe, sei das "ein wunderschönes Gefühl". Hinter den einzelnen Songs stecke aber jedes Mal ein sehr langwieriger Denkprozess, weshalb die CDs auch immer nur "jedes verflixte siebte Jahr" erscheinen.

"Dieses Jahr werden wir es leider nicht mehr schaffen", sagt Meier-Dini bedauernd, doch im Frühjahr 2022 soll die neue CD fertig sein. Auch das Proben war während des vergangenen Jahres schwer bis unmöglich. Im Kulturhaus in Haar, wo sich im Keller ein Tonstudio befindet, herrschte während der Pandemie Betretungsverbot. "Wir wurden ein Jahr aus der Bahn geworfen", erklärt Meier-Dini. Die 13 neuen Songs seien aber schon fertig und müssten nur noch aufgenommen werden. Wie das Album heißen soll, wisse er noch nicht. "Das wird wieder eine lange Findungsphase werden", vermutet er. Fest steht aber schon, dass die Fans sich wieder auf viel Lärm mit Groove freuen dürfen.

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Quelle:
SZ vom 05.10.2021
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