Über Verbindungen des Sebastian Klinghardt zum Schutzgeldgewerbe war bis dato wenig bekannt. Nun stellt sich heraus, dass der Vizechef des Forstbetriebs Wasserburg gewissermaßen zu den Insidern zählt. So ist zu erklären, dass der 35-Jährige seine neueste Essenskreation "Wasserburger Mafiosi" tauft und auf Rückfrage mitteilt: Bei dem Burger handle es sich um "ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können".
Die Frisur kommt schon ziemlich gut hin. Am Schnauzbart müsste Sebastian Klinghardt hingegen noch arbeiten, um an den vielleicht berühmtesten Mafiaboss aller Zeiten heranzukommen, den Marlon Brando im Coppola-Film "Der Pate" fürchterlich gut mimt. Bei der Entwicklung seines Mafiosi-Burgers, so Klinghardt, sei indes nicht zuvorderst eine einschüchternde Aura des Kochs von Relevanz, sondern ein überzeugendes Rezept.
Entscheidendes Detail für das Klinghardtsche Mafiosi-Siegel: Vermeiden, dass das Kernelement aus Rind-, Schweine- oder Geflügelfleisch angefertigt wird. Erlaubt ist ausschließlich regionales und damit biologisches Wild-Hackfleisch. Also vom Hirsch, Reh oder etwa der Wildsau. Gewürzt mit Orangenpfeffer, Chilisalz, Kreuzkümmel und einer Prise Knoblauch kann das Patty wahlweise auf dem Rost vor sich hin grillen oder in der Pfanne braten.
Eingebettet in zwei Brioche-Burger-Brötchen wird das Wildfleischpflanzerl alsbald mit einer feinen Schicht Pesto bestrichen. Im nächsten Schritt gesellen sich zwei Scheiben Parmaschinken hinzu. Hierbei ist penibel darauf zu achten, dass der Schinken nicht versehentlich in der Pfanne angebraten wird, roh ist sein korrekter Servierzustand. Gekrönt wird der "Mafiosi" mit Zwiebelringen, Mozzarella, einer Scheibe Tomate und Rukola-Salat.
Abgründe in Klinghardts Familiengeschichte
Die Entstehungsgeschichte dieser bayerisch-italienischen Angelegenheit lässt tief blicken in die Abgründe der Klinghardtschen Biografie. Es begann zunächst unverdächtig mit der Frage seiner früheren Försterkollegen aus dem Fichtelgebirge, ob er sich an der Veröffentlichung eines Wildburger-Kochbuchs beteiligen möge. Klinghardts Reaktion lässt erahnen, welche fatale Folgen das haben musste. Er konnte das Angebot nicht ablehnen.
Gejagtes Grillgut:"Wild ist mehr bio als alles andere"
Rehe, Hirsche und Wildschweine "sind glücklich bis zum Schuss": Die Bayerischen Staatsforsten intensivieren ihre Empfehlungen für Fleisch aus der Jagd - statt aus der Tierhaltung. Eine kulinarische Reise in den Ebersberger Forst.
Im Gespräch macht Klinghardt unbeholfene Versuche, der Entwicklung des "Mafiosis" kulturelle Motive anzuhaften. Die Stadt Wasserburg - der Sitz seines Forstbetriebs - sei "von italienischen Gässchen durchzogen", weswegen die Verbindung zu Italien naheliegend sei. Zudem sei er genau wie seine Frau und Rezept-Mitentwicklerin Felicitas "der italienischen Küche äußerst zugewandt".
Es klingt hart gegen Klinghardt: Doch die Ambitionen des stellvertretenden Forstbetriebsleiters, sich in der Herstellung von Speisen zu betätigen, offenbaren ein weiteres Leitmotiv aus der organisierten Erpressungsbranche: Verwandtschaft. Seine Mutter und sein Vater, so Klinghardt, die würden beide sehr gerne und gut kochen. "Ich bin familiär vorbelastet."
Noch ein Abgrund? Der Bananen-Burger
Zu seiner Verteidigung ist vorzubringen, dass Förster Klinghardt sich kulinarisch offenbar nicht ausschließlich an bandenmäßigen Verbrechern orientiert, sondern auch an sagenhaften Experimenten. Im Kochbuch "Wildes burgern" findet sich nämlich noch ein zweites Burger-Rezept aus dem Hause Klinghardt: der Rotter Bananen-Bazi.
Neben dem Wildfleischpflanzerl wird eine kleingeschnittene Banane zum Protagonisten dieses Burgers. Hinzu kommt gebratener Speck in Geleit von Erdnussbutter. Laut Klinghardt eine süß-salzige Variante, die geschmacklich in asiatische Gefilde vordringt.
Im Buch geben Felicitas und Sebastian Klinghardt schließlich Genuss-Empfehlungen ab. Beim Bananen-Bazi bewegen sie sich noch nicht im Bereich der Drohungen. Ganz defensiv heißt es dort, dass sich das Gericht in Geleit von exotischen Drinks "in einer dunklen Winternacht voller Sehnsucht nach dem lauen Sommerabend" eigne. Beim Mafiosi formulieren die Klinghardts ihren Verzehrhinweis deutlicher: "Sie werden uns den Gefallen tun und den Burger probieren. Oder wollen Sie respektlos sein und demnächst in Betonschuhen einen Spaziergang durch das Hafenbecken von Palermo machen? Andiamo."
"Wildes burgern. Ein Koch- und Lesebüchlein vom Forstbetrieb Fichtelberg", erhältlich in der Salzburger Str. 14 in Wasserburg am Inn in der Zentrale des Forstbetriebs Wasserburg. Versand ist möglich, Telefonnummer: (08071) 92360.