Vor einem Jahr begann der Wasserburger Musiker und Filmemacher Peter Ludwig damit, die Kultur-Szene Wasserburgs mit der Kamera zu beobachten, sprach mit Kollegen, Theaterleuten und Veranstaltern, um zu ergründen, was das eigentliche Motiv all dieser Kunstschaffenden ist. Herausgekommen ist ein Kaleidoskop aus Bildern, Klängen und Impressionen. Neben Profis begleitete er Jugendliche und Laien, dokumentierte, was an Kulturschätzen verloren gegangen ist. Am Donnerstag, 7. Mai, hat sein Film "Zauberer in Wasserburg" im Utopia Premiere. Beginn ist um 19.30 Uhr.
SZ: Ihre Idee war, der Kultur Ihrer Heimatstadt auf den Grund zu gehen und, statt nur zu dokumentieren, die tieferen Motive der zahlreichen Künstler zu erforschen. Was haben Sie herausgefunden?
Peter Ludwig: Kurz zusammengefasst ist das Folgendes: Künstler wollen ihr Publikum verzaubern, sie wollen etwas bewegen, das weiß ich von mir selbst. Und dafür nehmen sie viel in Kauf, etwa ein unsicheres Leben. Alles in allem ist mein Film eine kritische Hommage an die Stadt, in der ich seit 25 Jahren lebe.
Wie sind Sie auf die Idee zu diesem Film gekommen?
Ich hatte von Rainer Gottwald, dem Geschäftsführer des Utopia-Kinos, den Auftrag, einen Trailer zu dem Festival "Dreitagethal" zu drehen. Ich habe Bands aufgenommen, die Atmosphäre aufgesogen, die Feste begleitet. Dabei habe ich mich gefragt, was hinter all dem steckt, was die Leute treibt? Und wie Künstler und Kulturschaffende zurecht kommen mit dem, was die Stadt bietet.
Sie nennen all diese Künstler Zauberer. Wen zählen Sie zu diesem Kreis?
Oh, die Liste ist lang: Sie reicht von den Initiatoren der Reihe "Wasserburg leuchtet" und dem Bach-Chor bis hin zum Theater Wasserburg mit der gefeierten Aufführung von "The Black Rider", von Chorleiter Ernst Hofmann und Jörg Herwegh vom Narrenkeller bis zur Band Kofelgschroa, zum Klaviersommer, zur Großen Kunstausstellung und vielen vielen anderen.
Wasserburg hat zwar ein breites Kulturspektrum, aber Sie zeigen auch, wo sich Lücken aufgetan haben.
Ja, beispielsweise wurde das Theater Narrenkeller geschlossen, weil es nicht mehr lukrativ sei, wie es heißt. Auch das Erste Imaginäre Museum hat zugemacht. Ich finde das sehr bedauerlich, weil ich davon überzeugt bin, dass viele Wasserburger nie dort waren. Und für jene, die dort waren, ist es ein großer Verlust. Wenn man immer nur nach der Quote schaut, dann ist die Kunst arm dran.
Welche Schätze haben Sie bei Ihrem Streifzug entdeckt? Wer hat Sie verzaubert? Zum Beispiel die deutsch-koreanische Schülerin und Pianistin Johanna Bufler. Sie ist erst 15 Jahre alt und bekam ein Stipendium an der renommierten Juillard School of Music in New York. Interessant, was aus Kindern der Stadt so alles wird. Eine Erfolgsgeschichte kann man über die Laienchöre erzählen, etwa über den Bach-Chor und Ernst Hofmann mit seinem Chor "Zappndudab". Schließlich habe ich den Regisseur des Belacqua Theaters, Uwe Bertram, kennengelernt. Wobei das nicht ganz korrekt ist. Eigentlich kannten wir uns, sind uns aber lange aus dem Weg gegangen. Warum, weiß ich nicht. Nun arbeiten wir zusammen. Ich schreibe die Musik für seinen Sommernachtstraum, der im Juli auf der Inn-Bühne aufgeführt wird.
Standen Ihnen bei Ihren Recherchen immer alle Türen offen?
Ich bin ja eher ein Einzelgänger. Aber wie ich da mit Mikro und Kamera unterwegs war, habe ich viel Herzlichkeit und Offenheit erlebt. Nachdem ich beim Klaviersommer im vergangenen Jahr jeden Abend dabei war und 25 Stunden Material gefilmt habe, werde ich nun für den Leiter, Klaus Kaufmann, einen Film zum kommenden Klaviersommer produzieren.
Eigentlich sind Sie Musiker, Pianist. Seit wann drehen Sie auch Filme?
Mich hat dieses Metier schon immer interessiert. Aber früher war Filmen teuer und kompliziert. Mit der digitalen Technik geht das jetzt alles einfacher. Begonnen habe ich mit eigenen Konzertausschnitten für Youtube. Auch eine Doku über Flüchtlinge aus Mali, die sich von Bamako nach Wasserburg durchgeschlagen haben, habe ich schon produziert. Titel: "Wasserburg, offene Stadt." Der Film lief im Utopia.
Dem Ersten Imaginären Museum in Wasserburg, das Ende 2014 zusperren musste, werden Sie sogar einen Spielfilm widmen. Worum geht es da?
Ich habe dort gefilmt, buchstäblich bis zum letzten Bild, das aus dem Museum rausgetragen wurde. Mein Film wird "Lost Picture Show" heißen. Es ist ein, ich nenne es dokufiktionales Melodram, eine poetische und surreale Geschichte. Ich frage nicht, wer die Schuld oder die Verantwortung für die Schließung trägt. Vielmehr geht es um eine 16-jährige Schülerin, gespielt von Leonie Benstetter - übrigens ihr Debüt -, die im Traum in die Identität der Tochter des Museumsgründers Günter Dietz schlüpft, der in dem mittelalterlichen Gebäude die Malerei bedeutender Künstler vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert anhand hochwertiger Repliken gezeigt hat. Für das Mädchen verschwindet eine erträumte Welt. Die Texte stammen original von Dietz' Tochter. Der Film wird am 7. und 8. Juli auf der Inn-Bühne gezeigt werden. Es wurde auch im leeren Museum gedreht, so dass man sehen kann, was da verloren gegangen ist.