Vor der Entscheidung im Stadtrat:Es geht ums Geld

Die Zahlen

Gesamtvolumen: 47,8 Mio. Euro

Verwaltungshaushalt: 27,5 Mio. Euro

Vermögenshaushalt: 20,3 Mio. Euro

Schuldenstand 2018:

zum 1. Januar: 9,5 Mio. Euro

zum 31. Dezember (Plan): 16,6 Mio. Euro

Einnahmen Gewerbesteuer:

Ansatz 2018: 5,1 Mio. Euro

Ansatz 2019: 5,3 Mio. Euro

Einnahmen Einkommenssteuer:

Ansatz 2018: 10,1 Mio. Euro

Ansatz 2019: 10,7 Mio. Euro

Kreisumlage:

2018: 6,8 Mio. Euro

2019: 7,2 Mio. Euro

Im Grafinger Finanzausschuss hagelt es Kritik am Haushaltsplan - die Hälfte des Gremiums ist gegen den Etatentwurf

Von Thorsten Rienth, Grafing

Erstmals formiert sich in dieser Wahlperiode ernst zu nehmender Widerstand gegen die Grafinger Haushaltspolitik. "Der Ansatz ist ein brutaler Schlag", sagte CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg am Dienstagabend im Finanzausschuss. "Damit hinterlassen wir einen Scherbenhaufen." Danach votierten er und drei weitere Mitglieder des Gremiums gegen den Etat für 2019.

Damit wird deutlich spannender als in den vergangenen Jahren, ob nun der Grafinger Stadtrat dem Ansatz in zwei Wochen zustimmt. Ein oder zwei Gegenstimmen mögen im vorberatenden Finanzausschuss symbolische Normalität sein. Dass aber bereits dort die Hälfte des anwesenden Gremiums die Zustimmung versagt, ist außergewöhnlich.

Auslöser ist ein im Vergleich zum Ansatz von 2018 auf 20,3 Millionen Euro nahezu verdoppelter Vermögenshaushalt - und der damit einhergehende Anstieg der Verschuldung um 7,7 Millionen Euro auf dann 16,6 Millionen Euro zum Jahresende, wie Stadtkämmerer Christian Bauer vorrechnete. Die 630 000 Euro, mit denen Grafing einen Kredit an anderer Stelle tilgt, sind in dieser Rechnung bereits enthalten.

"Eine solche Haushaltsführung ist nicht vermittelbar", kritisierte der CSUler Graf von Rechberg. "Wir müssen uns dringend überlegen, wie wir das dem Bürger beibringen." Er fürchte, dass sich bei diesem Schuldenstand im kommenden Jahr niemand mehr in den Stadtrat wählen lassen wolle. "Die nächste Generation wird keinen Freiraum mehr haben, hier irgendetwas zu entscheiden." Der Aufschrei ist insofern etwas verwunderlich, weil der Stadtrat die dem Haushalt zugrunde liegenden Vorhaben allesamt selbst beschlossen hatte.

Dennoch half es wenig, dass Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) die Steigerung auf einer weiteren Ebene einzuordnen versuchte: "Wenn wir die Grundschule nicht erweitern würden und nicht acht Millionen Euro dafür im Haushalt stehen würden, dann hätten wir in diesem Jahr keinen einzigen Euro neue Schulden aufnehmen müssen", sagte sie. Die Erweiterung sei eine Pflichtaufgabe, vor der sich die Stadt nicht drücken könne. "Das Problem liegt vor allem darin, dass die Gemeinden notorisch unterfinanziert sind."

Dies gelte, obwohl die Kämmerei bei der Gewerbesteuer mit einem Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um 200 000 Euro auf 5,3 Millionen Euro sowie bei der Einkommenssteuer mit einem Plus von 600 000 Euro auf dann 10,7 Millionen Euro rechnet. Dennoch reiche dies in Boom-Regionen wie in Grafing im Münchner Speckgürtel schlicht nicht mehr aus, sagte Bürgermeisterin Obermayr, um die nötigen Investitionen beispielsweise in die Kinderbetreuung auch künftig noch stemmen zu können.

Zum Nachweis warf Kämmerer Bauer die Liste der großen Kostentreiber der vergangenen Jahre auf die Leinwand. Im Jahr 2010 hätte die Stadt beispielsweise für ihre Kindertagesstätten noch rund 930 000 Euro ausgegeben. Im vergangenen Jahr seien bereits 1,8 Millionen nötig gewesen. "Im Jahresdurchschnitt bedeutet das eine Steigerung von zehn Prozent. Das ist einfach mittlerweile eine Riesensumme." Und eine, die mit steigender Tendenz jedes Jahr wieder im Etat steht.

So ganz gelten lassen wollte solche Erklärungen allerdings nicht jeder. In Grafing passe ganz offensichtlich strukturell etwas nicht zusammen, widersprach SPD-Stadtrat Ernst Böhm. "Wir leben hier in einer der reichsten Gegenden der Welt und sind auf dem Weg in eine Verschuldung, die doppelt so hoch ist wie der bayrische Durchschnitt." Ihm scheine eher, als wäre die Stadt "bei der Gewerbeentwicklung und bei der Wasser- und Abwasserversorgung 20 Jahre zu langsam gewesen".

Seinen Vorschlag, dass die Stadtverwaltung bis zur Stadtratssitzung Anfang Februar drei Prozent aus dem gesamten Verwaltungshaushalt von 27,5 Millionen Euro "streicht", nahm der Ausschuss dann mit breiter Mehrheit an. Das würde einer Einsparung von knapp einer Million Euro entsprechen. Der Gesamthaushalt erhielt in der nachfolgenden Abstimmung gegen vier Stimmen die Mehrheit. Neben Graf von Rechberg und Böhm votierten auch Yukiko Nave (BfG) und Josef Rothmoser (CSU) gegen diesen Ansatz.

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