Süddeutsche Zeitung

Erwachsenenbildung:Seit 50 Jahren in Bewegung

Die Volkshochschule Vaterstetten hat im Jahr 1971 ganz klein angefangen. Seitdem ist sie nicht nur stark gewachsen, sondern hat sich auch immer wieder an aktuelle Bedürfnisse angepasst - wie momentan eben die Beschränkungen durch Corona

Von Aurelia Hennes, Vaterstetten

Ein Yoga- und ein Bewegungskurs. So ging es los, im Gesundheitsbereich der Volkshochschule Vaterstetten. Heute lächelt Hubert Schierl, wenn er von dieser Zeit erzählt. "Es hat alles ganz klein angefangen", sagt der stellvertretende Leiter der Volkshochschule Vaterstetten. Vor 50 Jahren wurde die Einrichtung gegründet, sie entstand am 2. April 1971 aus einer Bürgerinitiative heraus als Verein. Seither hat sich bei der VHS viel getan: Waren im Gründungsjahr noch 47 Kurse im Angebot, waren es im Jahr 2019 insgesamt 2356 Kurse, Seminare und Vorträge.

Auch räumlich waren die Anfänge bescheiden. Neben dem Gründungsvorsitzenden Wolfram Kammrad fanden sich unter den Gründungsmitgliedern einige Lehrer, was sich als großer Vorteil herausstellte, wie Schierl berichtet, der selbst seit 32 Jahren - sein halbes Leben - bei der VHS tätig ist. Denn so konnte man in den Anfangszeiten nachmittags leer stehende Räume von Grund- und weiterführenden Schulen nutzen, um dort die Kurse der Volkshochschule stattfinden zu lassen. Lange waren die Kursräume auf verschiedene Standorte verteilt. In die jetzigen Räume in einem früheren Gewerbebau an der Baldhamer Straße ist die VHS erst 2015 umgezogen.

Poing hat eine Vorreiterrolle übernommen

In der Poinger Außenstelle der VHS konnte man hingegen schon früher auf ein komfortables Raumangebot zurückgreifen. Schon seit 2001 gibt es hier das VHS-Haus an der Friedensstraße. "Damit war Poing Vorreiter vor allen anderen Mitgliedsgemeinden", erzählt Hildegard Petschik, die Leiterin der Außenstelle. Seit 34 Jahren ist sie an der Volkshochschule angestellt und somit die dienstälteste Mitarbeiterin. Vor dem Neubau hatte man die Kurse in zwei Räumen in der sogenannten Langhalle in der Nähe des Rathauses abgehalten, das schlussendlich als Abbruchhaus deklariert wurde.

Neben den Kursräumen im VHS-Haus werden nun außerdem - insofern Präsenzveranstaltungen wieder stattfinden dürfen - die Räume von Schulen, Kindergärten, und anderen Einrichtungen genutzt, für die Hildegard Petschik sehr dankbar ist, wie sie sagt. Insgesamt ist die Außenstelle der Volkshochschule an elf Standorten im nördlichen Landkreis vertreten, neun davon direkt in Poing. Der Hintergedanke dabei sei es, für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer präsent und gut erreichbar zu sein, erläutert Petschik.

Das Jubiläum nehmen Schulleiter Helmut Ertel und sein Team nicht nur zum Anlass, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, sondern auch Pläne für die Zukunft zu schmieden: Dazu zählt zum Beispiel das Erreichen eines höherwertigen Zertifikats der European Foundation for Quality Management (EFQM), welches der Volkshochschule einen hohen Qualitätsstandard bescheinigt. In den Erzählungen von Hubert Schierl ist herauszuhören, dass die VHS Vaterstetten schon seit jeher eine Vorreiterrolle einnahm: "Wir haben uns immer ganz schnell auf konkrete Situationen eingelassen und ein passendes Angebot bereitgestellt."

Zeitweise gab es fünf EDV-Räume

Als Beispiel nennt er hierbei die Vorstellung der ersten Computer im Jahr 1980: Bereits zuvor habe man in Vaterstetten EDV-Kurse angeboten, um "Trockenübungen zu machen", wie er es nennt. Kurze Zeit später wurde das Angebot ausgeweitet und in insgesamt fünf speziell eingerichteten EDV-Räumen wurden mehrere Seminare parallel unterrichtet. Inzwischen ist die Nachfrage nach EDV-Kursen etwas abgeflacht, weswegen sich die VHS, wie sie es laut Schierl schon immer tat, dementsprechend angepasst hat und noch einen EDV-Raum bereithält. "Das war nur ein Beispiel von vielen, aber man kann sagen: Die VHS Vaterstetten ist eine große Erfolgsgeschichte", so lautet die Bilanz von Schierl.

Auch Helmut Ertel kann das bestätigen und ist sich sicher: "Die Volkshochschule wird es auch noch weitere fünfzig Jahre geben!" Doch Veränderungen werden Teil des Konzepts bleiben: In der aktuellen Situation ist vor allem der Onlinebereich wichtiger geworden, wie der Geschäftsführer berichtet. "Das wird die Lernlandschaft nachhaltig verändern." Vor allem die Livestreams, welche die VHS anbietet, werden sehr gut angenommen; an der jüngsten musikalischen Lesung hatten mehr als 50 Zuschauer auf diese Weise teilgenommen. Ertel sieht darin auch die Chance, dadurch im Netz neue Interessierte zu erreichen und so auf die VHS Vaterstetten aufmerksam zu machen.

Gefeiert wird erst einmal virtuell

Für das neue Semester sind bereits mehr als 150 virtuelle Kurse eingeplant, wobei es laut Hubert Schierl noch mehr werden sollen. Vorstellbar ist für Ertel, in Zukunft ein ausgewogenes Programm aus Online- und Präsenzveranstaltungen zu etablieren und gegebenenfalls miteinander zu kombinieren, wobei der Fokus eindeutig auf den realen Treffen liegen soll. Das Prinzip einer Volkshochschule sei nämlich ihre örtliche Erreichbarkeit, sagt Ertel: "Es muss eine Volkshochschule bleiben, die vor Ort verankert ist." Er hofft auf eine baldige Lockerung der Kontaktbeschränkungen, sodass sich die Menschen wieder in der Institution treffen können: "Wir sind nicht nur eine Schule, sondern auch ein Begegnungszentrum."

Die Semesterauftaktveranstaltung mit buntem Programm findet am Freitag, 5. März, von 18 Uhr an ebenfalls in Form eines Livestreams statt: Der Zugang für die Übertragung wird am selben Tag auf der Startseite der VHS unter vhs-vaterstetten.de zur Verfügung gestellt. Mit seinem Projekt "Die VHS und ich" sammelt Helmut Ertel außerdem derzeit Geschichten und Erinnerungen, die Teilnehmende und Kursleiter mit der Volkshochschule verbinden. Die Beiträge will er dann zu einer Ausstellung zusammentragen, um zu zeigen, wie bunt und vielgestaltig die VHS ist. Zusendungen dafür können als Berichte, aber auch als Videos und Audiodateien unter der E-Mail-Adresse ertel@vhs-vaterstetten.de eingereicht werden.

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Quelle:
SZ vom 04.03.2021
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