Süddeutsche Zeitung

Viele scharfe Worte:Drohkulisse "Maschinenmonster"

Bei einem Vortragsabend des Landschaftsschutz Ebersberger Land in Parsdorf bekräftigen die Gegner der geplanten Windräder im Forst ihre Position

Von AMELIE HÖRGER, Vaterstetten

"Wind gibt es, solange der Globus sich dreht", beginnt Wolfgang Haverkamp seinen Vortrag. Doch in manchen Regionen Deutschlands wehe nun einmal weniger als in anderen, zeitweise auch mal gar keiner. Dies ist die Grundaussage des pensionierten Diplom-Ingenieurs, der hier bei einer Veranstaltung der Aktionsgruppe "Hände weg vom Landschaftsschutzgebiet Ebersberger Forst" spricht.

Erst vergangene Woche hatten mehrere Initiativen, unter anderem der Landesbund für Vogelschutz sowie der Landschaftsschutz Ebersberger Land, einen Ordner mit 9492 Unterschriften von Gegnern der geplanten Umgehungsstraße bei Forstinning und der Errichtung von Windrädern im Ebersberger Forst bei Landrat Robert Niedergesäß (CSU) abgegeben. Ein kleiner Teil dieser Gegner ist nun auch zu der Vortragsreihe in Parsdorf erschienen. Anwesend sind unter anderem auch der stellvertretende Landrat Toni Ried (FW) und Forstbetriebsleiter Heinz Utschig.

Gegliedert ist die Veranstaltung in zwei Vorträge, die laut Catrin Dietl, Vorsitzende von Landschaftsschutz Ebersberger Land, vor allem dazu dienen sollen, Wissen durch Fachleute zu vermitteln, damit man sich selbst ein Bild machen könne. "Die Befürworter dieser Windräder werfen uns vor, dass wir entweder keine oder falsche Fakten liefern", erklärt Dietl. Nun wolle man das Gegenteil beweisen. An den entschlossenen Mienen im Saal, aber auch den recht ruhigen, kaum polarisierenden Fragen, die im Anschluss gestellt werden, wird jedoch deutlich, dass die Meinungen der meisten Anwesenden bereits in dieselbe Richtung gehen. Und zwar sicherlich nicht in die pro Windrad.

Der erste Redner, Wolfgang Haverkamp, führt zunächst detailreich aus, warum Windräder in Deutschland momentan nicht ansatzweise den benötigten Strom liefern könnten, um den Verbrauch der Bundesbürger zu decken, und warum eine Erhöhung der Anzahl der Windkraftanlagen im Land nicht zielführend sei. Er untermauert seine Worte mit bunten Grafiken des Fraunhofer-Instituts sowie vielen rhetorischen Fragen. "Sie wollen doch, dass das Licht angeht, wenn Sie den Schalter bedienen, oder?". Die Anwesenden nicken. "Wollen Sie erst dann waschen, wenn der Windstrom da ist?". Die Zuhörer schütteln den Kopf.

Obwohl Haverkamp immer mal wieder sehr große Szenarien beschreibt, die ganz Europa oder auch die Welt miteinbeziehen, kommt er auch konkret auf den Landkreis zu sprechen. Unter anderem sagt er, dass das bereits bestehende Windrad in Hamberg mit 3,3 Millionen Kilowattstunden Leistung im Jahr 2017 bislang nur ein Prozent des Verbrauchs des Landkreises gedeckt habe. In seinen Augen viel zu wenig. Demnach müsse man, so Haverkamp, 80 Windräder in den Forst bauen, um die Hälfte des benötigten Stroms für die Bürger des Landkreises zu liefern. Die Energieagentur Ebersberg spricht hingegen von 33 Windrädern, die der Landkreis benötige, um gemeinsam mit anderen Alternativen wie Photovoltaikanlagen den Bedarf des Landkreises bis 2030 ausschließlich durch erneuerbare Energien zu decken. Davon, dass mehr Windräder als die fünf, die bislang im Gespräch sind, in den Forst gebaut werden, ist bisher im Gegensatz zur einführenden Behauptung von Catrin Dietl nicht die Rede.

Im zweiten Teil ergreift Georg Etscheit, Journalist und Buchautor, das Mikrofon, um sich einem weiteren Aspekt der Anti-Windkraft-Argumentation zu widmen: der Verschandelung der Landschaft durch die Rotoren. Verwendet sein Vorredner bereits scharfe Worte gegen die Anlagen, so entspringen Etscheits Beschreibungen, so scheint es, einem dystopischen Roman mit fast apokalyptischer Kulisse. Er spricht von "Maschinenmonstern" und einer "Invasion der Windgiganten". Besonders für Aufregung sorgt seine Zusammenstellung von Fotomontagen, bei denen im Wechsel Landschaften mit und ohne Windräder präsentiert werden. Während Haverkamp zuvor als Lösung für die wachsende Energieproblematik zu einem sparsameren Verbrauch jedes einzelnen Bürgers im Landkreis aufruft, erklärt Etscheit die Energiewende für bereits gescheitert.

Viele Informationen prasseln an diesem Abend auf die Zuschauer ein. Doch am Ende schauen alle noch ein bisschen entschlossener, als sie es zu Beginn bereits getan haben.

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Quelle:
SZ vom 28.01.2019
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