Viel erreicht und noch viel zu tun:Bildung und Teilhabe

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Bereits zum zehnten Mal trafen sich Vertreter der Schulen, Bildungseinrichtungen und der Jugendhilfe sowie der Politik zu einer Integrationskonferenz. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Politiker, Lehrer und Ehrenamtliche diskutieren bei der Integrationskonferenz in Markt Schwaben die aktuelle Situation. Die verschiedenen Wege zum Spracherwerb stehen dabei im Mittelpunkt

Von jonas wengert, Markt Schwaben

Es ist einiges erreicht worden, doch immer noch gibt es in der Marktgemeinde viele Herausforderungen im Bereich Integration: Das wurde bei der zehnten Markt Schwabener Integrationskonferenz deutlich. Bettina Ismair von der Initiative "Offenes Haus" sagte, es sei wichtig, immer wieder alle an einen Tisch zu versammeln, die sich in Markt Schwaben für die Integration einsetzen. An dem Treffen im Sitzungssaal des Rathauses nahmen Vertreter der örtlichen Bildungseinrichtungen sowie aus Politik und Jugendhilfe teil. Die regelmäßigen Zusammenkünfte dienen vor allem dem Austausch.

Zu Beginn lieferte Dritter Bürgermeister Joachim Weikel (Grüne) Fakten von Rathausseite. Aktuell leben 35 anerkannte oder subsidiär geschützte Flüchtlinge in Markt Schwaben. In den vergangenen zwei Jahren habe es zudem vier Familienzusammenführungen gegeben, wobei zwei der Familien mittlerweile in die Nachbargemeinden Anzing und Pliening gezogen seien. Ein Großteil der Geflüchteten komme aus Syrien und Eritrea, so Weikel. Das größte Problem in Markt Schwaben sei es, bezahlbaren Wohnraum zu finden, "insbesondere für Familien mit zwei und mehr Kindern".

Was die Jobsuche für Flüchtlinge mit Arbeitserlaubnis betreffe, sei die Lage hingegen günstiger. Aufgrund der geringen Zahl an Neuankömmlingen sei aus dem Aktivkreis Flüchtlinge zu Beginn des Jahres der Verein "Seite an Seite" entstanden. Dieser biete seither jede Art von Beratung für Menschen mit Migrationshintergrund, auch aus dem europäischen Ausland. Von dort werde der Zuzug in Zukunft wohl eher zu- als abnehmen, prophezeite Ismair.

Der Migrantenanteil an der Grundschule belaufe sich auf knapp 30 Prozent, berichtete Leiterin Monika Seidel. 15 Kinder würden dieses Schuljahr mit insgesamt zehn Deutschstunden pro Woche in der sogenannten Deutschklasse unterrichtet. Dabei handle es sich um Schüler aus der ersten bis vierten Klasse. "Dementsprechend ist das Niveau extrem unterschiedlich", so Seidel. "Hut ab vor den Lehrern, die für jedes Kind individuell ansetzen und Aufgaben erarbeiten müssen", fügte Angela Freise, Leiterin der Gemeindeabteilung "Bürger und Familie", hinzu. Trotz einiger Organisation laufe die Deutschklasse soweit gut, so Seidel: "Es ist definitiv besser, wenn intensiv an der Sprache gearbeitet wird." Auch an der Grafen-von-Sempt Mittelschule findet zusätzliche Deutschförderung statt. Lehrerin Olga Singer bezweifelt jedoch, dass ein Schuljahr dafür ausreiche. Es gebe zudem Schwierigkeiten bei der Wahl der Schulart. Manche Schüler hätten vielleicht den Intellekt, ein Gymnasium zu besuchen, wären dort jedoch aufgrund fehlender Deutschkenntnisse frustriert, so Singer. Jacqueline Frechen von der Diakonie Jugendhilfe Oberbayern stimmte zu: "Das Bildungslevel ist oft einfach nicht vergleichbar." Oft hätten Zuwanderer wenig Kenntnisse über das hiesige Schulsystem. Im Heimatland hätte das Kind vielleicht ein Gymnasium besucht; in Deutschland reiche es dann aufgrund eines anspruchsvolleren Niveaus in Kombination mit mangelndem Deutsch bisweilen nicht einmal für die Realschule. Freise verwies auf die Durchlässigkeit des Systems. "Mit M-Zug und Fachoberschule können Jugendliche den Weg nach der Mittelschule ja weitergehen. Das ist keine Endstation."

Der Bereich Erwachsenenbildung wurde ebenfalls besprochen. Christine Gehri-Kramer, Leiterin der VHS-Geschäftsstelle in Markt Schwaben, sagte, die Nachfrage an Deutschkursen sei konstant höher als das Angebot. Vor allem Mütter, die ihre Kinder vormittags in der Schule wüssten, seien interessiert. Für dreimal wöchentlichen Sprachunterricht fehle jedoch aktuell ein Raum. Weniger bringe nichts. Zudem soll das kostenlose Alphabetisierungsprogramm "Alpha plus", welches in der Hauptgeschäftsstelle Grafing bereits erfolgreich läuft, auch in Markt Schwaben gestartet werden. Migranten aus Ländern mit anderen Schriftzeichen könnten lateinische Buchstaben lernen und ihre Lese- und Schreibfähigkeiten verbessern. Auch hierfür müsse noch eine Örtlichkeit gefunden werden. "Es geht bei Integration aber um mehr als nur Sprache", sagte Gehri-Kramer und verwies auf das neue Programm "Bildung für alle". Dabei könnten Asylbewerber und Einheimische, die Sozialleistungen beziehen, eine Auswahl an VHS-Kursen für einen Euro pro Doppelstunde belegen. Das schaffe Begegnungen und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

© SZ vom 30.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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