VHS-Vaterstetten:Krisensitzung

Bei der Vaterstettener VHS stehen wichtige Weichenstellungen an, am Mittwoch treffen sich die Mitglieder zur Beratung

Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Zukunft der größten Bildungseinrichtung im Landkreis entscheidet sich womöglich an diesem Mittwoch. Die Mitglieder der VHS-Vaterstetten müssen nicht nur einen neuen Vorsitzenden bestimmen, sondern voraussichtlich auch über ein neues Organisations- und Finanzierungsmodell beraten. Das derzeit gültige Zuschussmodell läuft zum Jahresende aus, seitdem vor fast genau einem Jahr die größte Beitragszahlerin, die Gemeinde Vaterstetten, mehr Mitsprache gefordert und den Vertrag nicht mehr verlängert hatte. Auslöser war ein Streit um neue Räume für die Musikschule. Laut Bestimmungen im Zuschussvertrag mussten daraufhin auch die übrigen Mitgliedsgemeinden Grasbrunn, Zorneding, Anzing, Pliening und Poing aussteigen.

Die Gemeinden wünschen sich mehr Mitsprache

An den Forderungen habe sich nichts geändert, erklärt Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger (FW), der auch Sprecher des VHS-Verwaltungsrates der Gemeinden ist: "Wir möchten auf die Programmgestaltung Einfluss nehmen können und darauf, dass sich die Finanzen in erträglichem Rahmen halten." In den vergangenen Jahren flossen jährlich rund 900 000 Euro aus den Haushalten der Mitgliedsgemeinden als Zuschüsse an die VHS und ihre Musikschule. Die auch gute Arbeit machten, wie Reitsberger betont, "die Gemeinden sind stolz auf die VHS und wünschen sich, dass sie als eine wichtige Einrichtung der Erwachsenenbildung erhalten bleibt."

Gleichzeitig gebe es aber auch Kritik an manchen Teilen des Programms. Dieses sei ja "sehr international ausgerichtet", aber manchmal eben auch etwas zu speziell für eine Einrichtung wie die VHS, formuliert es Reitsberger vorsichtig. Eine Kritik, die auf VHS-Geschäftsführer Jürgen Will zielt und - zumindest hinter vorgehaltener Hand - auch innerhalb der VHS nicht neu ist. Umstritten ist, ob Veranstaltungen Wills, etwa internationale Pädagogenkongresse oder hochspezialisierte Psychologiekurse wie systemische Aufstellungen, mit dem Programm und dem Bildungsauftrag einer VHS vereinbar sind. Und genau über diese Frage, wollen eben die Gemeinden künftig ein Wörtchen mitreden, macht Reitsberger sehr klar, Geschäftsführer Will "muss einige Kompetenzen abgeben."

Die künftige Rechtsform ist noch völlig unklar

Wie die neuen Rechte der Gemeinden in die Struktur der VHS integriert werden könnten ist aber noch ebenso unklar, wie die künftige Rechtsform der Bildungseinrichtung. Derzeit ist die VHS ein Verein, der - neben Mitgliedsbeiträgen und Kursgebühren - von den Gemeinden durch Zuschüsse finanziert wird. Möglich wäre aber auch dem Beispiel der zweiten VHS im Landkreis - jener in Grafing - zu folgen und einen Zweckverband zu gründen. Als dritte Möglichkeit könnte man die VHS in eine gemeinnützige GmbH umwandeln. Entschieden sei hier noch nichts, so Reitsberger, über einen Punkt gibt es allerdings Einigkeit: "Das Finanzierungsmodell muss anders aussehen als jetzt."

Erschwert wird die ganze Sache dadurch, dass den Gemeinden gewissermaßen ihr Gegenüber in den Verhandlungen abhandengekommen ist: Im Februar erklärte die langjährige VHS-Vorsitzende Karin Kölln-Höllrigl ihren Rücktritt - offiziell aus gesundheitlichen Gründen - und übergab an ihren Stellvertreter Jens Tischer. Eine Tatsache, die man bei der Bildungseinrichtung bisher nicht einmal für nötig befand, im Impressum auf der Website zu vermelden. Dort ist Karin Kölln-Höllrigl nach wie vor Erste Vorsitzende.

Bei der VHS gibt man sich auffällig gelassen

Überhaupt ist man bei der VHS zumindest nach außen hin auffällig unaufgeregt. Zu der Versammlung am Mittwochabend möchte Tischer vorab am liebsten gar nichts sagen, lässt sich dann aber immerhin noch zu der Aussage hinreißen, es sei im Bereich des Möglichen, dass er sich für das Amt des Ersten Vorsitzenden zur Wahl stellt. Wie es aber mit der VHS und ihren Mitgliedsgemeinden weitergehen soll, dazu gibt es vom komissarischen Vorsitzenden keine Auskunft - möglicherweise bleibt dies auch am Mittwochabend so. Zur Frage der künftigen Finanzierung "haben wir nichts vorzustellen", sagt Tischer.

Tatsächlich arbeitet die Zeit eher für jene in der VHS, die sich eine Fortsetzung der alten Vereinbarung wünschen. Denn dafür eine neue zu finden, bleiben nur noch wenige Wochen. Bis zum Beginn des neuen Semesters im Herbst muss die Finanzierung klar sein, damit die VHS Planungssicherheit hat. Da es als unwahrscheinlich gilt, dass die Gemeinden ihre hochgelobte Bildungseinrichtung pleite gehen lassen, sind einige dort offenbar der Meinung die Sache lasse sich aussitzen. Im Jahr 2003 ist eine solche Strategie bereits gelungen, nach anfänglichen Drohungen der Gemeinden, das Zuschussmodell zu beenden wurde dieses mangels praktikabler Alternativen fortgesetzt. Ob dies erneut funktioniert, wird sich vielleicht schon am Mittwoch um 19 Uhr im VHS-Gebäude an der Baldhamer Straße zeigen.

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