Süddeutsche Zeitung

Verzögerung in Ebersberg:Auf der Suche nach dem verlorenen Plan

Wegen des erhöhten Abstimmungsbedarfs zwischen der Stadt Ebersberg und dem Landratsamt über baurechtliche Details nimmt die Erweiterung der Oberndorfer Grundschule einen Umweg

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Große Abenteuer beginnen oft mit einer verschwundenen und wiedergefundenen Karte - zumindest in Literatur und Film, man denke nur an die Schatzinsel. In der Realität indes führen verlorene Pläne selten zu verschollenen Schätzen, sondern eher zu mehr Arbeit. So zumindest geht es gerade dem Bauamt der Stadt Ebersberg, wo ein zeitweise verschwundener Bebauungsplan den seit Jahren geplanten Umbau der Oberndorfer Schule in die Warteschleife schickt.

Seit etwa drei Jahren ist klar, dass am Schulhaus in Oberdorf etwas gemacht werden muss. 2017 gab es Pläne für einen Ausbau der Mittagsbetreuung, diskutiert wurde ein Anbau oder ein Nebengebäude an der Schule. Anfang 2018 drehte sich die Tendenz im Stadtrat in Richtung Erweiterung, nachdem ein Gutachten Sanierungsbedarf bescheinigt hatte. Die "Original-Sixties-Toiletten", so Architekt Peter Voith damals im Technischen Ausschuss seien noch das kleinere Problem, ein größeres könnte die alte Heizung und die ebenfalls in die Jahre gekommene Hauselektrik sein. Rund eine Dreiviertelmillion Euro, so die Schätzung aus dem Jahr 2018, hätte diese Basissanierung gekostet.

Weshalb man sich im Stadtrat ein gutes Jahr später dazu entschloss, statt viel Geld für die Bewahrung des Status quo lieber sehr viel Geld für eine Verbesserung auszugeben. Denn die Schule ist nicht nur wegen der Mittagsbetreuung zu klein geworden, auch der Kindergarten des Einrichtungsverbunds Steinhöring könnte mehr Platz brauchen. Langfristig, so eine Prognose der Stadt, läge der Betreuungsbedarf für Oberndorf und Umgebung bei 75 Kindergartenplätzen, dreimal mehr als derzeit angeboten werden können. Ebenfalls entstehen könnte durch die Erweiterung eine heilpädagogische Tagesstätte. Außerdem soll die Turnhalle - die derzeit mit knapp 100 Quadratmetern eher ein Turnraum ist - neu gebaut werden. Der Nachfolger wäre dreimal so groß und auch neue Umkleiden und Toiletten sowie einen Geräteraum soll es dann geben. Gut acht Millionen Euro soll das Ganze kosten, etwa ein Drittel sind Fördergelder.

Ursprünglich hätte es im kommenden Frühjahr mit dem Bau losgehen sollen, trotz der unsicheren Finanzlage durch die Corona-Krise steht die Schule Oberndorf weit oben auf der Prioritätenliste. Die Fertigstellung ist für den September 2023 geplant - oder zumindest war sie es, denn damit, dass im kommenden Frühling wirklich die Bagger anrücken können, rechnet man im Bauamt mittlerweile nicht mehr.

Mit wie viel Verspätung die Generalsanierung und Erweiterung starten wird, kann Bauamtsleiter Christian Stöhr auch nicht genau sagen, er rechne aber mit "einigen Monaten Verzögerung". Denn, wie Stöhr kürzlich im Technischen Ausschuss des Stadtrates erläuterte, müsse zunächst eine Änderung des Bebauungsplanes vorgenommen werden. Was bei solchen Vorhaben wie der Schulsanierung im Grunde keine Besonderheit wäre - allerdings kam es diesmal etwas überraschend.

Denn als die Stadt die Planung für die Baumaßnahmen an der Schule auf den Weg brachte, sei man davon ausgegangen, dass diese im sogenannten unbeplanten Innenbereich steht, erläutert Stöhr auf Nachfrage. Das bedeutet, hier gibt es zwar keinen Bebauungsplan, aber bereits Gebäude, an denen sich Neubauten oder wie in diesem Fall Erweiterungen orientieren müssen. Dies sei bei der Schulsanierung der Fall gewesen, so war zumindest die Auffassung im Bauamt - bis man Mitte September mit dem Plan beim Landratsamt vorstellig wurde.

Das dortige Bauamt teilte der Stadt mit, man könne für die Schule keine Genehmigung erteilen, da der geplante Anbau im Außenbereich liege, also dort, wo kein Baurecht besteht. Darum solle die Stadt einen entsprechenden Bebauungsplan erstellen. Doch bevor sich die Mitarbeiter des Bauamtes an die Arbeit machen konnten, kam die Ansage aus dem Landratsamt, das betreffende Grundstück liege weder im unbeplanten Innen- noch im Außen- sondern im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes aus dem Jahr 1969, dessen Existenz der Genehmigungsbehörde zeitweise wohl unbekannt war.

Zusätzliche Arbeit hat man im Bauamt nun aber trotzdem, denn wie Stöhr erläutert, muss der alte Plan nun entsprechend den Plänen für die Sanierung und Erweiterung der Schule geändert werden. Den entsprechenden Beschluss hat der Technische Ausschuss bereits gefasst, nun folgt das übliche Procedere mit Auslegungen und der Behandlung von Stellungnahmen. Dann kann es aber endlich losgehen und zum Glück sind die Pläne für das eigentliche Projekt bereits fertig und ihr Aufenthaltsort ist den Beteiligten bekannt.

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Quelle:
SZ vom 21.10.2020
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