Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz:Getrennte Verbindung

Aus Liebe zu seiner Tochter überschreitet ein Vater die Grenzen des Erlaubten - und wird dafür vom Amtsgericht verurteilt

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Liebe gilt ja gemeinhin als das höchste aller Gefühle. Wenn sie aber zerbricht, kann das einen Menschen in ein tiefes Loch stürzen. Ein eben solches Drama war jüngst Gegenstand einer Verhandlung am Ebersberger Amtsgericht. Angeklagt ist ein Mann aus dem mittleren Landkreis, der trotz Kontaktverbots immer wieder bei seiner Ex-Frau angerufen haben soll. Im Gerichtssaal präsentiert er sich als ein verzweifelter Vater, der mit allen Mitteln um seine Tochter kämpft.

Der 42-Jährige verteidigt sich vor Gericht selbst - und nimmt die Sache offenbar sehr ernst. Schon vor Beginn der Verhandlung studiert er ein letztes Mal seinen prall gefüllten Aktenordner, auf der Anklagebank breitet er schließlich unzählige Dokumente vor sich aus. Hier ist jemand fest entschlossen, seine Unschuld zu beweisen. Leicht sollte dieses Unterfangen jedoch nicht werden, angesichts der Vorwürfe, mit denen sich der Angeklagte konfrontiert sieht.

Wie aus der Anklageschrift hervorgeht, soll der Sozialpädagoge gegen das sogenannte Gewaltschutzgesetz verstoßen haben. Dieses untersagt jegliche Form der Kontaktaufnahme zu bestimmten Personen - in diesem Fall zu seiner Ex-Frau. Dennoch soll der Mann im Zeitraum zwischen Ende Januar und Mitte Februar diesen Jahres etwa 50 Mal angerufen haben und einmal auch persönlich vorstellig geworden sein - Vorwürfe, die der Angeklagte zumindest in diesem Umfang abstreitet.

Bevor er jedoch auf die Anklagepunkte eingeht, setzt er zu einem ausschweifenden Monolog über die Vorgeschichte und den andauernden Sorgerechtsstreit mit seiner inzwischen geschiedenen Frau an. Dieser habe sich immer mehr zugespitzt, vor allem von jenem Tag an, als seine Frau behauptet habe, er habe sie geschlagen. Dabei, so der Angeklagte, habe er damals nur ihren Arm zur Seite gedrückt, weil er nicht wollte, dass sie ihn filmt.

Bei den Anrufen, sagt er, sei es lediglich darum gegangen, den Kontakt zur gemeinsamen Tochter aufrecht zu erhalten. "Das war alles im Einvernehmen. Ich durfte jederzeit anrufen." Als Beweis legt der Angeklagte Chatprotokolle mit seiner Ex-Frau vor, die diese Behauptung zunächst stützen. Tatsächlich aber geht es dort um Anrufe, die vor dem Tatzeitraum stattgefunden haben.

Die Telefonate hätten die damals vierjährige Tochter zunehmend belastet, erklärt die Ex-Frau des Angeklagten schließlich im Zeugenstand. Ihr geschiedener Mann habe sich bei dem Mädchen "ausgeheult, wie schlecht es ihm geht". Das habe die Tochter total fertig gemacht. Sie habe ihrem Ex-Mann deshalb schriftlich mitgeteilt, dass die Gespräche künftig so nicht mehr stattfinden können, so die 40-Jährige. Damit wollte sich der Angeklagte aber offenkundig nicht abfinden. "Wir hatten Anrufe bis ins Unermessliche", sagt die Frau, früher seien es sogar bis zu 40 pro Tag gewesen. Schließlich habe sie sich dazu entschlossen, das Ganze anzuzeigen. "Ich möchte mein Zuhause und meine Kinder schützen."

Um die Sache zu einem Ende zu bringen, sollen die Verbindungslisten der Telefonanbieter Licht ins Dunkel bringen. Tatsächlich reduziert sich nach Abgleich die Anzahl der Anrufe auf etwa 30 Stück im Tatzeitraum. Für die Staatsanwaltschaft steht deshalb fest, dass der Mann - unabhängig von allen Vorgeschichten und seinem Motiv - gegen das Gewaltschutzgesetz verstoßen hat. Dass er auch einmal persönlich am Haus seiner Ex-Frau war, hatte er bereits zugegeben.

Bei seinen letzten Worten vor Urteilsverkündung wird die Stimme des zuvor so redseligen Angeklagten immer brüchiger. Tränen fließen über seine Wangen. Er sei wirklich kein aggressiver Typ und schon gar kein Stalker. Die ganze Sache habe ihn schwer mitgenommen. "Vielleicht war ich dumm und naiv. Aber mir ist nur wichtig, dass es meinen Kindern gut geht", sagt er. Vor einer Strafe aber bewahrten ihn diese emotionalen Ausführungen nicht. Für Richterin Vera Hörauf zählen nur die Fakten - und die sind nach dem mehr als zwei Stunden dauernden Prozess nicht von der Hand zu weisen. Sie verordnete deshalb eine Gesamtstrafe von 2250 Euro. "Es will niemand bestreiten, dass sie ein guter Vater sind", so die Richterin. Man sollte aber für die Zukunft schauen, eine sinnvolle Regelung für die gemeinsame Tochter zu finden.

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