Vernissage am Samstag:Kunst wider die Stille

Der Bildhauer Robert Weber ist hauptsächlich im sakralen Bereich tätig. Am Wochenende lädt er nach langer Zeit einmal wieder zu einer Ausstellung in sein Grafinger Atelier

Von Anja Blum

In den vergangenen Jahren ist es - zumindest von außen besehen - ziemlich ruhig geworden um Robert Weber. Fast so, als hätte das Arbeitsumfeld des Bildhauers abgefärbt auf sein Sein: Er ist vor allem im sakralen Raum tätig, gestaltet Orte der Kontemplation, des Gebets, der Beichte. Doch mit Stille und Einsamkeit soll nun Schluss sein, Weber möchte, dass außer seiner eigenen, arbeitsamen Kreativität wieder das pralle Leben Einzug hält in sein Grafinger Refugium. Am Samstag, 30. Juni, lädt er deshalb mal wieder zu einer Vernissage ein. Zu sehen gibt es Malerei, Skulpturen und Autorenschmuck - eine Kooperation des Bildhauers Robert Weber, der Salzburger Künstlerin Claudia Gribitz und der Münchner Galerie Biró. "Ich freu' mich total, wir sind ein super Team", sagt Weber und strahlt übers ganze Gesicht.

Dass jüngst wenig Wahrnehmbares aus Webers Werkstatt nach außen drang, heißt mitnichten, dass der Grafinger dem Müßiggang gefrönt hätte. Ganz im Gegenteil, das beweist ein Blick in seine ausladenden Räume in einem Hinterhof an der Griesstraße: Jeder Quadratzentimeter hier erzählt von künstlerischen Prozessen. Überall stehen Modelle und Muster, hängen Skizzen, lagert Material. Holz in allen Variationen, Metall ebenso, Kochtöpfe mit Farbresten, allerhand Werkzeug und richtig schwere Maschinen. Selbst an der Decke hängt etwas, so sehr ist Weber darauf bedacht, seinen Platz, Werkstätte, Atelier, Büro und Lager, zur Gänze auszunutzen.

Bei Weber herrscht also kreatives Chaos - und das wundert nicht, denn die Liste seiner jüngsten Projekte ist lang. Allein in den vergangenen neun Monaten war der fast 60-Jährige mit zehn verschiedenen sakralen Bauprojekten beschäftigt, bundesweit. So manchen Wettbewerb hat er erst dafür gewinnen müssen, doch so langsam, nach Jahrzehnten in diesem durchaus komplizierten Geschäft, nähmen auch die Direktaufträge zu, sagt er. Das ist insofern wichtig, als dass diese Sicherheit bieten; bei Ausschreibungen hingegen ist nie klar, ob sich der ganze Aufwand - das Nachdenken, Experimentieren, Entwerfen und der Modellbau - am Ende überhaupt lohnt.

Vernissage am Samstag: Immer wieder testet Robert Weber, welche Farben und welcher Auftrag auf Glas für seine Kunst am Bau die beste Wirkung erzielen.

Immer wieder testet Robert Weber, welche Farben und welcher Auftrag auf Glas für seine Kunst am Bau die beste Wirkung erzielen.

(Foto: Christian Endt)

Für den Campus des Rhönklinikums in Bad Neustadt an der Saale etwa hat Weber ein Kapelle entworfen: einen Raum im Raum, einen elliptischen Kokon aus gebogenem Holz und eingefärbten, transluzenten Plexiglasfeldern - wie alle seine Gestaltungen von großem ästhetischem Ernst, zeitlos-schlicht und trotzdem atemberaubend in der Wirkung. "Ich spiele einfach gerne mit Glas, Farbe und Licht", sagt Weber. Doch nicht seine Kunst steht dabei für ihn im Vordergrund, sondern stets der Raum an sich: Er soll wirken - und trotzdem seine Funktionen erfüllen. Das immer wieder aufs Neue zu erreichen, ist Webers Mission. Das kann man auch an seinem Modell für ein neues Pfarrheim am Schloßberg in Rosenheim sehen, dafür hat Weber eine imposante orange-rot gefärbte Glasfassade entworfen, insgesamt 90 Quadratmeter groß. Im Inneren befindet sich ein Treppenhaus, das der Künstler im Geiste wohl schon tausendmal hinauf- und hinunter gestiegen ist - um die Wirkung seiner Außenhaut auf den Raum zu prüfen. Schließlich soll dieser durch die Installation "sichtbar werden".

Zugute kommt dem Grafinger, dass er nicht nur akademischer Bildhauer ist, sondern auch Handwerker, genauer: Kunstschreiner und Restaurator. "Ich arbeite gerne mit Holz", sagt er, "ich muss kratzen, brauche Widerstand". Außerdem versteht Weber mittlerweile auch so einiges von Architektur - entwickelt er seine Kunst doch meist nicht im luftleeren Raum, sondern eben am Bau, sodass Fragen der Proportionen, des Materials oder der Statik stets mitgedacht werden müssen.

Neben seinem Faible für getöntes Glas - die Pigmente werden nach dem Malen eingebrannt - lautet die neueste Kombination Webers: Ölfarbe auf Aluschlagmetall. "Das ist eine ganz spannende, veredelte Oberfläche", schwärmt er. Eingesetzt hat er das Verfahren in Berlin, in der Pfarrei Mater Dolorosa: Für deren Altarraum hat der Bildhauer ein meterhohes Kreuz aus bemalten Alutafeln geschaffen, das ein Farbverlauf in Lilatönen ziert. Eine Arbeit, die Blicke auf sich zieht und der Kirche ein höchst zeitgemäßes Antlitz verleiht - und sich doch der christlichen Ikonografie bedient. "Ich wollte die sieben Schmerzen der Gottesmutter zeigen, aber ohne figürliche Darstellung", sagt Weber. Überhaupt muss der Grafinger immer wieder den Spagat zwischen Gestern und Heute bewältigen: Oft wird er gerufen, wenn ein in die Jahre gekommenes Gotteshaus gestalterisch in eine neue Ära überführt werden soll. Wenn es wie etwa in der Regensburger Spitalkirche gilt, sich einerseits wieder auf die Gotik zu besinnen und zugleich ein neues, ansprechendes Konzept zu entwickeln.

Vernissage am Samstag: Besonders stolz ist er, einen Ambo für die Grafinger Pfarrkirche entworfen zu haben. Das Foto zeigt Weber mit einem Modell.

Besonders stolz ist er, einen Ambo für die Grafinger Pfarrkirche entworfen zu haben. Das Foto zeigt Weber mit einem Modell.

(Foto: Christian Endt)

Dass er Tradition und Moderne auf phänomenale Weise zusammendenken kann, hat Weber auch mit einer freien Arbeit für eine Wanderausstellung zum Luther-Jahr bewiesen: Das mannshohe Bild zeigt einen goldenen, vertikalen Strahlenkranz - doch in dessen Mitte befindet sich keine Madonna, sondern eine schwarze, leicht strukturierte Fläche, die scheinbar alles Leuchten verschluckt. Der Titel der Arbeit lautet "Luther alleine reicht nicht", sie konfrontiert den protestantischen Puritanismus, das Luther-Schwarz, mit katholischem Prunk. "Jeder möchte doch mal strahlen, mal im Mittelpunkt stehen", so Webers Interpretation. Im Zuge der Ausstellung habe es um diese Arbeit jedoch viel Aufregung gegeben, erzählt er und grinst schelmisch.

Neben der Schau im Atelier Weber, die am Wochenende eröffnet wird, dürfen sich die Grafinger auf dauerhafte Gesellschaft Weberscher Werke freuen: Im Zuge der Sanierung der Pfarrkirche bekam der Bildhauer den Auftrag, einen Ambo und passende Sedilien, also Sitze für den Altarraum, zu schaffen. Das ist geschehen, bald wird die neue liturgische Ausstattung in Sankt Ägidius zu bewundern sein. "Ein Heimspiel ist ja auch mal sehr schön", sagt Weber und lächelt.

Ausstellung im Atelier Weber, Griesstraße 18 in Grafing, von Robert Weber, Claudia Gribitz aus Salzburg und der Galerie Biró aus München. Vernissage am Samstag, 30. Juni, ab 16 Uhr, zu sehen bis 21. Juli, freitags, samstags und sonntags jeweils von 14 bis 19 Uhr sowie nach Vereinbarung.

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