Vernissage am Donnerstag:Krieger und Schmetterling

In der Galerie im Tiermuseum treten Aquarellmalerei und Bildhauerei nun in einen spannenden Dialog: Günther Spath aus Röthenbach bei Nürnberg und Hermann Schuster aus Forstinning zeigen dort ihre Werke

Von Rita Baedeker

Dialog bedeutet Rede und Gegenrede. Und wenn es gut läuft, nähern sich die Kontrahenten einander an, entdecken sogar Gemeinsamkeiten. In diesem Sinne ist auch der Titel der Ausstellung "Kunstwerke im Dialog" zu verstehen, die am Donnerstag, 16. Mai, in der Galerie des Tiermuseums in Forstinning eröffnet wird. Galeristin Renate Block ist es seit Eröffnung ein Anliegen, Gegensätzliches zusammenzubringen, den Dialog zu fördern und zur Belebung von Kunst und Kultur in Forstinning beizutragen.

Welcher Gegensatz könnte größer sein als der zwischen Aquarellmalerei, die dem Augenblick huldigt, und Bildhauerei? Zwischen dem Flügel einer Libelle und der massiven Präsenz einer Bronzeskulptur; zwischen Zartem und Hartem? Was diese Genres der Bildenden Kunst miteinander verbindet, ist der reduktive Umgang mit dem Raum: Der Aquarellist lässt Flächen frei, verzichtet auf exakte Deutungen und Details zugunsten der charakteristischen Elemente von Landschaft und Architektur. Auch der Bildhauer arbeitet mit dem leeren Raum. Indem er Stein, Ton oder Metall abschlägt oder wegschneidet, befreit er seine Form aus dem Material. Zwei Künstler, der Maler und Zeichner Günther Spath aus Röthenbach bei Nürnberg, und der Bildhauer Hermann W. Schuster aus Forstinning, Mitglied und Beirat des Kunstvereins Ebersberg, zeigen nun in der Galerie des Tiermuseums eine Auswahl ihres Werks.

Galerie Tiermuseum Schuster & Spath

Ein Stau in Pisa gemalt von Günther Spath.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wer mit der Abteilung "zart" beginnt, hat drei Motivgruppen zur Auswahl: Städteansichten, Landschaften und Zeichnungen. Günther Spath, 72, war im Brotberuf Informatiker, der Impuls zu malen sei jedoch schon in der Kindheit entstanden, erzählt er beim Hängen der Bilder. In Kursen bei bekannten Malern erarbeitete er sich die Fertigkeiten des Genres. Er ist Mitglied im Kunstverein Erlangen, in der Deutschen Aquarellgesellschaft und tätig als Dozent für Malerei. Spath malt "en plein air", also im Freien, mitten in der Stadt oder in der Natur. Manche Motive entwickelt er auch nach fotografischen Vorlagen oder der Fantasie. Auf Vorzeichnungen verzichtet er. Zuerst legt er Flächen und Farben fest, erst zum Schluss kommen Linien ins Spiel.

Günther Spath zeigt lichtsatte Impressionen von Bäumen, Bächen und Felsen, Städtebilder von Quedlinburg, Nürnberg, Pisa und Siena. Im Bild der alten toskanischen Stadt zum Beispiel beeindrucken sein Umgang mit Perspektive und Farben und sein Blick für die kleinen Besonderheiten, etwa wenn er einen Fiat Cinquecento in einer engen, steil ansteigenden Straße eng an die Hausmauer klebt, eine dort unumgängliche Methode des Parkens. Tierporträts erfahren bei ihm ähnliche Sorgfalt. Sein Maultiergespann, von dem man nur die Köpfe und ein wenig Hals sieht, hat er "Vater und Sohn" genannt, weil der Kopf des einen Tiers deutlich dicker ist als der des anderen. Entdeckt hat er die beiden Grauen auf der kroatischen Insel Hvar, wo es, wie er erzählt, einen Tunnel gab, der so eng war, dass kein Lastauto hindurch passte, weshalb man für den Warentransport immer die Maultiere anspannen musste.

Galerie Tiermuseum Schuster & Spath

Hermann Schuster (links) und Günter Spath haben in der Forstinninger Galerie im Tiermuseum eine sehenswerte Ausstellung konzipiert.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auch drei Grafitzeichnungen zeigt Spath, zwei Mondaufgänge in der Normandie und die wie ein Setzkasten komponierte Zeichnung "Insekten". In jedem der Kästchen sind fliegende krabbelnde Lebewesen verewigt - Motten, Libellen, Schaben, Schmetterlinge. Die fragilen, aus fast Nichts bestehenden Körperchen sind mit feinen Strichen angedeutet, sind schon Vergangenheit, eine "nature morte" aus der entomologischen Sammlung. "Mich hat das Spinnenhafte inspiriert, die dünnen Beine, die zarten Flügel", sagt Spath. In Zeiten des Artensterbens wirkt die wunderschöne Arbeit wie Mahnung und Andachtsbild zugleich.

Zum Gedenken an einen Toten hat Hermann Schuster, 69, die Figur der "Trauernden" geschaffen. Die im Original aus Bronze gegossene Figur, die auf einem Grab in Innsbruck steht, war, so Schuster, eine Auftragsarbeit für eine junge Äthiopierin, deren Ehemann mit dem Motorrad tödlich verunglückt ist. Die Trauernde kauert auf einem Knie, das andere Bein ist aufgestellt, eine Hand hält sie an den gesenkten Kopf. Ihre Haltung versinnbildlicht die Schwermut und Düsternis, die auf ihr lasten. In Forstinning ist eine Kopie aus Ton zu bewundern.

Galerie Tiermuseum Schuster & Spath

Ein abstrahierter Radames, Held der Verdi-Oper "Aida".

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dass Schuster, bis zum Ruhestand Maschinenbauingenieur, etwas übrig hat für den Bildhauer Henry Moore, in dessen Werk sich Materie und leerer Raum vielfältig durchdringen, wird bei der stark abstrahierten Figur des Radames sichtbar: Kampfeslustig, mit geschwellter Brust, die Arme in die Hüften gestemmt, so steht er da, der Held aus der Oper "Aida". Doch führt da auch eine scharfe erhabene Kante vom Kopf diagonal über den Körper nach unten, so als zerreiße den Mann etwas, eine innere Spannung, ein Schmerz. "Die Aida dazu ist im Entstehen", sagt Schuster.

Noch unfertig erscheint die "zum Weib werdende Stele", ein Klotz mit ein paar weiblichen Attributen, die wie nebenbei auch die Arbeitsweise des Bildhauers und Schöpfers symbolisiert, der seine Eva erst erschafft, vielmehr erschaffen könnte, in diesem Fall aber das Werk beendet hat. Die Form bleibt im Material gefangen. Man kann es auch andersherum interpretieren, sagt Schuster. "Vielleicht war sie fertig und ist zur Salzsäule erstarrt! Das soll der Fantasie überlassen bleiben."

Und dann gibt es noch einen klassischen Torso, der mit sich selber im Dialog ist: der "Hermaphrodit", auf der einen Seite weiblich, auf der anderen männlich. Diese Skulptur habe er an ein Ehepaar verkauft, berichtet Schuster lachend. "Die können ihn dann drehen, je nachdem, wie ihnen gerade zumute ist."

Die Ausstellung "Kunstwerke im Dialog" in der Galerie des Tiermuseums Forstinning, Münchener Straße 26, wird am Donnerstag, 16. Mai, um 19 Uhr eröffnet. Sie dauert bis 20. Juli und ist freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Weitere Informationen unter www.galerieimtiermuseum.de.

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