Neue Prognose:Verkehr von Ebersberg bis München wird stärker zunehmen als erwartet

A94 Berufsverkehr bei Anzing

Viel los ist oft auf der Autobahn 94, wie hier bei Anzing. Im kommenden Jahrzehnt könnte der Verkehr dort, wie im gesamten Münchner Osten, laut Experten noch einmal deutlich zunehmen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Arbeitsgruppe zur Verkehrsplanung im Raum München Ost hat ihren Bericht vorgelegt. Dieser macht wenig Hoffnung auf Verbesserung - ganz im Gegenteil.

Von Wieland Bögel, Ebersberg/München

Seit dieser Woche haben es die Pendler in der Landeshauptstadt amtlich: In Berlin ist der Stau noch schlimmer - aber eben nur dort. Trotzdem haben München und sein Großraum gute Chancen, bald auf Platz eins der Staumetropolen aufzusteigen, denn im Osten gibt es dafür viel Potenzial. Laut einem nun vorgelegten Bericht, den zwei Verkehrs- und Stadtplanungsbüros im Auftrag einiger Kommunen erstellt hat, wird rund um die Landkreisgrenze zwischen Ebersberg und München der Verkehr im kommenden Jahrzehnt deutlich stärker zunehmen als bisher erwartet.

Dass das Verkehrsaufkommen dort in einem nicht geringem Maße wachsen wird, zeigt bereits das seit einigen Jahren verfügbare Landesverkehrsmodell Bayern. Allerdings gehen die Planungsbüros Verkehrsplanung Schlothauer & Wauer sowie Dragomir Stadtplanung über die Prognosen im Verkehrsmodell hinaus - und das teilweise deutlich. So ging man bisher etwa für Vaterstetten davon aus, dass sich die Zahl der täglichen Autofahrten in der Gemeinde bis 2030 um etwa 10 200 erhöhen werde. Die neuen Prognosen im Bericht der Planuner sehen dagegen einen fast doppelt so hohen Wert voraus: 19 900 zusätzliche Autofahrten pro Tag seien zu erwarten.

Ähnlich ist dies auch in den Nachbargemeinden: Für Poing sollen es bis Ende der 2020er Jahre 8600 zusätzliche Autos pro Tag sein, gut 2000 mehr als bisher erwartet, in Anzing verdoppelt sich die Prognose auf 5300, in Finsing verdreifacht sie sich sogar auf 7000 zusätzliche Fahrten pro Tag. Besonders extrem fallen die Zuwächse westlich der A99 aus: so werden 2030 etwa in Aschheim täglich 22 500 Autos mehr unterwegs sein als bisher, laut Landesverkehrsmodell waren es lediglich 6200. Für den Stadtteil Bogenhausen sind sogar bis zu 80 000 zusätzliche tägliche Autofahrten prognostiziert, gut dreimal so viele wie bislang.

162 000 Autos täglich zwischen Aschheim und Haar, 30 000 mehr als heute

Mancherorts erwarten die Planer in ihrem aktuellen Gutachten allerdings auch moderatere Steigerungen als das Landesverkehrsmodell. So sei im Bereich Trudering-Riem statt mit 26 000 zusätzlichen Fahrten nur mit etwa 11 000 zu rechnen, in Markt Schwaben statt mit 4700 nur mit 1900 und in Pliening werden 2030 täglich wohl nur 1600 statt 2600 zusätzliche Autos fahren. Insgesamt allerdings werden in den untersuchten Kommunen und Stadtvierteln bis Ende kommenden Jahrzehnts täglich 177 000 zusätzliche Fahrzeuge unterwegs sein - 72 000 mehr, als nach dem alten Prognosemodell zu erwarten sind.

Auch wo diese Autos künftig unterwegs sein werden, haben die Experten untersucht: Es sind - wenig überraschend - die schon heute nicht gerade leeren Straßenabschnitte. So werden 2030 auf der A 99 zwischen den Anschlussstellen Aschheim und Haar etwa 162 000 Autos täglich unterwegs sein, gut 30 000 mehr als heute. Immerhin gut 25 500 mehr und dann 88 500 sollen es auf der A 94 östlich des Autobahnkreuzes sein. Auch die B304 wird noch voller, im Bereich Haar könnten bis Ende des kommenden Jahrzehnts täglich etwa 36 000 Autos fahren sein, knapp 5000 mehr als derzeit. In Trudering sind sogar 39 000 Autos pro Tag zu erwarten, mehr als doppelt so viele wie aktuell.

Wie sich das verhindern, oder zumindest abschwächen lässt, dazu gibt es in dem Bericht wenig Konkretes. Zwar werden einige Verkehrsmaßnahmen aufgeführt, diese sind aber im wesentlichen bereits seit längerem geplante Projekte, wie etwa die Umfahrung für Parsdorf und Weißenfeld in Vaterstetten oder der Ausbau der Autobahnen 99 und 94.

Daneben finden sich zahlreiche Maßnahmen, die zwar bereits seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten in der Diskussion, aber von einer Planung sehr weit entfernt sind. So etwa verschiedene Varianten eines Ausbaus der Flughafentangente, bis hin zu einem Bypass über Finsing zur A 99, allerdings gibt es für keine davon eine irgendwie geartete Planung. Manche Ideen werden auch von den betroffenen Gemeinden schlichtweg abgelehnt. In Vaterstetten ist der Gemeinderat mehrheitlich gegen eine Verlängerung der FTO nach Süden, Haar stemmt sich gegen eine direkte Verbindungsstraße zwischen der B471 und dem Gronsdorfer Bahnhof.

Ähnlich wolkig sind auch die Aussichten für künftige Projekte beim öffentlichen Nahverkehr. Der viergleisige Ausbau der S-Bahn über Poing nach Markt Schwaben steht immerhin bereits auf der Agenda - wenn auch seit Jahrzehnten ohne konkrete Aussicht auf Umsetzung - gilt aber zumindest als machbar. Ob das auch für eine neue S-Bahn von Haar über Aschheim, Kirchheim bis Pliening oder eine Eisenbahn zwischen Feldkirchen und der Flughafen-S-Bahn auf der alten B471 gilt, muss sich noch zeigen.

Sicher scheint aber, dass keines der Vorhaben innerhalb der nächsten beiden Jahrzehnte umzusetzen ist - also jenes Zeitraums, in dem der Verkehr in der Region München Ost auf rekordverdächtige Mengen wachsen wird.

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