Verkehr in Vaterstetten:Dann halt nicht

Querungshilfe geplant Karl-Böhm-Strasse

An der Kreuzung zwischen der Karl-Böhm- sowie der Alten und Neuen Poststraße südlich des Baldhamer Bahnhofs gibt es keinen Fußgängerüberweg - und es wird auch künftig keinen geben, sämtliche Lösungsvorschläge sind im Ausschuss durchgefallen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Karl-Böhm-Straße südlich der Bahn soll sicherer werden, beschlossen die Vaterstettener Gemeinderäte im Oktober. Nun wurde vorgestellt, wie das möglich wäre - aber keine Lösung findet eine Mehrheit

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Alles bleibt wie es ist. Mit diesem Ergebnis endet nun ein vor fünf Monaten gestarteter Vorstoß für mehr Sicherheit auf der Karl-Böhm-Straße. Angestoßen hatte dies im Oktober die FDP mit ihrem Antrag, an der Kreuzung zur Alten und Neuen Poststraße solle es einen Zebrastreifen und ein Tempolimit geben. Schon damals hieß es im Bau- und Straßenausschuss, weder das eine noch das andere sei mit der Straßenverkehrsordnung vereinbar. Darum wurde beschlossen, die Verwaltung solle eine Verkehrsuntersuchung veranlassen und nach Möglichkeiten suchen, die Situation für Fußgänger und Radler zu verbessern. Doch die nun vorgestellten Lösungen fanden keine Mehrheit.

Zunächst hatte Jens Berlin vom Verkehrsplanungsbüro Gevas die Ergebnisse vorgestellt. Gezählt und gemessen wurde vom 19. bis 23. November. Demnach sind an der Kreuzung pro Tag 9250 Kraftfahrzeuge unterwegs, zu Spitzenzeiten sind es 850 Autos pro Stunde. Der Tageswert liege damit um gut vier Prozent unter den Werten des Jahres 2015, als zuletzt gemessen wurde, dafür liegt der Spitzenwert um fünf Prozent über dem von vor fünf Jahren. Die Corona-Pandemie habe sich nach Ansicht des Verkehrsexperten nicht ausgewirkt, die Ergebnisse seien also auch für die Zeit nach Corona repräsentativ.

Auch zur gefahrenen Geschwindigkeit gibt es neue Erkenntnisse. Demnach sind die meisten Autos deutlich langsamer unterwegs, als die erlaubten 50 Kilometer pro Stunde. Richtung Süden beträgt das Durchschnittstempo 39, nach Norden 38 Kilometer pro Stunden. Außerdem sind 85 Prozent aller Autofahrer mit nicht mehr als Tempo 47 unterwegs. Was ja nicht bedeute, dass an der Stelle nicht trotzdem Raser unterwegs seien, merkte SPD-Gemeinderat Sepp Mittermeier an und fragte nach den gemessenen Spitzengeschwindigkeiten. Diese habe man nicht erfasst, so Berlin, aber das sei auch irrelevant, erklärte Manfred Weber von der Abteilung Verkehrsrecht im Rathaus. Denn für Maßnahmen relevant seien nur die Mittelwerte, "wenn einer 80 fährt, ändert das nichts".

Ebenfalls unauffällig sei die Kreuzung, was die Unfallhäufigkeit betrifft, zumindest nach den Zahlen der Polizei. In einem Punkt allerdings sehen die Verkehrsplaner Verbesserungsbedarf: Die Übersichtlichkeit der Kreuzung lasse zu wünschen übrig, wer von den beiden Poststraßen die Böhm-Straße queren oder dort einbiegen will, müsse sich in die Kreuzung "hineintasten".

Grundsätzlich gebe es mehrere Möglichkeiten, eine solche Kreuzung sicherer zu machen, so Berlin, nicht alle seien aber an der Stelle zulässig oder sinnvoll. Auf keinen Fall möglich ist ein "Überweg" - das ist keine Fußgängerbrücke sondern der von der FDP beantragte Zebrastreifen. Ein solcher sei wegen der Nähe zur Fußgängerampel an der Brunnenstraße nicht möglich. Zwar möglich aber nicht sinnvoll sei eine Pflasterung der Kreuzung, diese werde die Probleme nicht lösen. Etwas besser schneidet in der Bewertung des Experten die Ampel ab, obwohl dafür eigentlich zu wenig Verkehr an der Stelle sei. Weber gab außerdem zu bedenken, dass eine Ampel mit Querung im Norden der Kreuzung eine Verlegung des Radweges auf die Fahrbahn nötig mache. Außerdem müsse die neue Ampel mit der bestehenden in der Brunnenstraße synchronisiert werden - was bei der alten Anlage aber de facto auf eine komplette Erneuerung hinauslaufe. Pro Anlage seien etwa 180 000 Euro zu erwarten, außerdem koste eine solche Lichtzeichenanlage etwa 2700 Euro Unterhalt im Jahr.

Ein besonderes Schnäppchen wäre aber auch die Lösung nicht, welche die Experten favorisieren: Eine Verkehrsinsel auf dem Abschnitt südlich der Kreuzung. Diese werde laut Schätzung der Verwaltung rund 131 000 Euro kosten, plus 14 000 Euro für die Planung, noch nicht einberechnet sind dabei die Kosten für den Grunderwerb. Er sei "schon etwas erschrocken, was so etwas kostet", meinte Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU), auch angesichts der diese Woche noch anstehenden Haushaltsberatungen.

Auch aus dem Gremium kam Kritik. Man habe den Antrag gestellt, um "schnell eine günstige Lösung zu finden", sagte Renate Will (FDP). Sie frage sich schon, ob man jetzt "in den sauren Apfel beißen und für teures Geld diese Querungshilfe bauen" sollte. Ein ganz klares Nein dafür kam von Zweiter Bürgermeisterin Maria Wirnitzer (SPD), die Verkehrsinsel löse das Problem der Kreuzung nicht: So bleibe diese unübersichtlich, außerdem würde die Insel wahrscheinlich gar nicht benutzt. Denn da die Insel nur auf der Nordseite vor der Kreuzung geplant sei, müssten Fußgänger unter Umständen drei Mal eine Straße überqueren: erst die Alte Poststraße, dann die Böhmstraße bei der Insel und dann die Neue Poststraße.

Stefan Huber (CSU) lehnte die Verkehrsinsel ebenfalls ab, die Sache war für ihn aber immerhin mit einem Erkenntnisgewinn verbunden: "Wenn man sich die Regeln in der Straßenverkehrsordnung anschaut, versteht man, warum wir so schlecht beim Impfen sind." Er stellte die Frage, ob es nicht irgendeine Ausnahme von dem Zebrastreifenverbot gebe, "das gibt es doch sonst auch für alles". Laut Weber könnte die Gemeinde - und hier letztlich der Bürgermeister - durchaus einen Zebrastreifen anordnen. Dann würden sich Polizei und Verkehrsbehörde ans Landratsamt wenden und Landrat Robert Niedergesäß (CSU) müsste dann final entscheiden, ob man den Überweg erlaubt - wäre wohl aber auch in der Haftung, würde an der Stelle später ein Unfall passieren.

Mittermeier und David Göhler (Grüne) sprachen sich dafür aus, statt der Insel wenigstens die Ampel zu bauen. Dies wurde mit einer Stimme Mehrheit aber abgelehnt: CSU, Freie Wähler und der Bürgermeister votierten dagegen. Genau Null Stimmen bekam anschließend der Vorschlag mit der Verkehrsinsel.

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