Verkehr im Münchner Umland:Streit zwischen Pliening und Poing: Kollaps bleibt aus

Baugebiet Poing Lerchenwinkel

Am Poinger Neubaugebiet "Lerchenwinkel" wird bereits eifrig gewerkelt. Bis zu 4000 Menschen sollen dort später wohnen können.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wegen der neuen Baugebiete in Poing hatte die Gemeinde Pliening ein Verkehrschaos in der Region befürchtet. Ein Gutachten zeigt, dass die Sorgen unbegründet waren.

Von Andreas Junkmann, Pliening/Poing

Schlaflose Nächte dürften dem ein oder anderen Plieninger bereits jetzt die Kürzel W7 und W8 beschert haben - und zwar vor allem deshalb, weil die Bewohner der Gemeinde im Landkreisnorden die Angst vor schlaflosen Nächten in der Zukunft umgetrieben hat. W7 und W8 nämlich sind die Bezeichnungen der beiden Baugebiete der Nachbargemeinde Poing, in die künftig bis zu 4000 zusätzliche Einwohner ziehen könnten. Eine entsprechende Verkehrsbelastung für das Umland hatte man deshalb in Pliening befürchtet. Seit Donnerstagabend aber steht fest, dass es wohl doch nicht ganz so schlimm kommt, wie zunächst angenommen. Einem Gutachten zufolge ist jedenfalls kein Verkehrskollaps zu erwarten.

Diese auf den ersten Blick für alle Seiten erfreuliche Botschaft hatte Benedikt Bracher im Gepäck, als er die Verkehrsanalyse seines Ingenieurbüros in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates vorstellte. Hintergrund dieser Auswertung ist ein Normenkontrollverfahren, das Pliening gegen Poing angestrengt hatte. Die Behauptung stand im Raum, der große Nachbar im Süden habe beim Ausweisen der Baugebiete - wo unter anderem auch das fünfte Gymnasium im Landkreis entstehen soll - ohne überzeugendes Verkehrskonzept geplant. Ein Vorwurf, der seit Donnerstag so nicht mehr zu halten ist. Klar, die Zahl der Fahrzeuge werde in den kommenden Jahren zunehmen, sagte Bracher. Aber: "Wir erwarten keine verkehrlichen Probleme durch das Bauvorhaben."

Dieses Fazit stützt der Gutachter auf eine breite Datenbasis, die sein Büro in den vergangenen Jahren gesammelt hat. Dazu wurde eine Prognose erstellt, wie sich der Verkehr entwickelt, wenn die Wohngebiete W7, besser bekannt als "Lerchenwinkel", und W8 im Norden von Poing voll besiedelt sind. Die Ingenieure gingen entsprechend der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung von 7390 zusätzlichen Fahrten pro Tag aus, die sie in ein Verkehrsmodell einfließen ließen. Zusätzlich fanden Verkehrszählungen an mehreren Knotenpunkten in Poing und Pliening statt. Außerdem befragten die Gutachter die Autofahrer an mehreren Stellen nach Herkunft, Zweck und Ziel ihrer Fahrt - einmal noch vor Corona und einmal während der Pandemie, wie Bracher erklärte. Dabei stand vor allem der Poinger Norden im Fokus.

Auf Basis dieser Daten hat sich gezeigt, dass das für die Gemeinde Pliening zu erwartende Verkehrsaufkommen im Verhältnis eher moderat ausfällt. Demnach ist auf der Geltinger Straße mit einer Zunahme von rund 500 Fahrzeugen pro Tag zu rechnen. Die Ortsdurchfahrt von Ottersberg werden etwa 1000 zusätzliche Autos passieren. "Das ist schon eine nennenswerte Zunahme", räumte Bracher ein, jedoch sei die Belastung für solche Straßen nicht unüblich. Diese hätten eben eine Verbindungsfunktion und seien deshalb für solche Verkehrsmengen ausgelegt. Deutlich schlimmer als Pliening dürfte es dem Modell zufolge ohnehin die Bewohner von Grub und Kirchheim im Landkreis München treffen. In diese Richtung seien die Hauptverkehrsströme zu erwarten, sagte der Gutachter.

Dieser konnte auch für zwei Hauptknotenpunkte - zwischen der Poinger Bergfeldstraße und der Kirchheimer Allee sowie am Westring in Richtung Ottersberg - Entwarnung geben. Beide Kreuzungen sollen zu Kreisverkehren umgebaut werden und entsprechend für einen guten Verkehrsfluss sorgen. "Man muss da vielleicht mal ein Fahrzeug durchlassen, aber man hat keine größeren Behinderungen zu erwarten", sagte Bracher.

Für die Plieninger Gemeinderäte waren das fast schon zu gute Nachrichten, zumindest traute der ein oder andere dem Braten nicht so ganz. "Ich halte die Prognose für völlig unrealistisch", sagte etwa Ludwig Huber (Wählergruppe Gelting). Für ihn seien in der Analyse zu viele Faktoren unberücksichtigt geblieben. Als Beispiele nannte Huber die zusätzlichen Fahrten durch das neue Gymnasium, das stetig wachsende Gewerbegebiet zwischen Poing und Parsdorf sowie den Verkehrsfluss durch die Flughafentangente. Diese Kritik konnte Benedikt Bracher jedoch entkräften. All diese Dinge seien selbstverständlich in das Gutachten mit eingeflossen.

Dessen Ergebnis nun auf zweierlei Weise interpretiert werden kann: Für die Straßen ist der zusätzliche Verkehr zu verkraften, "aber für die Leute, die an der Straße wohnen, ist das ein Drama", sagte Eva Strauss (SPD). Oder wie es Markus Uffinger (Initiative für Pliening) mit Blick auf die Zusatzbelastung der Ottersberger Ortsdurchfahrt formulierte: "Zehn Prozent mehr hält die Straße aus, aber zehn Prozent mehr halten die Anwohner nicht aus."

Welche Auswirkungen die Ergebnisse des Gutachtens nun auf das laufenden Normenkontrollverfahren haben, blieb zunächst offen. Bürgermeister Roland Frick (CSU) jedoch stellte klar, dass man den Nachbarschaftsstreit so schnell wie möglich beilegen wolle: "Wir sind alle bestrebt, eine Einigung zu finden."

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