Verhandlung:Zeuge wird für Prozess in Ebersberg aus England eingeflogen

Landendes Flugzeug der British Airways

Ein landendes Flugzeug der British Airways (Symbolfoto).

(Foto: REUTERS)

Im August wurde der 27-Jährige Opfer einer WG-Schlägerei. Für seine Aussage vor dem Amtsgericht musste er nun eine weite Anreise in Kauf nehmen.

Aus dem Gericht von Clara Lipkowski, Ebersberg

Manchmal erscheinen Zeugen vor dem Ebersberger Amtsgericht, die zwar zur Tatzeit im Landkreis gelebt haben, aber zur Aussage eine etwas längere Anfahrt hatten. Im Fall eines 27-Jährigen bedeutete das einen Kurztrip aus England.

Der Mann erschien am Dienstag im Gerichtssaal, weil ihn sein früherer Mitbewohner im vergangenen August in der damaligen gemeinsamen Wohnung im nördlichen Landkreis Ebersberg offenbar mehrfach geschlagen hatte. Anschließend hätten der Mitbewohner und einige seiner Bekannten ihm gedroht, so der 27-Jährige Zeuge. Deswegen habe er so schnell es ging das Land verlassen und auch jetzt Sorge, dass etwas passieren könne, wenn er das Gericht verlasse, sagte er. Von Richterin Vera Hörauf verlangte er, dass sich der 31-Jährige ihm nicht mehr nähern dürfe.

Was war passiert? Zunächst habe der Angeklagte dem Mitbewohner vorgeworfen, mit dem Smartphone ein Video und Fotos von ihm gemacht und in einer Diskothek herumgezeigt zu haben. Deswegen habe er später Ärger auf der Arbeit bekommen und sie letztlich verloren. In der WG soll es dann zur der Attacke gekommen sein. Der Angeklagte hatte den 27-Jährigen wohl so geschlagen, dass dieser zu Boden fiel und mit dem Kopf anstieß. Dann musste er offenbar weitere Fausthiebe seines Mitbewohners einstecken. Ärzte stellten später eine Schädelprellung und eine Platzwunde am rechten Auge fest.

Eine verzwickte Verhandlung

Nicht nur das Opfer, auch der dritte WG-Bewohner hatte dem Gericht die Tat im Februar so geschildert. Der 38-Jährige war dazu gekommen und hatte den Schläger gestoppt. Die Darstellung der beiden fand Hörauf glaubwürdig. "Sie war nicht im Wortlaut gleich", sagte sie, aber bei Nachfragen habe sich ein gleiches Bild ergeben. "Das spricht dagegen, dass sie sich abgesprochen haben." Sie verurteilte den 31-Jährigen wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu 160 Tagessätzen à zehn Euro. Die Staatsanwältin hatte 170 Tagessätze zu je 30 Euro gefordert.

Der Mann auf der Anklagebank pochte bis zum Schluss darauf, dass er es nicht gewesen sei. Schon im Februar hatte er gegen einen Strafbefehl von 150 Tagessätzen zu 40 Euro Einspruch erhoben. Die Männer hätten ihn aus der Wohnung drängen wollen, sagte er. Und die Verletzungen des 27-Jährigen hätte dieser sich auch unbeabsichtigt bei einer spaßhaften Schlägerei mit dem anderen Mitbewohner zuziehen können, sagte er.

Tatsächlich hatte der 38-jährige Dritte im Bunde im Februar eingeräumt, ihn nicht mehr in der Wohnung haben zu wollen. Dennoch überzeugte die Richterin die Schilderung des Angeklagten nicht. Da der aber keine Vorstrafen und derzeit kein eigenes Einkommen hat, setzte sie eine niedrigere Strafe als die Staatsanwaltschaft an.

Die 160 Tagessätze erklärte sie damit, dass die Verletzungen des Opfers noch gravierender seien, als zunächst gedacht und der Mann auf dem rechten Auge bis heute eingeschränkt sehe. Außerdem brummte die Richterin dem Angeklagten die Verfahrenskosten auf und das bedeutet: Das Flugticket seines früheren Mitbewohners und nun Wahlbriten, muss er auch bezahlen.

Ob er das Urteil diesmal akzeptiert, ließ der 31-Jährige offen, er überlege es sich, sagte er. Er kann innerhalb von sieben Tagen Revision oder Berufung einlegen. Den Geschädigten, der ein Annäherungsverbot für seinen früheren Mitbewohner forderte, verwies Richterin Hörauf an das zuständige Familiengericht.

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