Vergnügliche Mörderjagd in Pliening:Sensationelle Spielkunst

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Oh Schreck, in der Kühlkammer hängt ein lebloser Mann! Die "Pleaninga Theaterbagasch" unterhält mit einer Mörderjagd auf Bairisch. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Pleaninga Theaterbagasch" überzeugt mit dem ländlichen Schwank "Mucks Mäuserl Mord"

Von Katharina Güntter, Pliening

Ein toter Mann in roten Gummistiefeln mag Vielen erst einmal gehörig seltsam vorkommen - und tatsächlich kann so ein Fund einige Überraschungen mit sich bringen. Das hat die Pleaninga Theaterbagasch nun mit ihrer flotten Inszenierung des Stücks "Mucks Mäuserl Mord" von Ralph Wallner gezeigt. Der erst im Juni 2019 erschienene ländliche Schwank handelt vom Verschwinden eines Gastes des "Roten Raben". Er trug auffällige rote Gummistiefel und war nicht gerade beliebt: Weder die neue Kellnerin Hedi, der eifernde Schankknecht Harri, der geschäftstüchtige Dorfwirt Quirin Zapfner, noch dessen resolute Schwester Kuni Zapfner fanden den Gast sympathisch. Die Reihe der Verdächtigen ist also lang.

Entdeckt wird der Tote von der patenten Pfarrersköchin Mucki und ihre Freundin, der weniger patenten Mesnerin Mausi, als diese einen unerlaubten "Einkaufstripp" im Vorratskeller des Wirtshauses unternehmen. Da finden sie den Mann mit den roten Gummistiefeln in der Kühlkammer - aufgehängt an einem Kleiderbügel. Die beiden Damen riechen sogleich Mord, zur Polizei können die aber nicht gehen, denn dann würde ihr regelmäßiger Essensdiebstahl auffliegen. Also wollen sie der Sache selbst auf den Grund gehen. Eine so spannende wie herzerfrischend-lustige Mörderjagd beginnt...

Stefanie Wenhart aka Mausi überzeugt dabei jeden einzelnen Theatergast im Plieninger Bürgersaal mit ihrer Tollpatschigkeit. Mit Leib und Seele füllt Wenhart ihre Rolle aus und mimt selbst die dümmsten Denkfehler der Mesnerin mit solch unfassbarer Überzeugung, dass das Publikum nicht anders kann, als regelmäßig in Lachsalven auszubrechen. Ihre Theaterkollegin Iris Zollner aka Mucki lässt sich dadurch aber keinesfalls aus der Ruhe bringen. Der Dümmlichkeit von Mausi bietet sie gelungen Konter, ohne dabei Rücksicht auf die Mesnerin zu nehmen, die doch eigentlich ihre Freundin ist. Damit trifft Zollner ihre Rolle aber genau auf den Punkt und erntet beim Publikum reichlich Zustimmung, die sich - natürlich - wieder durch herzhaftes Lachen ausdrückt. Die beiden bayerischen Schnüfflerinnen bilden also ein gelungenes Team - kein Wunder, dass sie sich selbst als Sherlock Holmes und Doktor Watson bezeichnen.

Doch auch die anderen Schauspielerinnen und Schauspieler der Theaterbagasch überzeugen von Anfang an. So beispielsweise der Stammgast Buckl (Anton Holzner), der die Zuschauerinnen und Zuschauer allein durch sein bloßes Auftreten zum Lachen bringt. Nicht ganz unschuldig daran ist die Fliegermütze, die er auf dem Kopf trägt. Aber auch Buckls Angewohnheit, den ausgestopften Mader über der Tür zum Vorratskeller stets zu grüßen, trägt bei zur lustigen, etwas dümmlichen Art des lispelnden Wirtshausgastes. Aufruhr ins Wirtshaus bringt Kuni die Köchin (Ingrid Grübl). Überzeugt von sich selbst, denkt sie sich die verrücktesten Geschichten aus - so habe sie beispielsweise höchstpersönlich den Kaiserschmarrn für die Hochzeit von Sissi und Kaiser Franz erfunden. Zusätzlich beschimpft sie jeden, der ihr über den Weg läuft, mit den schlimmsten Beleidigungen, die ihr grad so einfallen. Das sorgt bei den betroffenen Charakteren freilich für Unmut, im Zuschauerraum allerdings für Begeisterung.

Auch Franz Wutz trifft seine Rolle als Wirt hervorragend - in Trachtenweste und mit einem Schnurrbart, an dem er fleißig dreht. Andreas Wachinger verkörpert Harri genau so, wie man sich einen bayerischen Schankknecht so vorstellt: in Tracht, stets leicht trunken und nicht gerade höflich. Gerne schiebt er die Gäste unsanft zur Tür, nur um sie dann zurecht zu weisen mit den Worten: "Des is net grob, des is Kuscheln für Fortgeschrittene!" Die hübsche Kellnerin Hedi (Rebecca Meckl) bringt mit ihrer Jugendlichkeit Schwung ins Wirtshausteam - und den verliebten Harri immer wieder in Verlegenheit. Ludmilla Ludermann (Anita Eberhart) sorgt mit ihrem Auftritt in edler Garderobe zunächst für bewunderndes Murmeln im Publikum, überzeugt aber auch mit ihren darstellerischen Fähigkeiten.

Besonders bewundernswert sind die vielen Wortverdreher, bei denen die Schauspielerinnen und Schauspieler jeweils den Nagel auf den Kopf treffen. Es ist schließlich eine Kunst, bei solchen Witzen nicht durcheinander zu kommen: Wer zu viel darüber nachdenkt, absichtlich etwas Falsches zu sagen, hat schon verloren.

Doch auch der gesamten Inszenierung der Pleaninga Theaterbagasch gebührt großes Lob. Nicht nur, dass die Darstellerinnen und Darsteller ihren Rollen perfekt zugeteilt wurden, schon in der ersten Minute sieht man, wie viel Arbeit und Liebe in die Aufführungen gesteckt wurde. Das Bühnenbild ist aufwendig ausgearbeitet, die Regale wurden vollgestellt bis obenhin, sogar Spinnenweben kleben an der Decke. Fleißige Helferinnen und Helfer bewirten das Publikum in den Pausen mit Speisen und Getränken, und die Musikkapelle Gelting rundet den bayerischen Theaterabend gelungen ab. So bringt er nicht nur so manche unerwartete Wendungen mit sich, sondern auch etliche bekannte Melodien, beispielsweise aus dem "Tatort", der "Dreigroschenoper" oder der Fernsehsendung "Musik ist Trumpf". Alles in allem waren die gut dreieinhalb Stunden vor allem aufgrund der sensationellen Spielkünste der Pleaninga Theaterbagasch sehr kurzweilig, für die Lachmuskeln aber mehr als anstrengend.

© SZ vom 07.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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