Verfahren eingestellt:"Was ist, wenn ich nicht komme?"

Ein junger Mann lässt vor Gericht ordentlich Dampf ab

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Irgendwann platzte Richterin Vera Hörauf der Kragen. Er solle jetzt auf diese Fäkalsprache verzichten, sonst könne er auch gerne draußen vor Tür warten, sagte sie zu dem 23-jährigen Angeklagten. Dieser musste sich vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten, weil er zusammen mit einem Kumpel im Landkreisnorden beim vermeintlichen Drogenkonsum erwischt worden war. Dass - wie von Polizei und Staatsanwaltschaft angenommen - ihm selbst die verbotenen Substanzen gehört haben sollen, bestritt der Beschuldigte vor Gericht jedoch vehement - und vergriff sich dabei mehrmals im Ton.

Seinen Unmut bekundete der 23-Jährige, der im nördlichen Landkreis Ebersberg wohnt, bereits während der Verlesung der Anklageschrift, die er mit einem süffisanten Lächeln quittierte. Demnach habe er sich an einem Juniabend vergangenen Jahres mit einem Freund in einem Park aufgehalten. Als eine Polizeistreife die beiden kontrollierte, konnten die Beamten eine Dose mit kleinen Resten von Amphetaminen finden. "Pff", war dazu aus Richtung der Anklagebank zu hören.

Zum Beweis seiner Unschuld wollte der junge Mann allerdings auch nichts beitragen. "Ich verweigere meine Aussage", sagte der Beschuldigte auf die Frage von Richterin Hörauf, ob er sich denn dazu äußern wolle. Das übernahm schließlich einer der beiden Polizisten, der die beiden Freunde damals kontrolliert hatte. Auf einem Tischchen in unmittelbarer Nähe des Angeklagten habe ein zusammengerollter 20-Euro-Schein, ein Tabakbeutel und ein kleines silbernes Döschen gelegen, sagte der Beamte vor Gericht. Der Beschuldigte habe zunächst abgestritten, dass die Sachen ihm gehörten, den Geldschein aber schließlich eingesteckt - woraus die Polizisten schlussfolgerten, dass er wohl nicht ganz die Wahrheit gesagt hatte.

"Mir reicht das jetzt langsam", schimpfte dagegen der 23-Jährige von seinem Platz im Gerichtssaal aus. "Die Aussage finde ich schon lustig", sagte er über die Angaben des Polizisten, um dann anzukündigen, er werde das Urteil des Gerichts ohnehin nicht akzeptieren. Ein solches aber konnte Richterin Hörauf zunächst gar nicht sprechen, denn der Kumpel des Beschuldigten blieb der Verhandlung zum wiederholten Male unentschuldigt fern. Die Vorsitzende sah sich also gezwungen, ihn per Polizeistreife in den Sitzungssaal bringen zu lassen.

Die dafür nötige, rund einstündige Verhandlungspause aber passte dem Angeklagten nicht wirklich in den Kram. Er habe noch Arbeit zu erledigen, deshalb bleibe er nicht länger vor Gericht, als zunächst für das Verfahren angesetzt war. "Was ist, wenn ich nicht komme?", fragte er provokant, um schließlich über die "Scheißverhandlung" zu schimpfen.

Wie sich wenig später jedoch herausstellte, hatte sich der 23-Jährige unnötig aufgeregt. Die Polizeistreife nämlich konnte den fehlenden Zeugen nicht daheim antreffen, und ohne dessen Aussage wollte Richterin Hörauf den Angeklagten nicht verurteilen. Die Staatsanwältin willigte schließlich ein, das Verfahren gegen den jungen Mann vorerst ohne Auflagen einzustellen.

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