Verbraucherschutz:Lebensmittelüberwachung am Limit

Lesezeit: 3 min

Die Aufgaben werden mehr, das Personal ist knapp. Deshalb finden im Landkreis weniger Lebensmittelkontrollen statt als vorgeschrieben. Trotzdem sprechen sich die Verantwortlichen gegen eine Zentralisierung aus.

Von Anja Blum, Ebersberg

Bei der Lebensmittelüberwachung im Freistaat liegt laut einem umfassenden Gutachten des Bayerischen Obersten Rechnungshofes (ORH), das in Folge des Bayern-Ei-Skandals in Auftrag gegeben wurde, einiges im Argen. Und Ebersberg scheint hier keine Ausnahme zu sein: Auch im Landkreis fänden weniger Kontrollen statt als vorgeschrieben, erklärt Veronika Lafuente Cerdá, Leiterin der Abteilung "Öffentliche Sicherheit, Gemeinden" im Ebersberger Landratsamt.

Wie groß die Differenz zwischen den "Ist-Kontrollen" und den "Soll-Kontrollen" jedoch genau ist, dazu gibt sie keine Auskunft. Nur so viel: Gekürzt werde lediglich bei Routinekontrollen. Verdachtsmomenten oder Hinweisen auf Verstöße hingegen gehe das Veterinäramt in jedem Fall nach. Und zu größeren Problemen sei es deswegen bislang nicht gekommen.

Das Ziel ist, den Verbraucher zu schützen

Die Lebensmittelüberwachung kontrolliert die Einhaltung aller Vorschriften "im Verkehr mit Lebensmitteln, Kosmetika oder Bedarfsgegenständen wie Kleidung, Zahnbürsten, Spielzeug oder Haushaltschemikalien", heißt es auf der Homepage des Landratsamtes. Ziel sei es, Rechtsverstöße aufzudecken und den Verbraucher vor Gefahren und Täuschung zu schützen. Hauptaufgabe der Mitarbeiter ist eine regelmäßige Überwachung aller Betriebe, die Lebensmittel, Kosmetika oder Bedarfsgegenstände erzeugen oder behandeln und in den Verkehr bringen. Schlachtbetriebe fallen dabei in die Zuständigkeit von Amtstierärzten.

Grund dafür, dass weniger Kontrollen stattfinden als vorgeschrieben, ist laut Lafuente Cerdá eine zunehmende Aufgabenfülle beziehungsweise Personalknappheit - ein Umstand, der ebenfalls bereits vom ORH bemängelt wurde. Dem Gutachten zufolge fehlt es den Kontrollbehörden generell an Personal.

Nur drei von vier Stellen im Landratsamt sind besetzt

Am Landratsamt Ebersberg sind grundsätzlich vier Stellen für Lebensmittelüberwachungsbeamte vorgesehen, seit Jahren aber nur drei davon besetzt. "Dies entspricht dem Grundumfang, der von der Regierung von Oberbayern jedem Landratsamt zugeteilt ist", so Lafuente Cerdá. Das bedeutet: Die Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachung werden direkt von der Regierung eingestellt und den Behörden vor Ort zugeteilt. Dem Kreis sind in diesem Punkt also die Hände gebunden.

Insofern müsse bei den Routinekontrollen eine Prioritätensetzung erfolgen, erklärt die Abteilungsleiterin. Hierfür gebe es allerdings keine allgemein gültige, thematisch gegliederte Liste, vielmehr werde von Fall zu Fall entschieden. Dabei orientiere man sich an einer Risikoanalyse, die Kriterien wie Betriebsgröße, Warenströme, lokal oder national, Empfindlichkeit der Produkte und natürlich auch bereits festgestellte Mängel berücksichtige.

Der ORH kritisiert in seinem Gutachten auch, dass die Beteiligten an den Landratsämtern nur höchst selten zu "organisatorischen Einheiten" zusammengefasst seien. Auch in Ebersberg muss man sachgebietsübergreifend zusammenarbeiten: Im Veterinäramt sitzt das "Fachpersonal", das für die Beurteilung der Fälle und die erforderlichen Maßnahmen zuständig ist.

Bei der Rotation des Personals gibt es Schwierigkeiten

Das "Verwaltungspersonal", das die rechtliche Umsetzung in Form von Anordnungs- und Bußgeldbescheiden übernimmt, ist aus praktischen Gründen, insbesondere Vertretungsregelungen, in einem anderen Sachgebiet der Abteilung "Öffentliche Sicherheit und Ordnung" angesiedelt. Allerdings scheint die Kooperation keine Probleme zu machen: "Die enge Zusammenarbeit zwischen Veterinäramt und Vollzug hat bislang sehr gut funktioniert und sich am Landratsamt Ebersberg bewährt."

Als "nicht gewährleistet" sieht das Gutachten außerdem die geforderte Rotation des Personals. Laut Lafuente Cerdá muss man hier jedoch unterscheiden: Bei den Beamten der Lebensmittelüberwachung gelinge diese vorschriftsmäßig durch einen regelmäßigen Wechsel der Überwachungsbezirke. Die drei Mitarbeiter teilen die Gemeinden des Landkreises also immer wieder neu unter einander auf. Bei den Amtstierärzten hingegen sei eine Rotation, wie bereits der ORH festgestellt habe, aufgrund ihrer Spezialisierung deutlich schwieriger zu bewerkstelligen. In Ebersberg habe man jedoch die geforderten Zeiträume bislang durch Wechsel beim Personal einhalten können.

Eine grundlegende Reform ist nicht gewünscht

Auf Kritik stößt in Ebersberg der Vorschlag des ORH, die Lebensmittelüberwachung durch eine Zentralisierung grundlegend zu reformieren. Sie solle, so die Forderung, komplett von den Landratsämtern abgezogen und auf zwei Bezirksregierungen übertragen werden. Dies "wird nicht befürwortet, da dies unseres Erachtens zu einer drastischen Reduzierung der Präsenz vor Ort und zum Verlust des Dienstleistungsgedankens führen würde", so Lafuente Cerdá.

Zu den Aufgaben gehöre schließlich nicht nur die Kontrolle, sondern auch die Beratung. Außerdem zöge eine Zentralisierung erhebliche Kostensteigerungen, vor allem wegen weiterer Anfahrtswege, und einen "Verlust der Bürgernähe" nach sich. Wünschenswert wären vielmehr "mehr Personal und weniger Bürokratie". Beides habe man im Rahmen der Abfrage des ORH auch mitgeteilt.

© SZ vom 29.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: