Verbindung in der Ortsmitte Poing:Viel Grau, wenig Grün

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Lange haben die Poinger die Bahnhofsunterführung herbeigesehnt - zufrieden sind viele damit aber nicht

Von Johanna Feckl, Poing

Seit Ende April können Fußgänger und Radler den 140 Meter langen Tunnel nutzen. Dass er so massiv ausgefallen ist, hat nach Auskunft des Bürgermeisters unter anderem statische Gründe. (Foto: Christian Endt)

Nach zwei Jahren Bauzeit und einer noch viel längeren Planungszeit ist die Gleisunterführung am S-Bahnhof in Poing endlich fertig, Ende April eröffnete Albert Hingerl (SPD), damals noch Bürgermeister, den Tunnel unterhalb. Das südliche Alt-Poing verbindet nun ein 140 Meter langer betonierter Weg mit dem neueren, nördlichen Ortsteil. Aus rein optischer Perspektive lässt sich die Unterführung aktuell folgendermaßen beschreiben: ziemlich viel Grau, ziemlich wenig Grün - zum Leidwesen einiger Poinger, die sich über das "Beton-Monstrum", wie es ein Mann nennt, nun beschweren. Ein kurzer Weg von Süden nach Norden und umgekehrt, schön und gut. Aber war dafür wirklich so viel betonierte Fläche notwendig?

"Ja", sagt Bürgermeister Thomas Stark (parteilos) auf Nachfrage. Technisch sei das Bauvorhaben in der vorliegenden Form erforderlich und auch gewünscht gewesen. Vor seinem Job als Rathauschef war Stark Geschäftsleiter der Gemeinde, langjähriger Referent und Leiter des Bürgermeisteramts sowie Leiter des Bauamtes; er hat also von Beginn an die Entstehungsgeschichte der Fußgänger- und Radlerunterführung miterlebt - und die gleicht mittlerweile einer Odyssee.

Einen Tunnel gab es zwar auch vor dem kürzlich eröffneten, der aber war nicht nur dunkel, sondern auch mit einem Rollstuhl oder einer Gehbehinderung im Grunde genommen nicht zu bewältigen - kein tragbarer Zustand für eine florierende Gemeinde. Schon vor 30 Jahren wurde das Thema im Gemeinderat diskutiert. Konkret geworden ist es jedoch nicht, weil die Deutsche Bahn immer wieder unterschiedliche Aussagen darüber bekannt gab, ob der Gleis-Ausbau in Poing nun kommt oder nicht. Somit war unklar, ob man einen Tunnel unter zwei oder doch unter vier Gleisen planen sollte. Seit einiger Zeit steht aber fest: Mit dem viergleisigen Ausbau wird es bis auf Weiteres nichts. Daraufhin zog der Gemeinderat erneut die Pläne aus der Schublade, die seit 2007 fertig waren.

Das Wetter verzögerte die Fertigstellung

Die Pläne wurden mehrmals diskutiert und angepasst, bis die Gemeinde das Millionenprojekt Ende 2017 zum ersten Mal ausgeschrieben hat. Zwar hatten daraufhin mehrere Firmen die Unterlagen angefordert, keine einzige jedoch ein Angebot abgegeben - vermutlich, weil der veranschlagte Zeitplan einen Bau innerhalb von nur elf Monaten vorsah. In einer zweiten Ausschreibung im Februar 2018 wurde die geplante Bauzeit auf 18 Monate verlängert. Drei Bewerbungen gingen daraufhin ein, eine Firma bekam den Zuschlag, im April 2018 begannen die Bauarbeiten.

Mitte Oktober 2019 hieß es noch, dass der Baufortschritt grob im Zeitplan liege und die Unterführung wohl Ende November, spätestens Mitte Dezember eröffnet werden kann. Ende November gab der damalige Bürgermeister Hingerl dann aber bekannt, dass sich die Fertigstellung etwa um ein halbes Jahr verzögern werde. Der Grund: Das kühle und feuchte Wetter hat die Abdichtungsarbeiten verhindert. So wurde es nun Ende April, bis die Unterführung offiziell eröffnet werden konnte.

Ein wenig mehr Grün als bisher ist durchaus noch geplant. (Foto: Christian Endt)

Jetzt verbindet also ein 140 Meter langer betonierter Weg den Süden mit dem Norden. An der schmalsten Stelle, direkt unterhalb der Bahngleise, ist der Tunnel zwölf Meter breit, an den breitesten Stellen am Ende der trapezförmigen Ausläufer sind es um die 25 Meter. Den nördlichen Eingang säumen vier bepflanzte Blumentröge, südlich sind bislang fast nur Grau und rot-weiße Poller zu sehen. Aber: Das wird nicht so bleiben. Die Poller etwa werden in zwei Monaten durch Pflanzentröge ersetzt, so Bürgermeister Stark.

Sie seien bereits bestellt. Richtung Bahnhofstraße im Süden sind Bienenweiden ausgesät, die demnächst austreiben müssten. Bezüglich der momentanen Kiesfläche im Norden ist ein Landschaftsarchitekt mit einem Gestaltungsvorschlag beauftragt. Neben einer Begrünung soll es dort dann auch Abstellmöglichkeiten für Fahrräder geben. "Sobald ich da etwas auf dem Tisch habe, kommt das Thema auf die Tagesordnung des Gemeinderats", sagt Stark.

Aus statischen Gründen musste das Bauwerk massiv ausfallen

Hätte man die Unterführung aber nicht einfach schmaler und kürzer bauen können? Das eine wollte man nicht, das andere konnte man nicht, so Stark. Dass die Unterführung weite trapezförmige Ausläufer hat, sei dem Wunsch geschuldet, dass Fußgänger und Radler schnell einen weiten Blickkontakt mit den jeweiligen Querstraßen aufnehmen können - Stichwort Sicherheit. Damit habe sich die Gemeinde in Verbindung mit einem dementsprechenden Lichtkonzept von der alten dunklen und unheimlichen Unterführung abkehren wollen. Zudem hätten die Grundwasserwanne im Bereich der Gleise sowie die Erschütterung durch Züge besondere statische Erfordernisse mit sich gebracht, die mit weniger Beton nicht realisierbar gewesen wären.

Dass der Verbindungsweg so lang geworden ist, liegt laut Stark insbesondere an der behindertengerechten Umsetzung. Wie steil die Steigung sein und wie schnell diese abflachen darf, sei gesetzlich vorgeschrieben. Außerdem habe man einen städtebaulichen Charakter an diesem zentralen Ort in Poing erreichen wollen, kein rein technisches Bauwerk. Die langen Ausläufer und auch die trapezförmige Aufweitung hätten demnach auch einen symbolischen Wert, so Stark, nämlich das Zusammenwachsen zweier Ortsteile.

© SZ vom 20.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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