Panama-Ensemble:Songs mit Ohrwurmpotenzial

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Noch mehr Jazzgesang: Das Münchner "Panama-Ensemble" um Trompeter Franz-David Baumann hat sich im Vergleich zum Auftritt vor zwei Jahren um drei Vocalisten erweitert. (Foto: Christian Endt)

Das "Panama-Ensemble" aus München bietet im Alten Kino wunderbaren Jazz für Kinder

Von Anja Blum, Ebersberg

"Im Großen und Ganzen war der Jazz immer sowas wie der Mann, dem man seine Tochter nicht anvertrauen wollte", hat der berühmte Duke Ellington einmal gesagt. Doch das Panama-Ensemble hat am Sonntagnachmittag im Ebersberger Alten Kino das Gegenteil bewiesen: Die Münchner Truppe macht Kinder mit dem Jazz bekannt - auf wunderbare Weise und ohne dabei allzu große musikalische Kompromisse einzugehen. Vielmehr zeigt sie, wie sympathisch, lässig und zugleich dynamisch dieses als intellektuell verschrieene Genre sein kann.

Vor zwei Jahren war das Panama-Ensemble ebenfalls schon bei EBE-JAZZ zu Gast, und zwar mit dem Krimimusical "Inspektor Maus", Bandleader Franz-David Baumann hatte dafür eine Geschichte von Hank Flemming vertont - und das mit solchem Erfolg, dass daraus mittlerweile eine ganze Buch-CD-Reihe um die Mäuse-Jazzband "Die Pecorinos" entstanden ist. Dabei sind Flemming und Baumann nicht nur hinter der Bühne ein gutes Team, sondern auch darauf: Der Autor tritt höchst souverän als Erzähler auf, Baumann spielt erstklassig Trompete. Drum herum musiziert eine exzellent besetzte Band, im Vergleich zu "Inspektor Maus" sogar um drei Sänger erweitert. Die musikalischen Reminiszenzen reichen dabei von Swing über Hardbop-Jazz bis hin zu Ragtime.

Im gut besuchten Alten Kino - Familien aus dem ganzen Landkreis waren ob dieser besonderen Vorstellung angereist - stand nun der erste Teil der Pecorinos-Saga auf dem Programm, der damit beginnt, dass die Mäuse-Band wegen Käsediebstahls im Gefängnis sitzt - unschuldig, versteht sich. Doch das gemeinsame Musizieren macht nicht halb so viel Spaß ohne Applaus, also ist klar: "Wir müssen hier raus!" So singt jedenfalls der Chor der Verzweifelten, spitze Bläsereinwürfe unterstreichen die Dramatik.

Der Rest der Handlung ist schnell erzählt: Die Pecorinos können dank eines zerknüllten Notenpapiers ausbrechen und flüchten - verfolgt vom fiesen Kommissar K., einer Katze - per Schiff, Zug und Fähre quer durch Europa. Das ist aber eigentlich auch gar nicht so wichtig, denn im Zentrum steht hier ohnehin die Musik. Zwar gibt es eine geschickte Verschränkung von Inhalt und Form - die Geschichte, die die Band präsentiert, handelt von einer Band - doch diese Parallele wird schauspielerisch kaum umgesetzt: Bis auf ein paar bunte Klamotten sind die Musiker nicht verkleidet, und ihre darstellende Funktion beschränkt sich auf wenige Handbewegungen, der Schlagzeuger etwa verliert des Öfteren lautstark seine Sticks. Diese Reduktion des Bühnengeschehens ist jedoch kein Verlust: Dadurch stehen das Wort und der Jazz erst richtig im Rampenlicht, außerdem darf so die Fantasie der kleinen und großen Zuhörer noch ein gutes Stück mitgestalten an diesem Gesamtkunstwerk.

Die echte Band auf der Bühne untermalt also einerseits die Schilderungen Flemmings, spiegelt die Sehnsucht der Mäuse nach Erfolg und Freiheit wider, verstärkt Spannung wie Glücksmomente, schafft Atmosphäre. Andererseits gibt es - mehr noch als beim "Inspektor" - eigenständige Songs, die teils das Zeug zum Ohrwurm haben. Das bestätigt auch gleich das Ebersberger Publikum, das sich - trotz Abstimmung per Handzeichen - so gar nicht recht entscheiden kann, welches Lied am Ende noch einmal gespielt werden soll. Doch das Panama-Ensemble lässt sich nicht lange bitten und gibt einfach gleich drei Zugaben: Sängerin Billie im Glitzerkleid (alias Lucia Kastlunger) - "Was für eine Maus!" - begeistert noch einmal mit ihrem Solo, das sich von der gefühlvollen Ballade zum swingenden Bossa Nova wandelt und mit einem schönen Versprechen endet: "Ihr hört noch von mir!", danach der wunderbare Aufruf "Pflück das Glück und nimm es mit" im Charleston-Groove, und Flemming selbst gibt noch einmal den coolen Kommissar, der am Ende einer Postkarte der Pecorinos nach Paris hinterher reist. Ob er in der Stadt der Liebe endlich Erfolg haben wird, bleibt offen. . .

© SZ vom 24.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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