Spinnen! In jeder Ecke sitzen sie in diesen Herbsttagen. Haben ihre Netze ausgespannt und warten in einsamer Geduld auf Beute. Und wer würde schon ausgerechnet die so ungeliebten Achtbeiner mit dem Thema "Paare" in Verbindung bringen, um die es gehen soll am kommenden Donnerstag im großen Konzertsaal der Vaterstettener Musikschule? Genauer gesagt: "Paare in der Musik und in der Natur". Tatsächlich ist die Spinne nur ein Beispiel, das sich der Tierfotograf Lambert Heil für die ungewöhnliche Veranstaltung ausgeguckt hat, und über das er, begleitet von den Musikerinnen Susanne "Sunny" Howard an der Geige und ihrer Tochter Jana am Klavier mit dem Leiter der Volkshochschule Vaterstetten Helmut Ertel reden wird. Wer das Event der VHS besucht, braucht aber keine Angst zu haben, dass er eineinhalb Stunden lang Spinnen anschauen muss. "Das wäre sicher nicht so schön", flachst Heil.
Auf einer großen Leinwand werden sich die Zuschauer im Saal und jene, die sich mittels Link über die Homepage der Volkshochschule online einwählen, vielmehr an stimmungsvollen Bildern von Löwen und anderen großen afrikanischen Raubkatzen, an Elefanten und Vögeln erfreuen können. Die Spinne wird nur in Heils Erzählungen auftauchen. Als Gattung, deren Weibchen das Männchen nach dem Geschlechtsakt tötet, ist sie ja auch ein ganz besonderes, wenngleich - zumal im übertragenen Sinne - vielleicht nicht ganz einzigartiges Beispiel.
Eine humorvolle, spannende und auch ein bisschen philosophische Plauderei soll das werden, was Helmut Ertel und der in Vaterstetten lebende Heil gemeinsam initiiert haben. Untermalt wird sie von den Musikstücken, die Mutter und Tochter Howard gemeinsam einstudiert haben und dem, was die Musikerin und Geigenlehrerin an der Musikschule sowie ihre Tochter dazu erzählen können. "Wir haben uns viele Male getroffen, es sind eine Menge Emails hin und her gegangen", berichtet Heil, schließlich sollte am Ende alles zusammen passen. Eine ähnliche Veranstaltung hatte der Zoopädagoge und Veranstalter von Afrikareisen schon einmal mit den Münchner Symphonikern im Technikum auf die Beine gestellt, passenderweise zum Valentinstag und vor Corona noch ganz ohne Einschränkungen. Im Lockdown sei dann der Gedanke entstanden, etwas Ähnliches in etwas kleinerem Rahmen zu wiederholen und zu streamen. Ertel und Heil, die sich von vielen gemeinsamen Veranstaltungen her kennen, holten die Musikerin Howard mit ins Boot, und die wiederum ihre Tochter, Musikstudentin an der Hochschule München - sie sind als musizierendes Duo damit ja auch ein Paar.
Tatsächliche tierische Paare in der Musikliteratur aufzutun, sei ganz schön schwierig, erzählt Howard. So werden auch Stücke zu hören sein, die in Situationen entstanden sind, in welchen vielleicht ein Komponist nicht alleine geschrieben hat, oder eben solche, die für zwei Instrumente gesetzt oder komponiert wurden. Bei den Stücken wird es aber auch darum gehen, die Gespräche mit Jazz, Klassik oder Weltmusik zu bebildern, etwa mit Maurice Ravels "Jeux d'eau". Zu den perlenden Klavierklängen des dem Impressionismus zugerechneten Komponisten lässt es sich trefflich über das Liebesleben im nassen Element parlieren, selbst in der dunkelsten Tiefsee finden sich schließlich Individuen jeweiliger Gattungen zur Fortpflanzung zusammen. Auch die federleichten Geigentöne von Mozarts "Kleiner Nachtmusik" kann man sich gut als inspirierenden Rahmen für das Liebesspiel von Männlein und Weiblein vorstellen. Wobei das mit der Paarbindung in der Tierwelt doch gänzlich anders funktioniere, als wir es uns in unserem anthropozentrischen Kosmos so vorstellten, sagt Heil. Nur selten finden sich Paare, die ein ganzes Leben lang einander treu bleiben, und es muss auch nicht nur um das Zusammenspiel verschiedener Geschlechter gehen. Da mögen zwei Löwen noch so malerisch zusammen auf einem Felsen sitzen und dem Sonnenuntergang huldigen, sie "sehen aus wie das ideale Paar, aber das ist gar nicht so", sagt Heil. Für ein Paar allein sei es ohnehin in der Natur nur schwer möglich zu überleben, weshalb sich ja auch Löwen in Rudeln zusammen finden, um zu jagen, die Kleinen aufzuziehen. Ähnliches gilt für viele andere Arten und natürlich nicht nur für Raubtiere. "Das Bild vom optimalen Paar gibt es gar nicht", sagt Heil. "Ich bin eigentlich der Überzeugung, dass auch der Mensch nicht dafür gedacht ist, als Paar allein zu leben. Das funktioniert nur in der Zivilisation."
Ein Satz, der durchaus Diskussionen anstoßen könnte und das weite Feld umreißt, auf dem sich die Musiker und der Fotograf, moderiert vom Leiter der VHS am Donnerstag bewegen werden. Dass sich die Live- und Online-Gäste dabei in die Unterhaltung einklinken, ist durchaus gewünscht und wird von einem dreiköpfigen Team von Technikern möglich gemacht, die sich um die Ausstattung des Raums in der Musikschule kümmern. Für die Musiker und den Fotografen wird der Auftritt eine der ersten Möglichkeiten sein, nach dem Lockdown zumindest vor kleinem Publikum aufzutreten. Und er habe ja schon den Eindruck, scherzt Heil, dass es auch den Zuhörern lieber sei, "wenn sie uns live auf der Bühne mit Eiern bewerfen können." Das wird wohl nicht passieren, wäre aber immer noch besser als das, was den Spinnenmännchen passiert.
Die Teilnahme an der Veranstaltung am Donnerstag, 24. September, 18 bis 19.30 Uhr, ist kostenlos. Das Live-Event findet in der Baldhamer Straße 39, Vaterstetten statt. Anmeldung dafür ebenso wie für den Stream über die Homepage der Volkshochschule Vaterstetten.