Vaterstetten:Parsdorfer sammeln Unterschriften gegen neuen Zuzug

Vaterstetten: Äußerlich ist alles ruhig, doch in den Häusern rumort es: Viele Parsdorfer wollen nicht, dass hier Wohnungen für viele Menschen gebaut werden.

Äußerlich ist alles ruhig, doch in den Häusern rumort es: Viele Parsdorfer wollen nicht, dass hier Wohnungen für viele Menschen gebaut werden.

(Foto: Christian Endt)

Östlich des Ortsteils Parsdorf soll günstiger Wohnraum entstehen, findet Vaterstettens Gemeinderat. Die Anwohner sehen das anders und gehen auf Stimmenfang gegen das Bauvorhaben.

Von Jan Schwenkenbecher, Vaterstetten

Nur das Knarzen des Schnees unter den Schuhen ist im Eschenweg zu hören. Läuft man die östlichste Straße des Vaterstettener Ortsteils Parsdorf bis zum Wendehammer am Straßenende entlang, ist es still und friedlich. Doch der Schein trügt, denn unter den Anwohnern gibt es Aufruhr. Denn der Eschenweg könnte schon bald nicht mehr die östlichste Straße im Ort sein. Geht es nach Vaterstettens Gemeinderat, sollen hinter den letzten Häusern neue, günstige Wohnungen entstehen. Geht es allerdings nach den Anwohnern, passiert das nicht - sie sammeln derzeit Unterschriften gegen das Bauprojekt.

"Ich glaube, fast alle Anwohner haben unterschrieben", sagt Robert Stadick. Er wohnt ganz hinten im Eschenweg, am Wendehammer. 1999 hat er sein Haus gebaut, höher als eineinhalb Stockwerke durfte es damals nicht werden. Weil der Eschenweg am Ortsrand liegt, weil das Dorf flach auslaufen sollte. "Ich verstehe nicht, wieso da jetzt zwei-, dreistöckige Mehrfamilienhäuser hin sollen", so Stadick.

Wie hoch die Häuser werden, ist allerdings noch gar nicht geklärt. Auch nicht, wo genau sie auf dem Feld stehen sollen, und auch nicht, wie viele es werden. Nicht mal, dass überhaupt gebaut wird, steht fest. Mitte Oktober diskutierte der Gemeinderat über vier verschiedene Pläne zur Bebauung der freien Fläche, die ein Architekturbüro im Auftrag der Firma Feinkost Käfer aus München entwickelt hatte. Käfer betreibt im Parsdorfer Gewerbegebiet ein Geschäft.

Vaterstetten: Auf dem Acker östlich des Eschenwegs sollen günstige Wohnungen entstehen. Wo genau und wie viele es werden, das ist noch unklar

Auf dem Acker östlich des Eschenwegs sollen günstige Wohnungen entstehen. Wo genau und wie viele es werden, das ist noch unklar

(Foto: Christian Endt)

Die Vorschläge reichten von 70 bis 270 Wohnungen, der Gemeinderat schloss die drei größeren Varianten aus. Zudem beschloss er, die Verwaltung solle mit der Stadt München, der das Grundstück gehört, "Verhandlungen über eine gemeinsame Entwicklung aufnehmen". Auch die Arbeitsgruppe Orts- und Verkehrsentwicklung Parsdorf, die die Interessen der Anwohner vertritt, werde beteiligt.

Derzeit sind 70 Wohnungen für 175 Personen im Gespräch

Nun ist die kleinste der vier Varianten im Gespräch: 70 Wohnungen für etwa 175 Personen, alles vergünstigter Wohnraum, insbesondere für Auszubildende und Arbeitnehmer des Niedriglohnsektors im Parsdorfer Gewerbegebiet.

Es ist auch dieser letzte Satz, der Robert Stadick so stört. "Wenn der Käfer", so sagt es Stadick und meint den Geschäftsführer Michael Käfer, "wenn der Käfer billigen Wohnraum für seine Angestellten will, soll er ihnen stattdessen einfach mehr zahlen". Pia Corinna King, die die Liste initiiert hat und ebenfalls im Eschenweg wohnt, sagt: "Es geht nicht darum, dass wir keinen sozialen Wohnraum wollen, sondern dass die Verhältnismäßigkeit stimmt."

Die 175 potenziellen Zuzügler bedeuteten 15 Prozent mehr Anwohner für Parsdorf, wo etwa 1200 Menschen wohnen. Bereits an anderen Stellen im Ort sei Wohnraum ausgewiesen. Ebenfalls für etwa 15 Prozent neue Anwohner. Johann Gunszt, Sprecher der Arbeitsgruppe Orts- und Verkehrsentwicklung Parsdorf, sagt: "Einmal angefangen, stehen schnell noch weitere Wohnungen dort. Dann bekommen wir ein neues Parsdorf, das mit dem alten nichts mehr zu tun hat."

Noch ist vieles offen

Und Leonhard Spitzauer, Vaterstettener Gemeinderatsmitglied (CSU), sagt: "Die Erschließung ist nicht sehr gut zu bewerkstelligen." Wo der Eschenweg beginnt, sind ein Sportplatz, eine Grundschule und ein Kinderhaus samt Krippe, Hort und Kindergarten. "Da geht's auch so schon immer zu in der Früh", so Spitzauer.

Spitzauer war eines von drei Gemeinderatsmitgliedern, die gegen den Beschluss stimmten. Axel Weingärtner (Grüne) war dafür. "Wir haben im Wohnungsbau einfach Nachholbedarf", sagt er. Besonders im nördlichen Teil der Gemeinde gebe es bisher hauptsächlich neues Gewerbe. "Nun soll auch günstiger Wohnraum hinzukommen", so Weingärtner. Ebenfalls für das Bauvorhaben ist SPD-Gemeinderat Josef Mittermeier. "Wir befürworten das an und für sich", sagt er, "wir haben da die Möglichkeit, günstigen Wohnraum zu schaffen."

Doch Mittermeier sagt auch, dass noch nichts feststeht. "Das sind Vorverhandlungen. Erst wenn wir wissen, was mit der Stadt München möglich ist, können wir weiterschauen, was konkret geht." Wie viele Wohnungen, wie viele Menschen. "Ein neues Parsdorf wollen wir auf keinen Fall", so Mittermeier. "Das sehen, wie ich glaube, auch die anderen Gemeinderäte so. Wenn wir uns dem Ganzen nähern, dann nur in der kleinsten Größenordnung."

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