Vaterstetten:Ungerecht verteilt

Beim Arbeitskreis Umwelt geht es um den Klimawandel

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Der Wohlstand auf der Welt ist ungerecht verteilt, das ist ein bekannter Fakt. Doch auch die Unannehmlichkeiten verteilen sich ungleichmäßig, etwa die Folgen des Klimawandels. Was das eine mit dem anderen zu tun hat, erläuterte nun Sebastian Kistler beim ökologischen Aschermittwoch in der Pfarrei Maria Königin.

Eingeladen hatten der Agenda-Arbeitskreis Schöpfung und Umwelt sowie die Grünen. Deren langjähriger Gemeinderat und Agenda-Mitglied Günter Glier begrüßte die mehr als 30 Zuhörer zu einer mittlerweile traditionellen Veranstaltung. Wie in den vergangenen Jahren sei es auch heuer wieder gelungen, ein wichtiges Thema und einen interessanten Referenten zu finden. Kistler ist Dozent im Fach Umweltethik der Uni Augsburg, außerdem ist der Theologe Referent für Erwachsenenbildung beim Hilfswerk missio in München.

Darum beschäftigte sich sein Vortrag auch zunächst mit dem Thema Armut. Wie diese verteilt ist, zeigte der Referent anhand einer nächtlichen Satellitenaufnahme der Erde: "Es fällt schon auf, dass es nicht überall gleich hell ist - Elektrizität hat mit Reichtum zu tun." Besonders deutlich werde dies in Afrika, wo sich die meisten keine Beleuchtung leisten können. Die Folgen dieses Reichtums - entstanden durch die Industrialisierung der nördlichen Länder - zeigte eine Tabelle der mittleren Jahrestemperatur in den vergangenen eineinhalb Jahrhunderten. Etwa um ein Grad liegen die Werte heute über denen Ende des 19. Jahrhunderts, bis Ende des 21. Jahrhunderts könnten es mehr als vier Grad sein, "wenn wir so weitermachen wie bisher und die Entwicklungsländer uns alles nachmachen".

Doch dies, so der Referent, bedeute nicht, dass es überall vier Grad wärmer wird. "In Europa werden es eher acht, an den Polen bis zu 15 Grad", und je näher man dem Äquator kommt, desto geringer werde der Temperaturanstieg. Genau umgekehrt verhalte es sich aber mit den schädlichen Folgen dieser Erwärmung. "Der Klimawandel trifft die am stärksten, die nichts dazu beigetragen haben." Ausgerechnet in den tropischen Regionen dürften Wetterextreme wie Hochwasser, Stürme und Dürren zunehmen, ebenso Krankheiten wie Malaria. Dagegen könnten sich die Verursacher des Klimawandels dank ihres Reichtums wappnen - und unter Umständen sogar davon profitieren. Etwa wenn in Russland Teile der Tundra auftauen - was zwar den Treibhauseffekt verstärkt, aber vor Ort mehr Ackerland bringt. Oder wenn durch das Abschmelzen der Polkappen einerseits Inseln überflutet werden, für die Arktis-Anrainer aber ein leichterer Zugang zu den Öl- und Gasfeldern in der Arktis möglich wird. Es würde also genau jene ungerechte Verteilung von Armut und Reichtum, die Ursache für den Klimawandel ist, durch diesen weiter verstärkt.

Auch die weltweiten Bemühungen, gegen die Klimaerwärmung vorzugehen, stellte Kistler vor, beginnend mit den Klimakonferenzen in Rio und Kyoto Anfang der 1990er Jahre bis zum Pariser Abkommen 2015. Dieses habe Potenzial, schließlich sind 175 Staaten - einschließlich der größten Kohlendioxid-Verursacher USA und China - dem Abkommen beigetreten. Andererseits beruht das Vertragswerk auf Selbstverpflichtungen der Teilnehmerländer, ist also nicht verbindlich. Zuletzt ging es noch um die USA unter einem Präsidenten Donald Trump, der bereits im Wahlkampf den Klimawandel geleugnet und angekündigt hatte, aus den Verträgen auszusteigen. Dies sei durchaus besorgniserregend - "aber so viel besser sind die Deutschen auch nicht". So verwies Kistler auf den schleppenden Ausbau der erneuerbaren Energien, die Subventionierung der Braunkohle, "und beim Betrug mit Abgaswerten waren deutsche Autobauer auch nicht ganz unbeteiligt", so der Referent in Anspielung auf den VW-Skandal.

Blieb die Frage, was man denn gegen den Klimawandel tun könne. Eine eindeutige Antwort darauf konnte auch Kistler nicht geben. Als Einzelner könne man die Entwicklung nicht aufhalten - aber jene Parteien und Initiativen unterstützen, die es versuchen.

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