Erbschaft:Versteigerung für den guten Zweck

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Die Gemeinde Vaterstetten will eine geerbte Doppelhaushälfte verkaufen, der Erlös soll sozialen Zwecken zugutekommen. (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

Ein geerbtes Haus der Gemeinde Vaterstetten wird verkauft, der Erlös soll sozialen Einrichtungen zugutekommen – welcher genau, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Eine niedrige sechsstellige Summe ausgeben oder eine hohe sechsstellige Summe einnehmen – vor dieser Entscheidung stand nun der Vaterstettener Gemeinderat und hat sich, wenig überraschend, für letzteres entschieden. Konkret ging es um ein halbes Doppelhaus, welches die Gemeinde vor rund fünf Jahren geerbt hatte. Allerdings unter der Voraussetzung, dass das Erbe für soziale Zwecke verwendet werden muss. Dafür wird laut Beschluss nun der Erlös aus dem Hausverkauf auch verwendet – wofür genau, darüber gab es im Gremium indes unterschiedliche Vorstellungen.

Die Erblasserin selbst hatte angeregt, „ein Altersheim zu erschwinglichen Preisen für sozial schwache Bürger“ in der Immobilie einzurichten. Dies habe man geprüft, sagte Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU), genau wie verschiedene andere Verwendungsmöglichkeiten. Neben einer Senioren- oder Pflegeeinrichtung wurde unter anderem geprüft, ob das Haus als Unterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine genutzt werden könnte, auch habe das Landratsamt angefragt, ob man das Haus als allgemeine Unterkunft für Asylbewerber brauchen könnte. Auch als Standort für den mittlerweile am Baldhamer Bahnhofplatz angesiedelten Seniorenzentrum war die Doppelhaushälfte in der Auswahl.

Vor einer Vermietung müsste das Doppelhaus für mindestens 150 000 Euro saniert werden

Leider, so Spitzauer weiter, habe sich gezeigt, dass das Haus für keine der untersuchten Nutzungen geeignet ist, vor allem wegen der geringen Fläche. Laut Bauamtsleiterin Brigitte Littke stehen lediglich 104 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung, zu wenig für etwa ein Alten- oder Flüchtlingsheim. Man habe auch geprüft, ob das Haus vermietet werden könnte, um die Einnahmen für soziale Zwecke zu verwenden – etwa die Mietkosten für das Seniorenzentrum. Dies sei allerdings erst nach einer umfangreichen Sanierung möglich, laut Littke müsste man hier mit Kosten von 150 000 Euro rechnen. Oder mehr, so Spitzauer: „200 000 Euro sind schnell verbaut.“

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In Vaterstetten wird eine Anlaufstelle für Senioren eröffnet. Neben Angeboten und Aktivitäten für Ältere soll es dort auch allgemeine soziale Beratung geben.

Von Wieland Bögel

Würde man das Haus indes verkaufen, könnte die Gemeinde laut eines Gutachtens aus dem Jahr 2019 mit rund 770 000 Euro Einnahmen rechnen. Wie viel die Immobilie tatsächlich einbringt, wird in einem sogenannten zweistufigen Bieterverfahren ermittelt. Dies ist eine Art Versteigerung in zwei Schritten. Zunächst können Interessenten unverbindliche Angebote einreichen, dies dient laut Littke auch dazu, zu ermitteln, was die Bieter zahlen können und wollen. Im zweiten Schritt wird dann ein Angebot den Zuschlag erhalten. Durch dieses Verfahren sei sichergestellt, dass die Doppelhaushälfte nicht unter Wert verkauft werde, so die Bauamtschefin, auch brauche es dann kein aktualisiertes Wertgutachten.

Zum Vorgehen an sich gab es im Gremium keine Einwände, Cordula Koch (SPD) äußerte allerdings etwas Bedauern darüber, dass die Gemeinde das Haus nicht halten könne: „Ich bin eigentlich dafür, dass man Immobilien behält.“ Etwa indem man dort günstige Gemeindewohnungen einrichtet. Das wäre ihm auch lieber gewesen, sagte der Bürgermeister: „Ich komme aus der Landwirtschaft, da verkauft man nicht gerne.“ Aber der hohe Aufwand beim Umbau und die geringe Größe sprächen leider dagegen.

Das geplante Sozialbürgerhaus in Vaterstetten Nordwest kommt frühestens in vier Jahren

Sehr viel grundsätzlichere Einwände hatte Klaus Willenberg (FDP), er störte sich an der Beschlussvorlage, wonach der „Erlös zweckgebunden für ein künftiges Sozialbürgerhaus in Vaterstetten-Nordwest zu verwenden“ wäre. Dies sei ihm zu viel Festlegung auf ein Projekt, für das es noch keinen konkreten Zeitplan gebe. Vielleicht sei das Geld besser für die Unterstützung des aktuellen Seniorenzentrums zu verwenden oder für eine andere soziale Einrichtung, etwa ein neues Jugendzentrum.

Das von Willenberg angesprochene Sozialbürgerhaus könnte in einigen Jahren zusammen mit dem Wohngebiet an der Dorfstraße entstehen, kürzlich wurde der entsprechende Bauantrag beschlossen. Geplant sind insgesamt 152 günstige Wohnungen, Ladenflächen und eben das Sozialbürgerhaus. Noch unbekannt ist, ob die Gemeinde das Wohngebiet selber baut, was nach einer auch nicht mehr ganz aktuellen Schätzung rund 20,8 Millionen Euro kosten könnte. Voraussichtlich im Herbst soll der Gemeinderat darüber entscheiden.

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Für die 152 günstigen Wohnungen im Norden der Großgemeinde gibt es jetzt Baurecht – ob es auch Geld dafür gibt, ist noch offen.

Von Wieland Bögel

Dass es mit dem Wohngebiet und dem Sozialbürgerhaus noch etwas dauern wird, räumte auch der Bürgermeister ein. „Vaterstetten Nordwest wird frühestens 2028 kommen“, so Spitzauer, man könne die Entscheidung daher auch ein anderes Mal treffen. Ganz grundsätzlich halte er ein Sozialbürgerhaus im neuen Wohngebiet aber schon für sinnvoll, gerade wenn man den Zeitrahmen betrachtet: „Bis dahin sind wir wieder um ein paar 1000 Leute gewachsen, das sind zwei Anlaufstellen sicher nicht zu wenig“.

Gar keinen Verwendungszweck solle der Beschluss aber nicht enthalten, wandte SPD-Fraktionschef Josef Mittermeier: „Wegen der Zweckbindung halte ich eine klare Aussage für nötig.“ Dies müsse ja nicht explizit das geplante Sozialbürgerhaus sein, ergänzte seine Fraktionskollegin Zweite Bürgermeisterin Maria Wirnitzer „man kann es ja offen halten – aber die sozialen Zwecke sind schon wichtig“. Diese Formulierung könne er auch mittragen, so Willenberg, der entsprechend geänderte Beschluss wurde anschließend einstimmig angenommen.

Damit kann das Doppelhaus nun verkauft werden – und ein Teil der Einnahmen soll sogar gleich an eine soziale Einrichtung gehen. Denn, so kündigte es Spitzauer an, so lange das Geld nicht ausgegeben ist, werden sämtliche anfallende Zinsen dem aktuellen Seniorenzentrum zugutekommen.

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