Süddeutsche Zeitung

Vaterstetten:Schönheitskur für die Ortsmitte

Das Grundstück neben der Neufarner Kirche soll ein neues Wohngebiet werden

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Der Ortskern von Neufarn bietet derzeit ein etwas eigenwilliges Ensemble: Auf der einen Seite die Kirche St. Peter und Paul, das neugotische Gotteshaus stammt aus dem Jahr 1868 und steht unter Denkmalschutz. Direkt daneben eine etwas abgenutzt wirkende Gruppe von Gebäuden deutlich jüngeren Datums. Letztere sollen einer Neubausiedlung weichen, der Bauausschuss gab dazu nun sein Einverständnis. Neben dem Ortsbild könnten auch die Besucher von Kirche und Friedhof von dem Bauprojekt profitieren.

Dass das Grundstück an der Ecke Kirchenweg und Münchner Straße neu bebaut werden soll, hatte der Ausschuss schon vor mehr als einem Jahr beschlossen. Nun ging es um die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes im beschleunigten Verfahren. Konkret bedeutet das, dass lediglich das betreffende Grundstück überplant wird, und zwar gemäß den vom Bauwerber eingebrachten Plänen. Seitens der Verwaltung heißt es dazu, für die Nachbargrundstücke gebe es bereits Bebauungspläne, zudem seien die entweder bereits bebaut oder es sei davon auszugehen, dass dort "zunächst keine neue Bebauung erfolgen soll". Dass man das beschleunigte Verfahren - bei dem die Umweltprüfung entfällt - gewählt habe, liege an der Größe des Areals: Mit rund 3500 Quadratmeter ist es "deutlich" kleiner als die 20 000 Quadratmeter, ab denen ein reguläres Bebauungsplanverfahren nötig ist.

Im Ausschuss wurde auch vorgestellt, was auf dem Grundstück geplant ist. Insgesamt sollen 17 Wohneinheiten entstehen, außerdem eine Tiefgarage und ein oberirdischer Parkplatz entlang des Kirchenweges. Dieser soll dazu auch ausgebaut werden, die neuen Stellplätze sollen für die Friedhofsbesucher ebenfalls nutzbar sein. An der Südseite des Grundstücks, Richtung Münchner Straße, ist ein zweistöckiges Mehrparteienhaus mit insgesamt acht Wohneinheiten geplant. Direkt dahinter sollen vier Reihenhäuser entstehen, drei weitere und ein Doppelhaus dann in der dritten Reihe im Norden des Grundstücks.

In ihrer Höhe orientieren sich die Neubauten an der Umgebung, so gibt es südlich der Münchner Straße einige zwei- und dreistöckige Gebäude. Die geplanten Neubauten werden sogar noch ein Stück niedriger ausfallen als die Umgebungsbebauung, wie Karin Klos vom Bauamt auf Nachfrage von SPD-Gemeinderat Günter Lenz erläuterte. Der hatte auf den sensiblen Bereich neben Kirche und Friedhof verwiesen. Laut Plan sollen die Wandhöhen der Reihenhäuser etwa 6,3 Meter, beim Mehrfamilienhaus 6,5 Meter messen. Die Firsthöhen würden demnach zwischen etwa zehn und 11,3 Meter betragen - zwei Wohnungen des Mehrparteienhauses werden in einem unter dem Dach liegenden Geschoss untergebracht. Marina Ruoff (Grüne) stellte die Frage, warum nur auf dem Mehrfamilienhaus eine Solaranlage geplant sei. Dies sei nach Auskunft der Planer auch auf dem Reihenhäusern denkbar, das Energiekonzept sei aber noch nicht so weit, dass man sagen könnte, wo und wie weitere Dachflächen-PV-Anlagen realisierbar seien.

Stefan Ruoff (Grüne) und Renate Will (FDP) verwiesen auf die 2017 eingeführte sozialgerechten Bodennutzung (Sobon). Diese verpflichtet Bauwerber, die infolge einer Bauleitplanung einen Mehrwert haben, einen Teil des Profits an die Gemeinde abzuführen. Konkret geht es dabei um die Kompensation von Folgen eines Bauvorhabens, auf die auch Will nun Bezug nahm. Planerisch sei das neue Wohngebiet ja sehr gelungen, "aber wir brauchen dafür auch mehr Infrastruktur". Etwa in Form zusätzlicher Kitaplätze oder mehr Platz in den Schulen. Sobald die Planung final sei, werde die Gemeinde den Sobon-Anteil des Bauvorhabens ermitteln, so Bauamtsleiterin Brigitte Littke, und einen entsprechenden städtebaulichen Vertrag mit dem Bauwerber schließen. Sie machte aber auch klar, dass der Sobon-Anteil bei einem Grundstück, auf dem bereits Baurecht besteht, geringer ausfallen werde als bei einem Projekt "auf der grünen Wiese".

Stefan Ruoff wollte noch wissen, wie lange die Umsetzung dauert. Laut Littke sind für den Bebauungsplan ein bis eineinhalb Jahre vorgesehen - je nachdem, ob Auflagen des Denkmalschutzes kommen. Der Bauwerber habe sich schon verpflichtet binnen dreier Jahre nach Inkrafttreten des Bebauungsplans die Planung umzusetzen.

Ansonsten gab es viel Zuspruch für das Vorhaben. "Das passt sich sehr gut ein", lobte der Neufarner Josef Mittermeier (SPD). Benedikt Weber (CSU), der ebenfalls in dem Ort wohnt, fand auch viel Positives an dem Bauprojekt. Die Höhe und die Anordnung der Gebäude sei gelungen, es bleibe genug Abstand zur Kirche und die zusätzlichen Stellplätze seien ebenfalls gut: "Bei der Planung wurde mitgedacht." Eine Einschätzung, die man auch im Bauamt teilt, das Vorhaben beurteile man als "städtebaulich positiv", so Littke. Ohne Gegenstimmen wurde die Aufstellung des Bebauungsplanes beschlossen. Dritter Bürgermeister Roland Meier (FW) sagte noch: "Ich würde mir wünschen, dass wir für Vaterstetten auch mal so schöne Pläne vorgestellt bekämen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5330641
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.06.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.