Vaterstetten:Skandal um Wahllisten - AfD-Gemeinderat erstattet Anzeige

Vaterstetten: Vaterstettens Gemeinderat um Bürgermeister Georg Reitsberger im Sitzungssaal der Rathauses. Zwischen den Säulen hinten sitzt rechts Manfred Schmidt.

Vaterstettens Gemeinderat um Bürgermeister Georg Reitsberger im Sitzungssaal der Rathauses. Zwischen den Säulen hinten sitzt rechts Manfred Schmidt.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)
  • Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mitarbeiter der Vaterstettener Gemeindeverwaltung. Die Anzeige hat AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt erstattet.
  • Der Vorwurf: Verstoß gegen den Datenschutz beziehungsweise Verschwiegenheitspflichten.
  • Gegen Schmidt gibt es seit gut einer Woche Vorwürfe, er habe Personen auf die AfD-Wahllisten gesetzt, die gar nicht kandidieren wollten.
  • Zwölf Personen hatten rechtzeitig eine Verzichtserklärung abgegeben. Andere stehen weiter auf der Liste.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Im Fall der Vorwürfe gegen AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft - gegen Mitarbeiter der Vaterstettener Gemeindeverwaltung. Der Vorwurf lautet offenbar Verstoß gegen den Datenschutz beziehungsweise Verschwiegenheitspflichten. Hintergrund ist der fristgerechte Rückzug von zwölf Kandidaten von der AfD-Kreistags- und Gemeinderatsliste - andere hatten weniger Erfolg.

Gegen den Baldhamer Schmidt gibt es seit gut einer Woche Vorwürfe, er habe Personen auf die AfD-Wahllisten gesetzt, die gar nicht kandidieren wollten. Mehrere Betroffene - derzeit sind sieben Fälle bekannt - hatten sich an die Öffentlichkeit gewandt und erklärt, Schmidt habe sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu gebracht, ein Blanko-Formular zu unterschreiben. Angeblich ging es um Unterstützung für Schmidts eigene Kandidatur und für seine alte Liste Freie Bürgerunion (FBU), die es mittlerweile nicht mehr gibt.

Unter den unfreiwilligen AfD-Kandidaten sind eine 96-Jährige und ein Alzheimerpatient - und einige ältere Personen, die zuvor an einem Ausflug von Schmidts "Sozialstiftung" teilgenommen hatten. Erfahren hätten sie von ihrer Kandidatur erst nach der offiziellen Veröffentlichung der Listen. Da war es für einen Rückzug schon zu spät.

Nicht so für zwölf Personen, die noch rechtzeitig vor Fristende eine Verzichtserklärung im Vaterstettener Rathaus und im Ebersberger Landratsamt abgaben. Oft mit der Begründung, auch sie seien hereingelegt worden. Etwa indem sie dachten, eine Petition gegen den im Forst geplanten Windpark zu unterschreiben. Zumal habe auch hier Schmidt nie die AfD erwähnt. Und genau diese Fälle sind es offenbar, die Schmidt zu seiner Anzeige gegen Unbekannt - gemeint sind wohl Mitarbeiter der Gemeinde - bewogen hat.

Weder die Öffentlichkeit noch viele der potenziellen Kandidaten waren zur Nominierungsveranstaltung eingeladen

Wie aus für gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu erfahren ist, sei Schmidt nach dem fristgerechten Rückzug der Kandidaten im Rathaus vorstellig geworden und habe den Vorwurf erhoben, die Verwaltung habe Verschwiegenheitspflichten verletzt. Und um Verschwiegenheit hatte sich Schmidt bei der Listenaufstellung in der Tat bemüht. Weder die Öffentlichkeit noch viele der potenziellen Kandidaten waren zur Nominierungsveranstaltung eingeladen, was zwar legal, aber sehr ungewöhnlich ist. Beschlossen wurden die Listen von fünf wahlberechtigten Parteimitgliedern - zwei mehr als gesetzlich vorgeschrieben.

Wie aus üblicherweise vertrauenswürdigen Quellen zu erfahren ist, hat die Polizei bereits einige der zurückgezogenen Kandidaten befragt, um zu erfahren, ob sie tatsächlich "gewarnt" wurden - und von wem. Ob auch gegen Schmidt ermittelt wird, ist unbekannt. Die zuständige Staatsanwaltschaft München II bestätigt lediglich, dass "in der Sache" ein Ermittlungsverfahren läuft.

Gegen wen, könne aber derzeit nicht veröffentlicht werden. Mittlerweile haben sämtliche Parteien in Vaterstettens Gemeinderat Schmidt zum Rückzug aus der Politik aufgefordert, die AfD hat ein Parteiausschlussverfahren angekündigt. Auch die Kreisverbände der Freien Wähler und der SPD haben sich dieser Forderung angeschlossen und die Grünen rufen für diesen Donnerstag, 13. Februar, zu einer Demo unter dem Motto "Schämen Sie sich, Herr Schmidt" um 18.30 Uhr vor dem Rathaus auf. Der Angesprochene hat erklärt, sich bis auf weiteres nicht zur Sache äußern zu wollen, dies werde er auf der Gemeinderatssitzung tun, die ebenfalls an diesem Donnerstag stattfindet, Beginn ist um 19 Uhr.

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