Vaterstetten:Prominentensiedlung im Wandel

Einen Promi-Bonus für bauwillige Stars gibt es nicht, darauf ist man stolz in Vaterstetten. Doch nun sorgen Pläne des Musikproduzenten Harold Faltermeyer für Wirbel.

W. Bögel

Locker bebaute und dicht bewaldete Grundstücke prägten lange das Ortsbild der Gemeinde. Doch in den vergangenen Jahren sind diese grünen Oasen immer weniger geworden, auch in Vaterstetten schreitet die Verdichtung unaufhaltsam voran. Nun könnte auf einem der letzten großen Waldgrundstücke in der Gemeinde bald eine neue Siedlung entstehen.

Vaterstetten: Hinter diesem schmucken Eingangstor erstreckt sich südlich der B304 in Baldham das rund 60.000 Quadratmeter große Grundstück des bekannten Musikproduzenten Harold Faltermeyer. Seine Baupläne sorgen derzeit in der Gemeinde für Diskussionen.

Hinter diesem schmucken Eingangstor erstreckt sich südlich der B304 in Baldham das rund 60.000 Quadratmeter große Grundstück des bekannten Musikproduzenten Harold Faltermeyer. Seine Baupläne sorgen derzeit in der Gemeinde für Diskussionen.

(Foto: Christian Endt)

Manche Zitate sind so einprägsam, dass sie zu Markenzeichen werden. "Es gibt keinen Prominentenbonus aber es darf auch keinen Prominentenmalus geben," ist ein solches Zitat. Als vor sieben Jahren in der Großgemeinde ein Streit darüber entbrannte ob der Schauspieler Karlheinz Böhm auf seinem Grundstück in der Mozartsiedlung zusätzliche Häuser bauen dürfe, wurde dieser Satz quasi zur Standardaussage. Bürgermeister und CSU-Fraktion wurden nicht müde diese Worte immer wieder zu wiederholen um klarzustellen, dass die Verwaltung jeden Bürger ohne Ansehen von Rang und Namen gleich behandle.

Wie zur Bestätigung dieser Aussage wurde ein erster Antrag Böhms auch abgelehnt, da die Baugrenzen nicht eingehalten wurden. Nach langen Verhandlungen einigten sich Gemeinde und Bauwerber Böhm schließlich auf eine weniger dichte Bebauung: statt der ursprünglich geplanten sechs Häuser, wurden schließlich nur zwei gebaut. Dies zeige, dass es in Vaterstetten weder einen Prominentenbonus noch einen Prominentenmalus gebe, kommentierte damals der CSU-Fraktionsvorsitzende Michael Niebler den Beschluss des Bauausschusses mit dem inzwischen klassischen Satz.

Nun ist das berühmte Zitat wieder aufgetaucht, Bürgermeister Niedergesäß kommentierte damit, wie bereits vor sieben Jahren die Absicht eines prominenten Gemeindebürgers, sein großes Grundstück mit weiterer Wohnbebauung versehen. Die Familie des bekannten Musikproduzenten Harold Faltermeyer hat kürzlich bei der Gemeinde zusätzliches Baurecht beantragt. Das Grundstück der Familie liegt südlich der B 304 und damit ganz in der Nähe des Grundstückes von Karlheinz Böhm, und es ist mit etwa 60.000 Quadratmetern das größte in Vaterstetten. Bislang ist das Grundstück weitgehend unbebaut und größtenteils mit Wald bestanden. Da das Gebiet als Außenbereich gilt, wo nicht gebaut werden darf, soll nun ein Bebauungsplan für den Bereich westlich der Erika-Köth- Straße erstellt werden.

Doch auch wenn die Situation auf den ersten Blick an die Kontroverse um Karlheinz Böhm erinnert, gibt es doch Unterschiede. Denn im Gegensatz zum eng umrissenen Bauvorhaben Böhms, wo es lediglich um die Zahl und die Anordnung der Häuser ging, ist ungewiss, wie groß und wie dicht die Bebauung auf dem Faltermeyer-Grundstück ausfallen wird. Offiziell heißt es, dass dort lediglich ein weiteres Haus entstehen soll. Doch eine Skizze, welche von der Familie Faltermeier erstellt wurde, sorgte im Bauausschuss für Aufsehen und Kritik. Denn dieser Plan zeigt den Entwurf einer ganzen Siedlung mit zahlreichen Häusern und neuen Straßen mit einer Anbindung an die Erika-Köth-Straße. Besonders die dafür notwendige großflächige Rodung stieß im Ausschuss auf Widerspruch.

Im Rathaus bemüht man sich, die Befürchtungen zu zerstreuen. Bürgermeister Niedergesäß erklärte, "der gegenwärtige Charakter des Gebietes soll erhalten bleiben". Allenfalls eine "minimale Erweiterung" sei geplant, keinesfalls werde südlich der Bundesstraße eine neue Wohnsiedlung entstehen. Es sei "das legitime Anliegen jedes Bauwerbers, egal wie er heißt" ein zusätzliches Haus zu bauen, damit die ganze Familie auf dem Grundstück wohnen könne, meint Niedergesäß. Bei dem im Ausschuss präsentierten Plan handele es sich lediglich um einen groben Entwurf des Eigentümers. "Das wird nicht eins zu eins umgesetzt, und die Häuser kommen auch nicht alle auf einmal" versicherte der Bürgermeister. Er bestätigte damit allerdings die Absicht der Faltermeiers, mehr als nur ein einzelnes zusätzliches Gebäude errichten zu wollen.

Viele Filmleute und Sternchen

Und diese Häuser könnten nicht nicht die einzigen bleiben, die in dem Gebiet neu entstehen. Denn eine Änderung des Baurechts beträfe auch alle anderen Grundstücke westlich der Erika-Köth-Straße. Wie überall in der Mozartsiedlung sind die Grundstücke dort sehr groß, nur locker bebaut und böten genug Platz für zusätzliche Häuser. Für den östlichen Teil der Siedlung werden zur Zeit bereits neue Bebauungspläne erstellt, dass nun auch das Baurecht für das westliche Gebiet geändert werden soll, falle eher zufällig mit der Anfrage der Faltermeiers zusammen, meint Niedergesäß.

Der SPD-Gemeinderat Josef Mittermeier kann dem allerdings nicht zustimmen. "Die plötzliche Dynamik ist eigenartig und die Folgen sind schwer zu beurteilen." Plötzlich solle ein Bauleitverfahren eingeleitet werden, wundert sich Mittermeier, ohne dass zuvor ausreichend diskutiert worden sei, wie die künftige Struktur der Siedlung aussehen solle. "Zur Zeit ist völlig offen, was da kommt" meint Mittermeier.

Dagegen betont Niedergesäß, bei der Bauleitplanung handele es sich lediglich um eine Formalität: "Das ist nur der letzte Mosaikstein bei der Neuregelung des Baurechts östlich der Bundesstraße." Der bisherige Bebauungsplan stammt aus einer Zeit, als das Gebiet noch "Kolonie Baldham" hieß, und zur Gemeinde Zorneding gehörte. Claus Ortner von der Kulturhistorischen Sammlung kennt die Geschichte des Ortsteils im Süden der Bundesstraße, der in den 1960er Jahren entstanden ist. "Im Baldham der Nachkriegszeit haben bereits viele Filmleute und sonstige Sternchen gewohnt", erklärt Ortner. Um weitere Prominenz anzulocken, wurde in den 1960er Jahren die Siedlung im Wald rund um den Mozartring ausgewiesen.

Ortner vermutet, dass dies auf eine Idee von August Baron von Finck zurückging, der damals in Möschenfeld wohnte. "Finck wollte wohl keine hochverdichtete Zone in seinem Umfeld," so Ortner. Deshalb sollte eine sehr großzügige Anlage mit Grundstücken nicht unter 1400 Quadratmetern sicherstellen, dass die Baldhamer Prominenz standesgemäß logieren und auch der Baron sich mit seinesgleichen umgeben konnte. "Doch das ist alles ein wenig spekulativ", meint Ortner.

Denn die genauen Umstände um die Entstehung der Siedlung liegen im Dunkeln: Als im Zuge der Gebietsreform die Kolonie Baldham der Gemeinde Vaterstetten zugeschlagen wurde, verschwanden die entsprechenden Unterlagen aus dem Zornedinger Archiv und sind nie wieder aufgetaucht. Doch auch ohne genau dokumentierte Geschichte wurde die Mozartsiedlung ein Erfolg, so Ortner. "In den 1970er Jahren kam die Sache richtig in Schwung." Bekannte Künstler wie der Dirigent Karl Böhm oder die Sängerin Erika Köth ließen sich dort nieder.

Nun könnten bald wieder Neuankömmlinge in der Mozartsiedlung zu erwarten sein. Es bleibt offen, ob es sich um so illustre Bewohner, wie vor drei Jahrzehnten handelt, oder ob im Süden der Bundesstraße genau die hochverdichtete Bebauung entsteht, die August von Finck damals zu verhindern gewusst hat. Betrachtet man die Grundstückspreis, dürfte aber langfristig diese Entwicklung nicht aufzuhalten sein, der Baron wäre sicher nicht erfreut.

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