Vaterstetten:Polizeirevier wird zur Herberge

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Vaterstetten übernimmt den Containerbau der ehemaligen Wache am Rathaus. Dort sollen Obdachlose untergebracht werden

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Wer bisher in dem Containerbau neben dem Vaterstettener Rathaus übernachten musste, hätte darauf wohl lieber verzichtet. Denn bis vor einigen Wochen war in dem Gebäude an der Möschenfelder Straße ein Außenposten der Poinger Polizeiinspektion untergebracht - eine Übernachtung war also nur in der Arrestzelle möglich. Doch nun sollen statt Übeltäter bald Menschen in Not dort übernachten, die Gemeinde Vaterstetten will die ehemalige Wachstube zu einer Unterkunft für Obdachlose umbauen.

Es war ein großer Aufreger in der Großgemeinde, als das zuständige Polizeipräsidium Oberbayern Nord vor drei Jahren ankündigte, die seit 1988 bestehende Polizeistation in Vaterstetten aufgeben zu wollen. Viele Gemeinderäte, der damalige Bürgermeister Robert Niedergesäß und die frühere stellvertretende Ministerpräsidentin Christa Stewens (beide CSU) wandten sich ans Innenministerium, um die Schließung der Station zu verhindern. Was allerdings nur teilweise erfolgreich war: Zwar wurde die Station nicht geschlossen, aber zu einer Wache mit deutlich weniger Personal und kürzeren Öffnungszeiten herabgestuft. Anfang dieses Jahres erklärte der Leiter der Poinger Inspektion, Helmut Hintereder, dann im Vaterstettener Gemeinderat, dass es aus organisatorischen Gründen sinnvoller sei, die in der Großgemeinde verbliebenen beiden Beamten nach Poing zu verlegen. Diese könnten nämlich im Notfall ohnehin nicht ausrücken, da sie ja die Wache bewachen müssten, fehlten aber gleichzeitig in Poing. Der Gemeinderat stimmte dem Vorschlag zu und zum 1. Oktober wurde die Wache schließlich aufgelöst.

Inzwischen hat man sich in Vaterstetten offenbar nicht nur mit dem Ende der Polizeipräsenz abgefunden, sondern profitiert sogar davon. Zwar sind die Polizisten samt Büroausrüstung in die Nachbargemeinde umgezogen, das Containergebäude steht aber nach wie vor neben dem Rathaus - und das soll auch so bleiben, wie Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU) nun im Gemeinderat erklärte. Denn Vaterstetten habe sich, als man die Fläche vor 28 Jahren an das Polizeipräsidium verpachtete, zwar vertraglich zusichern lassen, dass das Grundstück nach Ende der Nutzung zu räumen ist. Von dieser Verpflichtung könne man die Polizei aber entbinden und komme so mit wenig Aufwand und Kosten zu einer neuen Obdachlosenunterkunft.

Bis zu 14 Personen können in der ehemaligen Wache einmal unterkommen, die Umbauten seien überschaubar, wie Ralf Schloemilch vom Bauamt auf Nachfrage von Herbert Uhl (FW) erläuterte. "Das wird natürlich nicht luxuriös ausgebaut", ein paar Wände müssten eingezogen und die Zelle entfernt werden, die Sanitäranlagen seien zum Teil schon vorhanden und müssten lediglich etwas erweitert werden. Im Bauamt schätzt man die Kosten für die Umgestaltung auf etwa 20 000 Euro.

Nötig wird die neue Unterkunft gleich aus mehreren Gründen. Zum einen sind die Tage des alten Obdachlosenheims neben dem Bauhof am Föhrenweg gezählt. Dort soll in den kommenden Monaten endlich die seit zwei Jahren geplante Flüchtlingsunterkunft mit 100 Plätzen entstehen. Zwar soll es dort dann auch acht Schlafplätze für Obdachlose geben, aber für die Zeit zwischen dem Abriss der alten und dem Bau der neuen Unterkunft braucht die Gemeinde ein Ausweichquartier. Und auch nach der Errichtung der neuen Unterkunft könnte es nötig werden, dass Vaterstetten die ehemaligen Polizeicontainer weiter für Obdachlose nutzen muss, so Wagner. Denn die Kommunen sind auch für die Unterbringung von anerkannten Asylbewerbern zuständig, bis diese eine andere Bleibe gefunden haben.

Der Gemeinderat befürwortete einstimmig die Übernahme und den Umbau der ehemaligen Polizeicontainer. Jo Neunert (SPD) stellte dennoch die Frage nach eventuellen finanziellen Folgekosten, und ob man nicht vielleicht einen Anteil späterer Abrisskosten vom Freistaat einfordern könne. Dies sei eher unwahrscheinlich, so Schloemilch, "die Polizei will es los haben", also entweder sofort für den Abriss bezahlen, oder die Container der Gemeinde schenken. Wobei es sich dabei um kein ganz wertloses Geschenk handele. Die Verwaltung habe sich nach den finanziellen Folgen eines Abrisses erkundigt, so Schloemilch: "wir würden die Container im Moment sogar gut verkaufen können."

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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