Süddeutsche Zeitung

Vaterstetten:Ex-Gemeinderat stellt Petition an bayerischen Landtag

Der Fall Schmidt erreicht neue Dimensionen. Ziel ist nun ein Gesetz, das "Täuschung und Nötigung zur Herbeiführung einer Unterschrift" bei der Kandidatur für Wahlen unter Strafe stellt.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Der frühere Grünen-Gemeinderat Robert Winkler fordert vom Gesetzgeber, Konsequenzen aus der Vaterstettener AfD-Affäre zu ziehen. Wie berichtet, wird AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt verdächtigt, Personen ohne deren Wissen als Kandidaten auf die Wahllisten für Kreistag und Gemeinderat gesetzt zu haben. Wie mehrere Betroffene berichten, habe Schmidt sie ein Blanko-Formular unterschreiben lassen und erklärt, damit unterstützten sie seine eigene Kandidatur. Anderen sei erzählt worden, es handele sich um eine Petition gegen den geplanten Windpark im Ebersberger Forst. Laut dem Juristen Winkler ist dieses Vorgehen allerdings derzeit nicht strafbar, ja es sei nicht einmal eine Ordnungswidrigkeit, Leuten Formulare für ihre Kandidatur unterzujubeln.

Was man im Vaterstettener Rathaus und im Landratsamt bestätigt. Denn zwar werden dort die eingereichten Wahllisten geprüft - aber eben nur auf ihre formelle Richtigkeit. Also etwa darauf, ob eine Unterschrift vorhanden ist und nicht, wie diese zustande kam. Alles andere, so teilte es das Landratsamt mit, wäre ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht der Behörde. Und genau hier sieht Winkler Verbesserungsbedarf. Er fordert in seiner Petition an den Landtag, dass dieser die Bayerische Staatsregierung auffordert, eine entsprechende Bundesratsinitiative einzubringen. Ziel wäre ein neues Gesetz, das "Täuschung und Nötigung zur Herbeiführung einer Unterschrift unter die Kandidatur bei Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, im Bund, in den Ländern und in kommunalen Gebietskörperschaften unter Strafe stellt".

Als Grund für ein solches Gesetz führt Winkler an, dass die Folgen für die Betroffenen erheblich seien. Er verweist etwa auf die Personen in Vaterstetten, die zu spät erfuhren, dass sie auf den Listen stehen und nun für die AfD kandidieren müssen: "Angesichts des zum Teil hohen Lebensalters wird vermutlich eine stark belastende Beunruhigung damit einhergegangen sein, ungewollt zum Gegenstand der Berichterstattung und von Vorhaltungen geworden zu sein." Daneben sieht Winkler auch die Gefahr, "dass Kernprozesse unserer Demokratie durch solches Vorgehen in Misskredit geraten".

Neben dem neuen Gesetz könnte laut Winkler auch eine neue "Schutzvorschrift" in die Wahlordnung für Gemeinden und Landkreise eingeführt werden: Kandidaten sollen demnach nach einer Aufstellungsversammlung über ihre Kandidatur informiert werden müssen. Dies ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass die AfD viele der Kandidaten nicht zur Nominierungsveranstaltung eingeladen hatte und auch die Listen erst veröffentlicht hat, als es für einen Rückzug schon zu spät war. "Eine entsprechende Verpflichtung sollte dann allerdings auch bußgeldbewehrt sein", so Winkler weiter, "da ansonsten zu befürchten ist, dass sie bei 'Hartgesottenen' ins Leere läuft".

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SZ vom 19.02.2020/koei
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