Vaterstetten:Kathedralenbau in Baldham

Vaterstetten: Bläserquartett in der Petrikirche: Robert Hilz und Christian Bühn, Trompeten, sowie Elmar Spier und Max Eisenhut, Posaunen.

Bläserquartett in der Petrikirche: Robert Hilz und Christian Bühn, Trompeten, sowie Elmar Spier und Max Eisenhut, Posaunen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein Bläserquartett von großer Klasse weitet bei Bach & More den Raum von Klang und Phantasie

Von Ulrich Pfaffenberger, Baldham

Die in die Tage gekommene Orgel in der evangelischen Petrikirche zu Baldham ist, das räumt auch Matthias Gerstner freimütig ein, alles andere als eine "Königin der Instrumente". Eine Gräfin vielleicht, mit gelegentlichen, vom Stück abhängigen Ausreißern Richtung Fürstin. Gleichwohl finden sich konzertante Konstellationen, bei denen diese klangliche Bescheidenheit zum Vorteil gereicht. Am Sonntagabend, im Rahmen der Reihe "Bach & More" war dies der Fall. Gerstner hatte sich das Bläserquartett des Staatstheaters am Gärtnerplatz eingeladen, um Festmusik aus der Zeit von Bach, Händel, Clarke und Stanley aufzuführen.

Bei dieser Gelegenheit, und in seinen Händen, erwies sich das kleine Instrument nicht nur als passende Begleiterin der Posaunen und Trompeten; es gab dem Klang des Konzerts auch jene Feinheit, die dem kompakten Kirchenraum dort angemessen ist. Mit mehreren Solostücken trat Gerstner den Nachweis an, wie die Hände und Füße eines Könners und Kenners auch einem Instrument von niederem Adel die Krone aufsetzen. Insbesondere bei Buxtehudes Toccata in F-Dur entfaltete die Orgel ihre Anmut und Schönheit.

Als wahres Vergnügen erwies sich für das, leider nur zur Hälfte besetzte, Auditorium die herausragende Klasse der Bläser. Robert Hilz und Christian Bühn mit ihren Trompeten sowie Elmar Spier und Max Eisenhut mit ihren Posaunen. Ihr Auftritt war mehr als das, was man "perfekt aufeinander eingespielt" bezeichnet. Es war eine aus jener raren, aus dem souveränen Musizieren geborenen Gelegenheiten, bei denen eine Gruppe so klingt, als wäre sie ein einziges Instrument - die Entsprechung zur Orgel also. Ohne künstliche Emphase, dafür mit dem Fingerspitzengefühl von Skulpteuren modellierten sie Klangbilder von solcher Reinheit und Stärke, dass sich in ihnen der Raum vervielfachte, in dem sich die Hörer bewegen durften. Was dem Baumeister der Kirche versagt war, ihnen gelang es: eine Kathedrale zu errichten.

Die "Canzona La Negrona" von Pietro Lappi geriet diesem Quartett so transparent und durchlässig, wie man es sich nur wünschen kann. Ein vertikaler Aufbau von Sphären und Linien wie an einem von Tiepolo gemalten Himmel war das. Höchst kunstvoll auch das Innehalten der Zeit in den winzigen Fermaten der Sonata aus "Hora Dezima" von Johann Pezel, ein Hauch von Nachdenklichkeit, das Kraftschöpfen vor dem Aufbruch in ein neues Geflecht von Melodie und Kontrapunkt. Geistreich und ein Geschenk an die wahren Liebhaber des Miteinander von Bläsern und Orgel war der abschließende March Triomphale über "Nun danket alle Gott" von Sigfrid Karg-Ebert, dem einzigen nachgeborenen Komponisten der Epoche. Doch was sind schon 200 Jahre, wenn sich die Modernität einflicht in eine unvergängliche Tradition festlichen Jubels?

Ein kleines Gespräch am Rande des Konzerts sei hier auch noch Anlass für eine Frage der konzertanten Etikette. Ja, es ist erlaubt, auch im Kirchenraum mehrfach zu applaudieren, sprich: nach einzelnen Stücken, wenn diese des Beifalls würdig erscheinen. Hier ist häufig eine merkwürdige Scheu zu beobachten. Dazu folgendes: Bei musikalischen Anlässen außerhalb des kirchlichen Ritus fällt derlei weder in die Kategorie "profan" noch "Sündenfall". Denn wenn dem Papst das bunte Geschrei auf dem Petersplatz während der Audienz nicht missfällt, wird sich auch der Herrgott an einem Klatschen erfreuen, das von Herzen kommt. Immerhin gab es davon am Ende reichlich, ehrlich und von Freude getragen.

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