Vaterstetten/Haar:Luft im Klassenzimmer

Haar spricht sich für Realschulneubau in Gronsdorf aus. Das würde die überfüllte Schule in Vaterstetten deutlich entlasten

Von Bernhard Lohr, Vaterstetten/Haar

Der Haarer Gemeinderat hat zwar am Dienstagabend sein Bekenntnis für einen Schulcampus in der Gemeinde an klare Bedingungen geknüpft, dennoch deutet vieles darauf hin, dass eine Realschule sowie die Fach- und Berufsoberschule (FOS/BOS) am S-Bahnhof im Ortsteil Gronsdorf gebaut werden. Von hier sind es nur drei Stationen zum S-Bahnhof in Baldham und der Realschule Vaterstetten, die aktuell durch einen Zweckverband der Landkreise Ebersberg und München sowie den Gemeinden Haar und Grasbrunn finanziert wird. Ob man diesen im Falle eines Neubaus verlassen kann, ist noch ungewiss. Der Münchner Landrat Christoph Göbel (CSU) sprach dennoch von einem ökonomisch und pädagogisch absolut "sinnvollem" Campus-Projekt und bewertete am Mittwoch nach monatelangem Ringen um die Finanzierung der Schulbauten und die Standortfrage die in Haar gefassten Beschlüsse als Befreiungsschlag. Die Gemeinde und der Kreis München hätten erklärt, den Campus zu wollen.

Dass Göbel solch ein positives Fazit zieht, war nicht unbedingt zu erwarten. Schließlich hatte der Schulausschuss des Kreistags die Gemeinde in Anbetracht der sich hinziehenden Debatte Anfang Mai aufgefordert, "verbindlich zu entscheiden", ob sie den Campus wolle oder nicht. Verbunden wurde das mit der Aussage, mit Feldkirchen, Aschheim oder Kirchheim über einen alternativen Standort für die FOS/BOS zu reden. Noch vor der Sommerpause sollen sich die Münchner Kreisräte mit dem Campus in Gronsdorf befassen.

Dass dieser im Fall des Falles dort entsteht, ist so gut wie sicher. Der Gemeinderat sprach sich einstimmig für Gronsdorf aus. Göbel sagte, er stehe bereits in Kaufverhandlungen mit der Stadt München, die in Gronsdorf ein 13 Hektar großes Grundstück besitzt. Sollte das Areal über die sogenannte Nordtangente an der Bahn verkehrlich erschlossen werden können, wonach es jetzt wieder aussieht, sollen dort nach dem Willen der Stadt außer Schulen auch in großem Stil Wohnhäuser entstehen. Ein Verkehrsgutachten hat unabhängig davon soeben bestätigt, dass der Schulcampus auch ohne Nordtangente möglich wäre. Die Stadt München, sagt Göbel, sei zudem bereit, zunächst isoliert über den Verkauf des Schulgrundstücks zu reden. Münchens OB Dieter Reiter (SPD) sei sehr kooperationsbereit.

Als eher schwierig galt bisher wegen der Differenzen über die Finanzierung der Realschule das Verhältnis zwischen Landkreis und Gemeinde. Haar kritisiert die Zweckvereinbarungs-Regelung im Landkreis, derzufolge die Gemeinde 70 Prozent der Kosten für den Realschulbau zu übernehmen hat. Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) warnte deshalb am Dienstag wiederholt davor, die Gemeinde mit dem Projekt in finanzielle Nöte zu stürzen. Haars Schulden würden wegen Investitionen in eine Grundschule und in sozialen Wohnungsbau bis Ende 2018 ohnehin auf 12,4 Millionen Euro steigen. Die Finanzkraft der Gemeinde sei unterdurchschnittlich, eine Belastung in Höhe von jährlich 700 000 Euro etwa durch einen Realschulbau nur schwer zu schultern. Spürbare Einschnitte in die Lebensqualität am Ort drohten, dazu höhere Gebühren und Steuern.

Die Haarer CSU, die der SPD zuletzt Blockade vorgeworfen hatte, überraschte am Dienstag mit einem Antrag, in dem sie ihrerseits das Campus-Projekt von Finanzierungszusagen des Landkreises und einer "vertraglich" abgesicherten Beteiligung der Stadt München am Realschulbau abhängig machte. Die Kosten dürften für Haar 15 Millionen Euro nicht übersteigen. Das ging selbst Bürgermeisterin Müller zu weit. Der Gemeinderat beschloss, dass von Landrat Göbel getroffene Zusagen, der Landkreis könne die Kosten für die von FOS/BOS wie Realschule gemeinsam zu nutzende Mensa und Sportanlagen voll übernehmen, vom Kreistag bestätigt werden müssten. Erst dann könne Haar weitere Entscheidungen treffen. Landrat Göbel zeigte sich zuversichtlich, dass der Landkreis und die Gemeinde innerhalb einer Frist von sechs Monaten Lösungen finden. Es geht um "Pragmatismus und nicht um Glaubensfragen".

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