Dass der Verkehr ein Problem ist, darüber ist man sich in den beiden Nachbargemeinden Vaterstetten und Haar einig. Nicht zuletzt sind beide Mitglied der sogenannten Ostallianz, einem Zusammenschluss von Kommunen aus den Landkreisen Ebersberg, München und Erding sowie der Münchner Stadtbezirke Bogenhausen und Trudering-Riem. Unter dem Motto „gemeinsam weiter denken“ will man Ansätze entwickeln, wie sich die Verkehrsbelastung im Münchner Osten senken lässt. In Vaterstetten hat man nun eine Ursache für deren Ansteigen ausgemacht: ein Projekt des Allianz-Partners Haar.
Dieser plant schon länger ein neues Gewerbegebiet im Osten der Gemeinde an der B304, im Jahr 2023 stieg man in die Änderung des Flächennutzungsplanes ein. Hintergrund ist auch, so erklärte es kürzlich Andreas Bukowski (CSU), dass es in Haar bislang eigentlich kein „echtes“ Gewerbegebiet gebe. Denn zwar gibt es einige Gewerbebauten – meist Bürogebäude – aber diese liegen verstreut über das gesamte Gemeindegebiet. Was fehle, so der Bürgermeister, seien Flächen für Produktionshallen – wie sie beispielsweise der Raketenbauer Isar Aerospace bauen will, der sich wohl auch darum gegen Haar und für Vaterstetten entschieden hat.

Haar:Ein „Business-Campus“ auf der Finckwiese
Bürgermeister Andreas Bukowski hält die Gewerbeplanungen im Osten der Gemeinde für „alternativlos“. Für eine Zufahrt soll Bannwald weichen.
So eine Gelegenheit will man sich in Haar in Zukunft nicht mehr entgehen lassen, darum soll nun auf der sogenannten Finckwiese, östlich der B471 und südlich der B304 auf mehr als acht Hektar ein Gewerbegebiet entstehen, wo sich auch größere Bauten umsetzen lassen. Die Zufahrt soll über zwei Straßen erfolgen, die von der B304 abzweigen, eine gegenüber der Flur- und eine gegenüber der Waldstraße.
In einem zukünftigen Bauabschnitt – der allerdings nicht Teil des aktuellen Verfahrens ist – sollen südlich des Gewerbes noch etwa 380 Wohnungen entstehen, so dass in dem Areal insgesamt rund 13 Hektar neu bebaut werden. Hier soll die Zufahrt ebenfalls über die neuen Abzweige an der B304 erfolgen, zwei weitere sind als Verlängerung der Tannenhof- und Fichtenstraße im Bereich Forsthausstraße geplant.
Vaterstetten befürchtet Ausweichverkehr bei Stau auf der A99 oder der B304
In Vaterstetten, so nun Bauamtsleiterin Brigitte Littke, habe man „noch Fragen zum Verkehr“. Zwar sieht man die beiden Anbindungen zur B304, sogenannte Vollknoten, die möglicherweise auch mit Ampeln versehen werden sollen, weitgehend unkritisch. Hier „ergibt sich daraus gemäß den Unterlagen keine Verschlechterung der Qualitätsstufen“, heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung.
Wohl aber könnte es Verschlechterungen innerhalb des Vaterstettener Gebietes geben, befürchtet man im Rathaus. Dann nämlich, wenn es auf der B304 oder der A99 zu Stau komme und ein Teil des Verkehrs – gerechnet wird mit etwa 3600 zusätzlichen Fahrten pro Tag – dann Ausweichrouten durch die Großgemeinde nehme. So könnte der Autobahn-Ausweichverkehr etwa über die parallel zur A 99 verlaufenden Karl-Böhm-Straße in Baldham und die Möschenfelder Straße in Vaterstetten fließen.
Wer sich auskennt, kann eine Abkürzung durch Vaterstetten nehmen
Dies könnte laut Bauamt eine Überlastung der beiden Kreuzungen zur B304 haben. Des weiteren hält man auch einen Abkürzungsverkehr innerorts für möglich: Wer auf der Möschenfelder Straße von Norden kommt, kann nach der Bahnunterführung am Luitpoldring abbiegen und weiter über die Grasbrunner Bahnhofstraße eventuelle Staus auf der B304 umfahren.
Wie Littke weiter ausführte, habe man ähnliche Bedenken bereits 2016 geäußert, als die Gemeinde Haar an der gleichen Stelle ein Forschungs- und Entwicklungszentrum plante. Da es nie umgesetzt wurde, gab es auch keine Antwort darauf. Nun wird die Frage erneuert, konkret sollen die Haarer ein Verkehrsgutachten vorlegen, „welches die Folgen für die Gemeinde Vaterstetten abschätzt und nachfolgende Fragen hinsichtlich der Verkehrsflüsse beantwortet“.
Der Ausschuss stimmte dieser Forderung ohne Diskussion und ohne Gegenstimmen zu. Denn auch hier herrscht große Einigkeit darüber, dass der Verkehr im Münchner Osten ein Problem ist.