Gut ein Jahr ist es her, da wurde am künftigen Bohrplatz des interkommunalen Geothermieprojekts in Vaterstetten das erste Mal gebaggert. Allerdings wurde damals auf dem Grundstück neben der Kreisstraße 17 noch nicht die Erdwärmebohrung vorbereitet, sondern der Boden auf archäologische Schätze hin untersucht. Gefunden hat man damals keine und deshalb wird in den kommenden Wochen erneut der Bagger anrücken – und diesmal hat das wirklich mit der Suche nach Erdwärme zu tun.
Denn, wie Tobias Aschwer, Vaterstettens Umweltamtsleiter und einer der beiden Geschäftsführer der Geo Energie München Ost (Gemo), kürzlich im Gemeinderat erläuterte, soll noch in diesem Frühjahr der Oberboden auf dem Bohrareal abgetragen werden. Dies kann wegen der Vorgaben zur Vogelbrutzeit nur bis Ende März erfolgen und ist die Voraussetzung dafür, dass mit der eigentlichen Bohrung begonnen werden kann.

Interkommunales Geothermieprojekt:Erst Tinte, dann Tiefenwasser
Die Gemeinden Vaterstetten, Grasbrunn, Haar und Zorneding gründen eine gemeinsame Fördergesellschaft für Erdwärme. Dafür, dass diese dann in die Häuser kommt, ist jede Kommune selbst zuständig.
Laut Aschwer ist geplant, dass heuer im Herbst oder Winter der Bohrplatz gebaut wird. Neben der eigentlichen Förderanlage geht es auch um die Erschließung, neben den nötigen Zufahrten und dem Stromanschluss ist hier vor allem eine ausreichende Versorgung mit Frischwasser nötig, das für die sogenannte Spülung während der Bohrphase gebraucht wird.
Voraussichtlich im Juni dieses Jahres soll die Bohrung ausgeschrieben und zum Jahresende vergeben werden. Die eigentliche Bohrung soll dann voraussichtlich im Frühjahr 2026 beginnen, sollte diese erfolgreich sein, könnten von der zweiten Jahreshälfte 2027 an bereits die Nahwärmenetze der beteiligten Kommunen, neben Vaterstetten noch Haar, Grasbrunn und Zorneding, an die Geothermie angeschlossen werden.
Vor mehr als zehn Jahren war ein erstes Geothermieprojekt gescheitert, doch die Voraussetzungen sind heute anders
Derzeit ist die Gemo, die zu 45 Prozent der Gemeinde Vaterstetten, zu 25 Grasbrunn, zu 20 Prozent der Stadt Haar und zu zehn Prozent Zorneding gehört, noch in Verhandlungen um eine sogenannte Fündigkeitsversicherung. Aktuell sei man mit der MunichRE im Gespräch, so Aschwer, der Konzern biete derzeit als einzige Firma eine solche Versicherung an – und auch nur für Projekte in der Region München, wo die Chancen auf ausreichend heißes Wasser zu stoßen, sehr gut sind.
Im Gegensatz zum ersten Anlauf von drei der nun auch beteiligten Gemeinden ein interkommunales Geothermieprojekt auf die Beine zu stellen, stehen die Chancen auf eine Versicherung laut Aschwer diesmal durchaus günstig. Im Jahr 2014 war das Vorhaben an genau dieser Frage gescheitert – allerdings hatten die Kommunen da auch die Bohrung an einen Investor gegeben, der dann ausstieg, weil er keine Versicherung fand.

Vaterstetten/Grasbrunn:Geothermie ist gescheitert
Nachdem es ihm nicht gelungen ist, eine Versicherung für die 25 Millionen Euro teure Bohrung abzuschließen, steigt der Investor aus dem Erdwärmeprojekt für Vaterstetten, Grasbrunn und Zorneding aus.
Dieses Szenario droht aktuell eben schon darum nicht, weil die vier Kommunen selbst für die Bohrung und im Erfolgsfall auch für den Betrieb der Förderanlage zuständig sind. Darüber, wie teuer eine solche sei, wollte die Verwaltung in öffentlicher Sitzung keine Auskunft geben. Was die Bohrung und den Aufbau der Förderstation betrifft, dazu gibt es Zahlen: Etwa 50 Millionen Euro wird dies kosten. Aschwer merkte auch an, dass längst nicht alle Geothermieprojekte in der Region eine Fündigkeitsversicherung abschlössen.
Ein Gutachten bescheinigt dem Vorhaben eine gute Chance auf Erfolg
Selbst ohne Versicherung werde die Gemo und damit die ihr angehörigen vier Kommunen nicht auf sämtlichen Kosten sitzen bleiben. Wie Josef Mittermeier (SPD) anmerkte, habe man ja vom Bund und „der viel gescholtenen Ampel“ eine Zusage über 18,5 Millionen Euro Fördergeld erhalten. Selbst wenn die Bohrung – diese allein soll rund 15 Millionen Euro kosten – scheitern sollte, würden 40 Prozent dieser Summe fließen.
Wobei dies einem Ende 2023 vorgestellten Gutachten zufolge ohnehin unwahrscheinlich ist. Demnach ist mit einer Wassertemperatur von 95 Grad Celsius und einer förderbaren Menge von 114 Litern pro Sekunde und einer thermischen Leistung von 21 Megawatt zu rechnen. Dies sei genug, um die Nahwärmenetze in den vier Kommunen zu versorgen.

Energiewende im Landkreis Ebersberg:Fördergeld für Erdwärme
Das interkommunale Geothermieprojekt von Vaterstetten, Haar, Grasbrunn und Zorneding bekommt 18,5 Millionen Euro vom Bund. Außerdem gibt es 9,5 Millionen Euro für den Netzausbau in der Großgemeinde.
Diese befinden sich ohnehin noch in sehr unterschiedlichen Ausbaustadien. In Vaterstetten, wo in den vergangenen Jahren bestehende kleinere Netze zusammengelegt und seit 2017 vom Heizkraftwerk am Sportzentrum versorgt werden, steht wohl der größte Ausbau an. Denn das Vaterstettener Wärmenetz ist entscheidend für die Versorgung der Nachbarn, diese soll über eine neue Ringleitung geschehen, die im Westen im Bereich Bahnhofstraße, im Osten unter oder entlang der Karl-Böhm-Straße verlaufen könnte. Ausgehend von diesem Rückgrat der Wärmeversorgung würden nach und nach auch die Wohngebiete erschlossen. Die Vaterstettener Gemeindewerke haben dafür bereits eine Förderzusage über 9,5 Millionen Euro vom Bundeswirtschaftsministerium.
Auch in Haar wird in den kommenden Jahren groß gebuddelt. Erst im Dezember wurden entsprechende Pläne vorgestellt. Die sehen vor, zwei bereits vorhandene Netze – jenes des Bezirkskrankenhauses, wo auch die Verbindung zur Förderstation abzweigen wird, und ein weiteres im Ortsteil Eglfing – zunächst zu verbinden. Entlang dieser Leitung sollen große Verbraucher, etwa Rat- und Bürgerhaus, das Jagdfeld und eventuell das südlich der 304 geplante Gewerbegebiet liegen. Wie in Vaterstetten sollen auch in Haar von der Ringleitung ausgehend, die Wohngebiete versorgt werden.
In Zorneding dagegen wurde erst im vergangenen Sommer der Beschluss für den Ausbau eines Wärmenetzes gefasst. Dieses soll zunächst im Zornedinger Ortskern entstehen, zum einen, weil es dort große Abnehmer gibt, zum anderen, weil von dort der Weg zur Vaterstettener Hauptleitung am kürzesten ist.