Geothermie in Vaterstetten:Die heiße Phase beginnt

Geothermie in Vaterstetten: Geothermische Bohrungen wie im Industriegebiet Rothenfeld bei Andechs im Landkreis Starnberg werden in Vaterstetten demnächst auch stattfinden.

Geothermische Bohrungen wie im Industriegebiet Rothenfeld bei Andechs im Landkreis Starnberg werden in Vaterstetten demnächst auch stattfinden.

(Foto: Thomas Einberger/imago/argum)

Mit einem einstimmigen Grundsatzbeschluss bringt der Vaterstettener Gemeinderat das größte Geothermie-Projekt im Landkreis Ebersberg auf den Weg. Schon im Winter 2025 könnte die erste Netzeinspeisung erfolgen.

Von Johanna Feckl, Vaterstetten

Wenn alles gut läuft, dann könnte es in dreieinhalb Jahren soweit sein: die erste Wärme-Einspeisung ins Energienetz aus der Vaterstettener Geothermie. "Ein ambitioniertes Ziel, aber schaffbar", sagte Georg Kast, Wirtschaftsförderer der Gemeinde und Vorstand der Gemeindewerke, in der jüngsten Sitzung des Vaterstettener Gemeinderats. Ein Ziel, hinter dem sich das gesamte Gremium versammelte - einstimmig segneten die Gemeinderäte einen Grundsatzbeschluss ab, der die Umsetzung eines wirtschaftlich tragfähigen Geothermieprojekts bis zum Winter 2025/2026 vorsieht. Es ist das größte Wärmeprojekt im Landkreis Ebersberg, das es bislang gegeben hat - und vermutlich auch geben wird, wie Kast weiter sagte.

Klaus Dorsch von der Erdwerk GmbH präsentierte den Gemeinderäten die Ergebnisse der geologischen Machbarkeitsstudie, die die Gemeinde im Sommer 2021 in Auftrag gegeben hatte. Demnach befindet sich das 72,5 Quadratkilometer große Gebiet, für das das Wirtschaftsunternehmen zu Jahresbeginn eine Aufsuchungserlaubnis für Geothermie erteilt hatte - ein sogenannter "Claim" -, im Bereich eines Molassebeckens. Das bedeutet ideale Voraussetzungen für Erdwärmegewinnung. Die Temperatur des geförderten Wassers würde zwischen 91,4 und 94,4 Grad Celsius liegen. "Aber es kann auch zu großen Anomalien kommen", sagte Dorsch. Temperaturen unter 90 Grad, aber auch jenseits der 100 Grad könnten vorkommen, jedoch nicht konstant. Die Kosten für das Projekt würden sich auf etwa 18,4 Millionen Euro belaufen.

Das Risiko von Fehlbohrungen schätzt der Experte als sehr gering ein

Aber wie sieht es mit Fehlbohrungen aus? Besteht das Risiko, dass gebohrt wird, jedoch keine oder zu wenig Wärme gewonnen werden kann? Das fragte FDP-Gemeinderat Klaus Willenberg den Experten. Dorsch machte klar, dass es kein Null-Risiko gibt, jedoch eine "relativ gute Sicherheit". So sicher, dass er auch ohne Risikoversicherung bohren würde?, fragte Willenberg weiter. "Ich würde sagen Ja", antwortete Dorsch. "Sie müssen dabei auch schauen, was die Alternativen zur Energiegewinnung wären." Und davon herrscht aktuell nicht gerade ein Überangebot.

Nachdem die geologischen Voraussetzungen geklärt waren, leitete Georg Kast die Diskussion über zu wirtschaftlichen Faktoren, denn durch die angespannte finanzielle Lage der Gemeinde Vaterstetten stellt sich die Situation so dar, wie es Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) zu Beginn der Sitzung sagte: "Wir können es uns nicht leisten, hier ein Defizit zu fahren." Für die Berechnung der Rentabilität sei man sehr konservativ vorgegangen, sagte Kast, "damit wir auf der sicheren Seite stehen". So werde mit einer Anschlussquote von 60 Prozent aus dem Gemeindegebiet gerechnet - mittlerweile könne man sogar mit einer höheren Quote rechnen. "Die Leute rennen uns die Bude ein und fragen, wann und wie sie von ihrer Gasheizung wegkommen", so Kast.

Die Wirtschaftlichkeit hängt von großen Kunden außerhalb Vaterstettens ab

Sicher sei aber schon jetzt, dass das Projekt auf große Kunden angewiesen ist, die außerhalb des eigenen Gemeindegebiets angesiedelt sind, um kein wirtschaftliches Defizit einzufahren. Mit den Gemeinden Zorneding und Grasbrunn im Nachbarlandkreis München führe man von Beginn an Gespräche - in Zorneding soll es laut Kast demnächst sogar einen entsprechenden Beschluss über eine Kooperation geben. Mittlerweile befinde sich das Kommunalunternehmen auch in Verhandlungen mit der Nachbargemeinde Haar, ebenfalls im Landkreis München.

Die Zusammenarbeit mit Dritten außerhalb von Vaterstetten "könnte ein Turbo sein" für die Rentabilität des Projekts, so Kast weiter. Denn diese sei relativ konstant und in jedem Fall tragbar, selbst wenn die Temperaturen niedriger ausfallen als erwartet, oder weniger Haushalte in der Gemeinde angeschlossen würden. Jedoch lässt sich die Wirtschaftlichkeit exponentiell steigern durch ein Mehr an Kooperationen mit Dritten. Kast betonte, dass sich dadurch niemand in Vaterstetten sorgen müsse, am Ende beim Anschluss des eigenen privaten Haushalts leer auszugehen - "ein solches Szenario sehe ich nicht am Horizont".

Außerdem ist ein Förderprogramm vom Bund auf dem Weg, durch das 40 Prozent der Kosten für Geothermie-Bohrungen und den Wärmenetzausbau übernommen werden könnten. Und das sogar für sechs Jahre vom Zeitpunkt der ersten Bohrung an. Noch aber ist dieses Förderangebot nicht abrufbar. Von dem Inkrafttreten dieses Angebots ist der weitere Zeitplan abhängig, wie Kast sagte.

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