Vaterstetten:Gemeinderat unter Generalverdacht

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Bürgermeister Robert Niedergesäß und die CSU wollen verhindern, dass Personalangelegenheiten an die Öffentlichkeit gelangen. Dass dazu der Gemeinderat ein Stück entmachtet wird, finden aber nicht alle sinnvoll.

Lars Brunckhorst

Bürgermeister Robert Niedergesäß und die CSU haben am Donnerstagabend den Vaterstettener Gemeinderat ein Stück weit entmachtet: Mit ihrer Mehrheit setzten sie durch, dass Personalangelegenheiten künftig ausschließlich vom Personalausschuss behandelt werden. Das gilt auch für Entscheidungen über Amtsleiter. Bisher wurde über deren Einstellung, Besoldung und Entlassung im Gemeinderat entschieden. Mit der Änderung der Geschäftsordnung wollen Niedergesäß und die CSU verhindern, dass Personalfragen, die der Geheimhaltung unterliegen, an die Öffentlichkeit dringen.

Das Rathaus in Vaterstetten: Die CSU will verhindern, dass vertrauliche Informationen aus dem Gemeinderat an die Öffentlichkeit sickern. (Foto: Christian Endt)

Niedergesäß und die CSU reagieren damit auf Berichte in der SZ, die auf Informationen aus nichtöffentlichen Gemeinderatssitzungen basierten. Indem man den Kreis der Geheimnisträger verkleinere, solle das "Risiko der Indiskretion" minimiert werden, begründete Niedergesäß in der Sitzung am Donnerstagabend seinen Vorstoß. Der Bürgermeister kritisierte in dem Zusammenhang, dass aus dem Gemeinderat heraus wiederholt gegen das Gebot der Vertraulichkeit verstoßen und die Presse "gezielt" informiert worden sei. "Das ist ein für die Würde dies Gremiums unmögliches Verhalten", schimpfte Niedergesäß. "Jeder, der so etwas tut, muss sich die Fragen stellen, ob er seinen Amtseid ernst nimmt." Er, Niedergesäß, sei nicht länger bereit, das hinzunehmen.

Unterstützung kam einzig von der CSU. Deren Fraktionschef Michael Niebler sprach von "dringendem Handlungsbedarf", weil durch den wiederholten "Vertrauensbruch" Schaden für die Gemeinde und Stellenbewerber entstehen könne. SPD-Fraktionschef Günter Lenz warf der CSU und ihrem Bürgermeister dagegen vor, "übers Ziel hinauszuschießen". Der Gemeinderat bestrafe sich selbst, wenn er eine wichtige Verantwortung an einen Ausschuss delegiere. Lenz hielt CSU und Niedergesäß zudem vor, den Gemeinderat in seiner Gesamtheit unter Generalverdacht zu stellen, obwohl nicht nur Gemeinderäte an nicht öffentlichen Sitzungen teilnähmen. Wenn schon solche Verdächtigungen erhoben würden, dann solle man auch die übrigen Teilnehmer einbeziehen - also Mitarbeiter des Rathauses. "So aber sind das undifferenzierte Schuldzuweisungen", sagte Lenz.

Den Sinn der Maßnahme bezweifelte Manfred Schmidt (FBU). Es sei ein "Trugschluss" zu glauben, dass auf diese Weise weniger geheime Informationen an die Öffentlichkeiten dringen. Schließlich könne auch an den Sitzungen des Personalausschusses jedes Gemeinderatsmitglied teilnehmen. Ähnlich äußerte sich Will-Rafael Bienheim (FW/BI). Er sprach von einer "Lex Schmidt" - eine Anspielung auf den Hauptverdächtigen der CSU. Vize-Bürgermeister Martin Wagner (CSU) verteidigte die "Vorsichtsmaßnahme", die er "bedauerlich" nannte, zu der es aber keine Alternative gebe, denn:. "Die Indiskretionen stammen aus diesem Raum." Durch die Delegation auf den Personalausschuss werde der Kreis der Mittwisser kleiner und das Risiko geringer, so Wagner.

Die SZ hatte in der Vergangenheit unter anderem über Bemühungen der Rathausspitze berichtet, einen in Ungnade gefallenen hohen Beamten loszuwerden, als auch über Probleme bei der Neubesetzung der Kämmerei. Beide Angelegenheiten wurden im Gemeinderat unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt

Um zu klären, wie die Informationen an die SZ gelangten, hat die Gemeinde mittlerweile Schritte eingeleitet: Wie Bürgermeister Niedergesäß am Donnerstag im Gemeinderat sagte, hat er Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Nicht zum ersten Mal: Bereits vor einem Jahr war Niedergesäß auf die gleiche Weise gegen eine undichte Stelle vorgegangen - erfolglos. Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwalt wurden ohne Ergebnis eingestellt.

© SZ vom 09.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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