Vaterstetten/Ebersberg:Unfreiwillig auf der AfD-Liste

Im Februar erheben etliche Vaterstettener schwere Vorwürfe wegen der Kandidatenwerbung

Um den Platz auf der Kandidatenliste kann es unter den Bewerbern schon gelegentlich zu Konkurrenzsituationen kommen - allerdings geht es dabei üblicherweise darum, die eigenen Wahlchancen zu verbessern. In Vaterstetten passiert im Februar das Gegenteil: Mehrere Kandidaten auf der AfD-Wahlliste für Gemeinderat und Kreistag wenden sich an die Öffentlichkeit mit der Bitte, nicht gewählt zu werden. Denn, so die Begründung der meist älteren Personen, sie seien ohne ihr Wissen auf die Listen gekommen. Die Vorwürfe richten sich konkret gegen den langjährigen Gemeinderat Manfred Schmidt (früher FBU, jetzt AfD). Er habe etwa angegeben, man unterstütze mit der Unterschrift dessen eigene Kandidatur oder gebe ein Votum gegen den geplanten Windpark im Forst ab. Einige der unfreiwilligen Kandidaten merken ihren Irrtum noch rechtzeitig und ziehen die Bewerbung zurück - weshalb Schmidt prompt Anzeige gegen Unbekannt wegen Geheimnisverrat stellt. Die Listen waren nämlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit und auch ohne die meisten Kandidaten beschlossen und vor dem Stichtag, an dem kein Rückzug mehr möglich war, im Rathaus eingereicht worden. Was einigen Bewerbern zum Verhängnis wird. Schmidt, gegen den nach Bekanntwerden der Vorwürfe Rücktrittsforderungen im Gemeinderat laut werden und gegen dessen angebliche Umtriebe sogar eine Demo vor dem Vaterstettener Rathaus stattfindet, zeigt sich davon ungerührt. Bei der Wahl gewinnt er zum ersten Mal in seiner kommunalpolitischen Karriere einen Sitz im Kreistag. Jenen im Gemeinderat muss er aber nach 24 Jahren aufgeben.

Die Kreistagswahl und die AfD beschäftigen Politik und Verwaltung noch bis in den Sommer hinein. Denn bei einem der nach eigenen Angaben unfreiwilligen Kandidaten ist die Staatsangehörigkeit umstritten. Gemeinde und Landratsamt erklären ihn zum Briten, weshalb - wegen des Brexit - die auf ihn entfallenden Stimmen ungültig seien. Für die Gemeinderatswahl wäre das irrelevant, nicht so für den neuen Kreistag. Dank der umstrittenen Stimmen würde die AfD einen dritten Kreistagssitz erhalten. Was sie dank der Regierung von Oberbayern letztlich auch tut, der Kandidat sei auch Ire, daher wählbar, so die Regierung. Er selbst bekommt zwar kein Mandat, seine Stimmen werden aber der AfD-Liste zugerechnet. Im Kreistag, dem Schmidt seit der Wahl angehört, schließen sich die übrigen beiden AfD-Vertreter sofort mit ihm zu einer Fraktion zusammen und machen Schmidt sogar zu deren Vorsitzenden - was die AfD vor der Wahl noch kategorisch ausgeschlossen hatte.

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