„Bei Menschen mit Demenz ist es wichtig zu berücksichtigen, dass sie nicht anders können: Sie können sich nicht der Umwelt anpassen, vielmehr muss sich die Umwelt an die Demenzerkrankten anpassen“, sagt Jutta Löbert. Die 55-jährige Ernährungsexpertin aus Vaterstetten ist in verschiedensten Netzwerken des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als Referentin tätig. Unter anderem gibt sie Vorträge für das Netzwerk 55plus, das sich mit Ernährung ab der Lebensmitte auseinandersetzt und in diesem Zusammenhang auch mit Ernährung bei einer Demenzerkrankung. Immer wieder bietet auch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg-Erding Vorträge zu diesem Thema an.
Doch was genau ist zu beachten bei der Ernährung demenzkranker Menschen? Allgemein führt eine Demenz der Deutschen Alzheimergesellschaft zufolge zu einer Verschlechterung verschiedener geistiger Fähigkeiten. Auch das Erinnerungsvermögen zählt zu diesen Fähigkeiten. Demenzerkrankte seien daher oft ablenkbar, vergäßen zu essen oder zu trinken, könnten bestimmte Speisen und Getränke nicht mehr erkennen und ihre Bedürfnisse nicht mehr klar äußern. Auch verlernten sie manchmal den Umgang mit Besteck, es könnten auch Ängste entstehen, etwa davor, etwas Schlechtes, gar Vergiftetes zu essen. Demenzkranke seien daher besonders gefährdet von Mangelernährung und Dehydration, erklärt die Ernährungsexpertin.
Eine Demenz-Diät, die für alle Betroffenen funktioniert, gibt es nicht
Grundsätzlich, betont Löbert, gebe es kein Patentrezept für die Ernährungsversorgung bei Demenz. „Demenzerkrankungen können sich bei jedem Menschen anders äußern und Ernährungserfordernisse auch in Abhängigkeit vom Erkrankungsstadium variieren. Jeder Betroffene hat zudem seine eigene Persönlichkeit und individuellen Bedürfnisse, die im Einzelfall berücksichtigt werden müssen und Basis für die Gestaltung der Ernährung sind.“ Daher sei es wichtig, den Betroffenen genau zu beobachten, Zeit aufzuwenden, mit Geduld, Empathie und Kreativität zu handeln.
Ernährung:"Das Bedürfnis nach Süßem ist angeboren"
Ernährungsberaterin Jutta Löbert sagt: Wenn wir es uns unbequemer machen, können wir 2000 Kilokalorien am Tag mehr verbrennen. Ein Gespräch über Snacken im Home-Office, Crash-Diäten und was es zum Abnehmen wirklich braucht.
Es sei wichtig, einen emotionalen Zugang herzustellen, zum Beispiel durch einen bekannten Duft oder Geschmack. Auch vertraute Geräusche oder optische Reize könnten Erinnerungen wecken, positive Emotionen hervorrufen und dadurch zum Essen und Trinken animieren. Allgemein könne sie daher nur empfehlen, die Lieblingsspeisen und Getränke der erkrankten Person zu erfragen und sich daran zu orientieren.
Um einer Mangelernährung vorzubeugen, sollte man erkrankte Menschen beim Essen unterstützen. „Mitessen, Auffordern oder Vormachen kann zum Essen animieren“, erklärt Löbert. Aber auch das Anreichen der Speise, oder das Unterstützen bei der Bestecknutzung könne helfen. Bei Problemen mit Besteck könne stattdessen Fingerfood gereicht werden. Auch kleine, über den Tag verteilte Mahlzeiten könnten die Essmotivation steigern.
Allgemein sollte man versuchen, der erkrankten Person ein möglichst vielfältiges Angebot zu bieten, mit dem der Energie- und Nährstoffbedarf ausreichend abgedeckt wird. Wie die Ernährungsexpertin betont, lässt sich der Nährstoffbedarf größtenteils durch reichlich Gemüse und Obst, (Vollkorn-)Getreideprodukte, täglich Milch und Milchprodukte, hochwertige pflanzliche Öle wie Rapsöl und gelegentlich Fleisch, Fisch und Eier gewährleisten.
Außerdem solle auf eine energiereiche Ernährung geachtet werden. Die Aufnahme von fetten Milchprodukten, wie zum Beispiel Sahnejoghurt oder Käse, aber auch fetten Wurstsorten, süßem Brei, Milchreis mit Sahne und Kompott, Shakes mit frischem Obst oder Nüssen sei hier zu empfehlen, erklärt Löbert. Auch hochkalorische Trinknahrung könne eine Ergänzung sein. Wichtig sei nur, dass sie zwischen den Mahlzeiten verzehrt werde, um die normale Essmenge nicht zu reduzieren. Trinknahrung könne auch zur Zubereitung von Süßspeisen und Kuchen verwendet werden. Es gibt sie in allen möglichen Variationen und Geschmacksrichtungen.
Genug Flüssigkeit zu sich zu nehmen ist wichtig, besonders bei Demenzerkrankten
Auch das Risiko von Flüssigkeitsmangel steigt durch eine Demenzkrankheit, wie Löbert sagt, da Erkrankte schlicht vergessen zu trinken oder nicht mehr in der Lage sind, zu sagen, dass sie Durst haben. Da Flüssigkeitsmangel aber bereits nach wenigen Tagen zu akuter Verwirrtheit und lebensbedrohlichen Zuständen führen kann, sollte eine Unterversorgung unbedingt vermieden werden. 1,3 oder besser 1,5 Liter Flüssigkeit am Tag empfiehlt sie.
Dabei sollten vor allem energiearme Getränke wie Wasser oder Tees getrunken werden, im Endeffekt aber sei es vor allem bei demenzkranken Menschen wichtig, dass sie überhaupt genug trinken. Individuelle Wünsche und Vorlieben der betroffenen Person solle also Folge geleistet werden, auch wenn es sich dabei um süße Fruchtsäfte oder Kaffee handelte. Allgemein würden süße Getränke, besser akzeptiert und auch die Farbe und Temperatur des Getränks sei zu beachten. Farbige Säfte in durchsichtigen Gläsern, welche in lauwarmer Temperatur und nicht eisgekühlt angeboten werden, würden daher erfahrungsgemäß besser angenommen. Vom Alkoholkonsum rät sie dagegen ab, empfiehlt sogar eine vollständige Abstinenz, da Alkohol ja eine negative Wirkung auf die Gehirnzellen habe und die Gedächtnisleistung verschlechtere.
Außerdem sei es wichtig, die erkrankte Person immer wieder zum Trinken aufzufordern, Rituale einzuführen. Vormachen, Zuprosten oder Trinksprüche könnten zum Trinken motivieren. Löbert empfiehlt zudem: „Nicht über den Verstand gehen“. Aussagen wie ‚Du musst doch jetzt trinken‘ seien meist nicht zielführend. Wenn sich die erkrankte Person weigere zu trinken, solle man es lieber immer wieder, mit einigen Minuten Abstand, mit den vorher genannten Tricks versuchen. Auch geeignete Trinkgefäße seien wichtig, damit nicht alles verschüttet werde und der Becher wiedererkannt werden könne. Falls nötig, empfiehlt die Ernährungsexpertin zusätzlich ein Trinkprotokoll zu führen.
Zuletzt ist der Ernährungsexpertin wichtig, vor allem eins zu erwähnen: „Demente Personen sind auf Unterstützung angewiesen. Die Betroffenen können sich nicht anpassen.“