„Glas. Durchsichtig. Wunderschön und doch nicht da. Unsichtbar.“ So steht es im ersten Kapitel des kürzlich erschienenen Romans von Stefanie Gregg, die nun in der Region bei mehreren Lesungen auftritt. Und diese Beschreibung trifft auch genau auf die Protagonistin zu: Maya – das im Titel beschworene „Glaskind“.
Als Glaskinder werden die quasi „unsichtbaren“ Geschwister von Kindern mit „besonderen Bedürfnissen“ bezeichnet. Kinder, die oft ohne jede Unterstützung bestens funktionieren. In dem Roman ist es Mayas Bruder, der alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die Ottobrunner Autorin erzählt, wie die Protagonistin diese Situation erlebt – als Kind, aber auch Jahrzehnte später, nach einem Unfall ihrer Mutter. Da nämlich kann Maya nicht anders, als nach München zu eilen und wieder diejenige zu sein, die sich um alle und alles kümmert...

Literatur:Der Bruder braucht alle Aufmerksamkeit – und bekommt sie auch
Im neuen Roman „Das Glaskind“ der Ottobrunner Autorin Stefanie Gregg muss die junge Maya nicht nur als Schwester funktionieren, sondern fällt fast komplett aus dem Fokus ihrer Eltern. Ein Phänomen, das es in den meisten Familien mit beeinträchtigtem Kind gibt.
Wie schon in ihrer „Nebelkinder“-Trilogie über Kriegsenkel hat sich Gregg, Meisterin der leisen Töne und persönlichen Familiengeschichten, mit großem Fingerspitzengefühl eines hochsensiblen Themas angenommen, das viele Menschen betrifft und doch nur selten thematisiert wird. Jeder kenne jemanden, in dessen Familie ein Kind aufgrund der Umstände alle Aufmerksamkeit auf sich ziehe. „Das können Kinder mit Behinderung sein, aber auch solche, die suchtkrank sind oder kriminell“, sagt Gregg am Telefon. Bei ihren Lesungen würden dementsprechend immer wieder ausgesprochen persönliche Geschichten erzählt. Das führe zu einem intensiven Dialog mit dem Publikum, für den sie sich stets genügend Zeit nehme.
Für Betroffene hat Gregg sogar konkrete Tipps auf Lager: einmal die Woche Exklusivzeit mit den Eltern nur für das gesunde Kind, zum Beispiel. Natürlich sei sie keine Psychologin, sagt die Autorin, aber durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema habe sie viel gelernt. Glaskinder seien, so Gregg, oft sehr soziale Menschen und erfolgreich im Beruf. „Zuweilen aber nehmen sie ihr ganzes Leben lang nach dem gleichen Muster alle Verantwortung auf sich – und das ist manchmal zu viel.“
Lesungstermine in der Region: Fürstenfeldbruck, 31. Januar, 14.30 Uhr, Caritas Fürstenfeldbruck, Hofcafé, Hauptstraße 5; Ottobrunn, 1. Februar, 15.30 Uhr, Stift Brunneck, Cramer-Klett-Straße 1; München, 5. März, 18 Uhr, Literatur Radio Hörbahn, Öffentliche Aufzeichnung zum Gespräch mit Uwe Kullnik, Georgenstrasse 63, Atelier Entkorkte Kunst.
Anmerkung der Redaktion: Ursprünglich wurde auf eine Veranstaltung am 26. Januar bei der VHS Vaterstetten hingewiesen, diese entfällt jedoch.