Bezahlbarer Wohnraum:Jetzt aber schnell

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Das Grundstück an der Dorfstraße in Vaterstetten ist derzeit ein Abstellplatz für Baumaterial. Doch im übernächsten Jahr sollen hier 152 Gemeindewohnungen gebaut werden. (Foto: Christian Endt)

Vaterstetten nimmt einen neuen Anlauf für die Gemeindewohnungen an der Dorfstraße, denn die Bedingungen sind günstig – noch.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Mehr als 360 Menschen sollen bis Ende des Jahrzehnts zu günstigen Mietpreisen in der Großgemeinde eine Wohnung finden. Denn Vaterstetten nimmt nach zwei Jahren Pause das Bauprojekt an der Dorfstraße wieder auf. Dort sollen insgesamt 152 bezahlbare Wohnungen entstehen, bauen will diese die Gemeinde selbst, das hat der Gemeinderat nun mit sehr großer Mehrheit beschlossen.

Der Grund für die Wiederaufnahme ist gewissermaßen derselbe, weswegen das Vorhaben im Herbst 2022 auf Halt gesetzt wurde: die Finanzen. Vor zwei Jahren errechnete sich abzüglich aller Fördermittel ein Eigenanteil für die Gemeinde von fast 21 Millionen Euro. Ohne Gegenstimmen wurde darum beschlossen, das Projekt auf die eigens dafür eingeführte Warteliste zu setzen – aber gleichzeitig die Bauleitplanung weiterzuführen.

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Von Wieland Bögel

Was sich jetzt als Vorteil erweisen könnte, wie Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) nun im Gemeinderat erklärte: „Die Zeichen stehen gut für unser Wohnbauprojekt.“ Dies hat eben vor allem mit den Finanzen zu tun, führte Ralf Schloemilch vom Bauamt weiter aus, und das liegt vor allem an einer nicht unbedeutenden Umplanung des Vorhabens: In der 2022 gestoppten Version hätten an der Dorfstraße noch 137 Wohnungen auf insgesamt 8600 Quadratmetern entstehen sollen, nun sind es 1260 Quadratmeter und 15 Wohnungen mehr.

Möglich ist dies, indem im Nordwesten des Baugebietes aus zwei kleineren Gebäuden ein großes wird, zudem reicht dieses etwas weiter nach Norden und Süden als es bei den beiden Einzelhäusern geplant war und auch der dritte Bau ganz im Südwesten wird etwas größer. „Das macht es städtebaulich besser – und wirtschaftlicher“, so die Einschätzung Schloemilchs.

Im Entwurf aus dem Jahr 2021 gibt es noch drei Einzelhäuser im Westen des Baugebietes ... (Foto: Gemeinde Vaterstetten/oh)
... in der aktuellen Planung sind die beiden nördlichen zu einem zusammengefasst und die ganze Reihe reicht weiter nach Norden und Süden. (Foto: Gemeinde Vaterstetten/oh)

Doch es gibt noch zwei weitere Faktoren, die sich auf die Wirtschaftlichkeit auswirken: Langfristige Kredite bekomme man derzeit günstiger als vor zwei Jahren, dies spare über 30 Jahre Laufzeit etwa zwei Millionen Euro. Außerdem erhöht das kommunale Wohnbau-Förderprogramm des Freistaates seine Zuschüsse von bisher 30 auf nun 35 Prozent. Bei geschätzten Gesamtkosten von 60,4 Millionen Euro könne man laut Kämmerer Markus Porombka mit Zuschüssen von etwa 27 Millionen Euro rechnen.

Baubeginn könnte 2026 sein, bezugsfertig wären die Wohnungen dann 2028

Voraussetzung dafür ist lediglich, dass mindestens zwei Drittel der Wohnungen „für Berufsangehörige der Daseinsvorsorge oder zur Gewinnung solcher Berufsangehöriger“ zur Verfügung gestellt werden sollen. Dies sei aber „relativ weit gefasst“, so der Kämmerer, im Prinzip zählten da alle Berufe hinein, die in der Corona-Zeit als „systemrelevant“ galten. Auch die Kommunalaufsicht im Landratsamt, welche die Gemeinde konsultiert hatte, habe ein positives Votum abgegeben, so Porombka weiter: „Das war ein sehr angenehmer Termin.“

Durch die trotz Warteliste weiterlaufende Bauleitplanung, im Juni wurde der Bauantrag bewilligt, könne man sofort in die Werkplanung und wohl ab 2026 in die Umsetzung gehen, so Schloemilch. Damit könnten die Wohnungen Ende 2028 oder Anfang 2029 bezogen werden, zu einem Mietpreis von 12,80 Euro pro Quadratmeter. Die Federführung soll nach dem Vorschlag der Verwaltung die Gemeinde selbst übernehmen. Man habe andere Möglichkeiten geprüft, etwa mit einem Generalübernehmer, also bei einer Baufirma quasi ein Gesamtpaket zu bestellen. Dies habe aber den Nachteil, dass es wohl weniger Fördermittel gebe, zudem müsse man europaweit ausschreiben, was Zeit koste.

So könnte es an der Vaterstettener Dorfstraße ab dem Jahr 2028 aussehen. (Foto: Gemeinde Vaterstetten/oh)

Und die ist nach Meinung der Verwaltung der entscheidende Faktor: So lange die Baukonjunktur schwach ist, könne man bei Ausschreibungen leichter Firmen finden. Insgesamt sei die Lage am Bau „im Moment sehr auftraggeberfreundlich“, so Schloemilch.

Die große Mehrheit im Gremium stimmte der Auffassung der Verwaltung zu. Man brauche das Projekt, „damit die Gemeinde vielfältig und lebenswert bleibt“, befand Katrin Pumm (Grüne) – und es werde„endlich dieser Schandfleck am Ortseingang“ verschwinden, so Dritter Bürgermeister Roland Meier (FW).

Auch, dass die Gemeinde das Projekt selbst stemmen will, fand weitgehend Zustimmung: Man habe ja viele andere Möglichkeiten geprüft, so SPD-Fraktionschef Josef Mittermeier, „aber ich sehe keine andere, als dass wir es selber machen“. CSU-Fraktionschef Michael Niebler räumte ein, dass ein Projekt dieser Größenordnung „nicht ohne Risiko“ sei – aber eben auch dringend nötig: „Bei dem Personalmangel, den wir haben, ist das unsere einzige Chance, wenn wir beispielsweise die Kinderbetreuung aufrechterhalten wollen.“

Dies bekräftigte auch Stefan Huber (CSU), der zugab, gegenüber dieser Option „immer skeptisch“ gewesen zu sein. Aber man brauche„den sozialen Ausgleich“, das sage er auch als Geschäftsführer der Kreisklinik: „Ein Chefarzt kann vielleicht die regulären Mieten in Vaterstetten zahlen“, laut Huber rund 22 Euro pro Monat und Quadratmeter, „viele andere unserer mehr als 1000 Mitarbeiter nicht.“

Lediglich die FDP ist gegen das Projekt, dieses überlaste Haushalt und Verwaltung

Sehr viel anders sah das allerdings Klaus Willenberg (FDP): „Das überfordert die Finanzen und die Verwaltung.“ Die Gemeinde habe doch schon genug Großprojekte laufen, etwa den neuen Kindergarten St. Anna, die Turnhalle für die Wendelsteinschule und natürlich auch die Geothermie. Projekte wie Wohnungsbau sollten „außerhalb des Haushaltes“ umgesetzt werden, wie es die FDP auch schon einmal beantragt hatte. Auch der von der Verwaltung antizipierte Mietpreis von knapp 13 Euro „ist zu teuer für sozialen Wohnungsbau“.

Bei zwei Gegenstimmen, jener von Willenberg und seines Fraktionskollegen Martin Hagen, wurde beschlossen, die Werkplanung zu beauftragen.

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