Süddeutsche Zeitung

Vaterstetten:Abschied von einem Relikt

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Sie war eine der Letzten ihrer Art, eine Vertreterin einer schon fast vergangenen Zeit, nun ist auch ihr Ende gekommen: Der Telefonzelle am Vaterstettener Friedhof schlägt schon bald das letzte Stündlein, demnächst wird sie verschwunden sein.

Leider, so ist festzustellen, ist der betagte Fernsprecher in der Johann-Sebastian-Bach-Straße Opfer brutaler Gewalt geworden. Denn der Grund für sein baldiges Verschwinden ist Vandalismus, und zwar regelmäßiger. Wie die bei der Telekom für Telefonzellen zuständige Stelle nun der Gemeinde mitteilte, wurde das magentafarbene Häuschen in der Vergangenheit des öfteren erheblich beschädigt. Auch kürzlich wieder: "Es fehlen alle Scheiben, Teile der Verkleidungen wurden abgerissen und der Rahmen hat einen Schaden", heißt es im jüngsten Schreiben des Telekommunikationskonzerns an die Gemeindeverwaltung. Um aus der Ruine wieder "eine öffentliche Telefonstelle" zu machen, sei ein "erheblicher finanzieller Aufwand" erforderlich. Diesen jedoch will man sich bei der Telekom lieber sparen, denn sparsam waren in den vergangenen Monaten auch die Einkünfte aus dem Fernsprechhäuschen. Ganz offenbar ist in der Zelle am Friedhof inzwischen Friedhofsruhe eingekehrt, "dramatisch zurückgegangen" sei die Nutzung des öffentlichen Telefons, beklagt die Telekom, daher lohne sich eine Instandsetzung nicht mehr. Auch einen abgespeckten Nachfolger in Form einer Telefonstele wird die Telekom angesichts des zu erwartenden anhaltenden Desinteresses nicht stellen. Dass am Friedhof bald für immer der Hörer weggelegt wird, bedauert man bei der Gemeinde. Es sei "wirklich schade", dass das Telefonhäuschen verschwinden werde", sagte Manfred Weber vom Bauamt, als er den zuständigen Gemeinderatsausschuss über den Abbau des Fernsprechers informierte.

Öffentlich telefonieren kann man in Vaterstetten trotzdem weiterhin, auch wenn man dafür vielleicht ein paar Meter laufen muss. Drei öffentliche Fernsprecher, so ist von der Telekom zu erfahren, bleiben nach dem Abbau der Zelle am Friedhof noch im Gemeindegebiet: in der Fasanenstraße, in der Möschenfelder Straße und in der Zugspitzstraße. Die genaue Adresse wird aus vandalismusprophylaktischen Gründen hier nicht verraten, damit es für die drei Fernsprechautomaten nicht auch bald heißt: "kein Anschluss unter dieser Nummer".

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Quelle:
SZ vom 10.10.2015
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