Ungewöhnlicher Schritt:Von der Rektorin zurück zur Lehrerin

Luitgard Stephan-Wagenhäuser gibt die Leitung der Anni-Pickert-Schule in Poing ab. Künftig wird sie nur noch unterrichten

Von Johanna Feckl, Poing

Es braucht ein paar Anrufe, bis man Luitgard Stephan-Wagenhäuser am Telefon erwischt. Ihre Zeitfenster sind eng bemessen. Zum einen, weil das bei jemandem, der ein solch großes Haus wie die Anni-Pickert-Schule leitet, nun einmal so ist. Zum anderen aber auch, weil die 58-Jährige in wenigen Tagen ihren Schreibtisch in Poing an eine Nachfolgerin übergeben wird und so ein Prozedere immer stressig ist: Stephan-Wagenhäuser hängt ihren Job als Rektorin an den Nagel und wird ab September an einer anderen Schule im Kreis München als Lehrerin unterrichten.

Vier Jahre war Stephan-Wagenhäuser die Chefin im Poinger Schulhaus, zuvor vier weitere Jahre Konrektorin. Leicht habe sie es sich mit der Entscheidung, die Anni-Pickert-Schule zu verlassen, nicht gemacht, sagt sie. Trotzdem hadert sie mit ihrem Weggang nicht. "Die Arbeitsbelastung ist hoch, das ist so als Schulleiterin", sagt sie. Rektorin zu sein bedeutet nämlich nicht nur, eine Schule zu leiten, sondern nebenbei auch noch zu unterrichten. Das heißt: Stunden und Klausuren vorbereiten, Hausaufgaben und Prüfungen korrigieren, Elterngespräche, Schülergespräche. Alles, was eben so zum Unterricht dazugehört. Klar sei das überall so, sagt die scheidende Poinger Schulleiterin - aber es sei auch überall ein Problem. Es seien einfach zu viele Aufgaben. Eine strukturelle Schwachstelle, die nur das Kultusministerium beheben könnte.

In Poing kommen außerdem ein paar Faktoren hinzu, die den Posten der Schulleitung zu einer noch größeren Herausforderung machen. So bildet die Anni-Pickert-Schule mit 620 Schülerinnen eine überdurchschnittlich große Schulfamilie. Viele Kinder, viele Jugendliche, viele Eltern, viele Lehrkräfte, viel übriges Personal - deren Fäden alle in den Händen von Stephan-Wagenhäuser zusammengelaufen sind. Wichtig war der 58-Jährigen auch immer das Vernetzen all dieser verschiedenen Gruppen im Schulhaus untereinander. Nur so sei es möglich, ein angenehmes und effektives Schulklima zu schaffen. Das seien Dinge, die in der offiziellen Stellenbeschreibung gar nicht vorkommen, so Stephan-Wagenhäuser, die aber zeitintensiv seien.

Dass es sich in Poing dann auch noch um zwei Schularten, also Grund- und Mittelschule, handelt, macht die Sache nicht unkomplizierter. "Es ist ein wunderschönes Arbeiten", betont die 58-Jährige. "Abwechslungsreich." Aber eben auch mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen und Anforderungen: Für einen Erstklässler, der das Lesen lernt, sind andere Dinge wichtig als für einen Neuntklässler, der vor seinen Abschlussprüfungen steht.

"Man braucht eigentlich ein funktionierendes Dreiergespann, damit man der Belastung Herr werden kann", so Stephan-Wagenhäuser. Also ein Team aus Schulleiterin oder Schulleiter und zwei Stellvertretern. In Poing war die Stelle des ersten Konrektors im noch laufenden Schuljahr nicht besetzt. Zu kurzfristig war die Absage der Frau, die für diesen Posten eigentlich vorgesehen war, um die Stelle noch anderweitig zu besetzen. Für die 58-Jährige war dieser Zustand aber nicht Auslöser für ihren Entschluss, Poing zu verlassen. "Den Gedanken, dass ich so nicht bis zu meiner Pensionierung arbeiten kann, habe ich schon länger." Aber ein Anschub war der fehlende Konrektor dann wohl doch. Andernfalls wäre sie den Schritt vielleicht erst ein Jahr später gegangen, sagt sie.

Nachfrage im Ebersberger Schulamt: "Ein solcher Entschluss ist die absolute Ausnahme", sagt die dortige Leiterin Sigrid Binder. Ihr ist nur ein weiterer Fall bekannt, bei dem ein Rektor oder eine Rektorin einen Schritt zurücktrat und sozusagen "nur noch" unterrichten wollte, und der war in einem anderen Schulamtsbezirk. "Da stehen immer persönliche, aber absolut nachvollziehbare Gründe dahinter."

Im kommenden Schuljahr wird das Poinger Schulleitungsteam wieder komplett sein. Als Rektorin kommt Eva Guerin, die bisher Konrektorin an der Markt Schwabener Mittelschule war. Als erste Konrektorin kommt Ramona Gollert, die bislang in einem anderen Schulamtsbezirk tätig war. Und Alice Fischer wird weiterhin zweite Stellvertreterin sein.

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