Unfassbare Tat:Eigene Enkelinnen missbraucht

53-Jähriger vergeht sich fast 200 Mal an einem behinderten Kind und seiner Schwester. Die Tragweite seiner Handlungen sei ihm nicht bewusst gewesen, sagt seine Verteidigerin

Von Andreas Salch

Von Andreas Salch

Ebersberg - Ein 53-jähriger Mann aus dem Landkreis hat seine geistig zurückgebliebene Enkelin über Jahre hinweg sexuell missbraucht. Das Kind war neun, als sich sein Großvater erstmals an ihm verging. In der Zeit zwischen Anfang 2010 und Sommer vergangenen Jahres soll es zu "mindestens" 186 Übergriffen gekommen sein, so die Staatsanwaltschaft am Landgericht München II. Der verheiratete Angeklagte muss sich seit Dienstag vor Gericht verantworten. In einer Erklärung, die seine Verteidigern verlas, räumte er den ungeheuerlichen Vorwurf ein. Außerdem gestand der Familienvater, dass er sich auch an der Schwester des behinderten Mädchens vergangen habe.

Die Verteidigerin des 53-Jährigen, Rechtsanwältin Berna Behmoaram, sagte, ihr Mandanten habe erst, seit er in Untersuchungshaft sitze, begriffen, was er getan habe. Ihm fehle das "Liebevolle, Empathische". Bereits vor zwanzig Jahren hatte der Mann seine leibliche Tochter sowie seine Stieftochter sexuell missbraucht. Da sie später heirateten und normale Familien gegründet hätten, sei ihm die Tragweite der Übergriffe an seinen kleinen Enkelinnen nicht bewusst gewesen, erklärte Rechtsanwältin Behmoaram.

Während sie die Erklärung ihres Mandanten verlas, kämpfte dieser mit den Tränen und schluchzte mehrmals. Die sexuellen Übergriffe an der leiblichen Tochter und der Stieftochter sind inzwischen verjährt. Die Enkelinnen des 53-Jährigen sind schwer traumatisiert. Mit dem Geständnis ihres Großvaters bleibt ihnen eine Aussage vor Gericht erspart. Warum sich der 53-Jährige, der vor seiner Festnahme arbeitslos war, immer wieder an seiner behinderten Enkelin und auch deren Schwester vergriff, blieb am ersten Prozesstag im Dunkeln. Ihr Mandant, könne aufgrund der "eigenen psychischen Belastung" hierzu heute nichts mehr sagen, so seine Verteidigerin. Am Nachmittag ließ sich das Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein Video von der Vernehmung der Mädchen durch einen Ermittlungsrichter vorführen. Wie der Vorsitzende der 2. Strafkammer, Richter Oliver Ottmann, am Vormittag sagte, sei eines der Kinder dabei zusammengebrochen.

Unklar blieb am ersten Verhandlungstag auch, warum die vom Angeklagten missbrauchte Stieftochter diesem ihre behinderte Tochter 2008 zur Betreuung anvertraute. Laut Staatsanwaltschaft hatte der 53-Jährige für das Mädchen in seinem Haus ein Kinderzimmer eingerichtet. Darin befand sich allerdings auch sein Schreibtisch und PC. Von Anfang 2010 an betrachtete sich der Angeklagte mit der damals Neunjährigen auf dem Computer stets Pornovideos, um sich zu damit stimulieren und um dem Kind zu zeigen, was er sich von ihm erwarte.

Der Anklage der Staatsanwaltschaft zufolge kam das behinderte Mädchen dem Wunsch seines Großvaters immer wieder nach. Als die Vertreterin der Staatsanwaltschaft die entsprechenden Passagen der Anklageschrift zu Beginn des Prozesses verlas, schüttelte der 53-Jährige häufig den Kopf. Wie seine Verteidigerin Rechtsanwältin Berna Behmoaram später am Rande der Verhandlung erklärte, habe ihr Mandant mit dieser Reaktion seine Taten keineswegs in Abrede stellen wollen. Er sei heute vielmehr tief erschüttert über das, was er seiner Enkelin angetan habe.

An der jüngeren Schwester des Mädchens verging sich der 53-Jährige ebenfalls in der Zeit zwischen Januar 2010 und Sommer vergangenen Jahres. Die Staatsanwaltschaft geht von insgesamt vier Missbräuchen aus. Nach einem Übergriff am 4. August 2013 offenbarte sich das damals elfjährige Kind seiner Mutter. Auf einem Grillfest stellte diese daraufhin ihren Vater zur Rede. Der 53-Jährige soll nichts abgestritten haben. Anschließend war er zur Polizei gegangen und erstattete Selbstanzeige. Seither befindet er sich in Untersuchungshaft. Die Mutter der Mädchen tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Sie lässt sich von Rechtsanwalt Gerhard Erdmann vertreten. Er sagte, seine Mandantin erwarte, dass gegen ihren Vater eine "möglichst hohe Strafe" verhängt wird. Der Prozess dauert an.

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