Umweltschutz in Ebersberg:Völlerei im Klostersee

Klostersee wird abgelassen

Ein Perspektive, aus der man den Klostersee nur alle fünf Jahre sieht. In diesem Turnus wird dort das Wasser abgelassen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das beliebte Gewässer im Herzen von Ebersberg muss bis zum Grund abgepumpt werden. Wie damit versucht wird, das Ökosystem stabil zu halten

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

In der Ökologie, im Sinne der wissenschaftlichen Disziplin, ist eines der zentralen Konzepte das des Stoffflusses: Was an Nähr- und Schadstoffen sowie Organismen kommt rein in ein Ökosystem, und was geht raus. Derzeit geht sehr viel raus aus dem Klostersee im Norden Ebersbergs. Seit 2004 wird dieser alle fünf Jahre abgefischt und abgelassen, dieses Jahr ist es wieder soweit. Das Ablassen erfolgt seit dem 27. September, der See wird dabei bis zum Grundablass geleert werden. Das Abfischen ist bereits passiert.

Doch wieso ist das Ablassen und Abfischen überhaupt notwendig? Grundsätzlich soll die ganze Prozedur dazu dienen, festzustellen, wie sich der Fischbestand im See entwickelt hat und wie die Schlammsituation ist. Das erste Ablassen des Sees erfolgte 2004. Damals sei der See "fast tot" gewesen, erinnert sich Manfred Zoß, Vorsitzender des Vereins "Freunde des Klostersees". Zu groß war die Verschmutzung und die Verschlammung. Zoß und einige Mitstreiter hatten 2001 den Verein gegründet, um sich für die Sanierung des Sees einzusetzen - mit Erfolg. Das Ablassen glückte und aus dem See konnten 60 000 Kubikmeter Schlamm entfernt werden.

Auch seitdem hat der Verein verschiedene Projekte durchgeführt, um die Wasserqualität des Klostersees zu verbessern. Sträucher wurden zurückgeschnitten, um neuerliche Schlammbildung durch Laub zu verhindern; Schwimminseln mit Pflanzenkulturen wurden ausgebracht, die einen Beitrag zur Wasserreinhaltung leisten und als Lebensraum für Insekten und Tiere dienen; und schließlich wurden 2014 Muscheln eingesetzt, die ebenfalls das Wasser reinigen. Deswegen sei der See auch auf einem "relativ guten Stand", so Zoß.

Am Ablassen und Abfischen war und ist aber natürlich nicht nur Zoß' Verein beteiligt. Das Ablassen wird durch das Tiefbauamt Ebersberg in Kooperation mit dem Wasserwirtschaftsamt durchgeführt. Dieses Jahr verläuft "alles nach Plan", bestätigt Christian Pfeifer vom Tiefbauamt. Er geht davon aus, dass sich an der Schlammsituation seit dem letzten Ablassen nicht viel verändert haben wird. Schließlich wurde 2004 "600 Jahre alter Schlamm abgebaggert", so schnell bilde der sich nicht wieder. Das Abfischen wiederum organisiert seit jeher der Anglerbund Ebersberg. Das ist nötig, da es im Klostersee keine Raubfische gibt, die den Fischbestand kontrollieren könnten und verhindert werden soll, dass sich die Fischpopulation zu stark vergrößert. Geschehe dies, so wäre Sauerstoffmangel die Folge. Zum einen, da die Fische dem Wasser mehr davon entziehen würden. Zum anderen, da die Fische die Wasserpflanzen, die Photosynthese betreiben, fressen sowie Schlamm aufwirbeln, der die Sonneneinstrahlung ins Wasser verringert und damit Photosynthese zusätzlich erschwert. Wurden früher noch großflächig Schleppnetze verwendet, um die Fische zu entfernen, hat man dieses Jahr eine andere Methode angewandt, das sogenannte Hegefischen.

Jens Lange, Gewässerwart des Anglerbundes, beschreibt diese Art des Fischens als deutlich umweltfreundlicher, als das Netzfischen: "Wir haben über das ganze Jahr gezielt den Weißfischbestand herausgenommen und auf andere Gewässer außerhalb der Weiherkette verteilt." Dies sei fischschonender, da die Netze schlicht alle Fische aus dem See ziehen und diese dabei auch oft verletzen. Ganz früher war man da weniger zimperlich, wie der Ebersberger Stadthistoriker Thomas Warg berichtet. Der Klostersee (und die gesamte Weiherkette) wurde um das Jahr 1040 von Abt Altmann des Benediktinerklosters durch das Aufstauen der Ebrach in die Wege geleitet. Der See diente dann als Fischzucht, um die Mönche zu ernähren und wird damit nun seit fast 1000 Jahren befischt. Im 19. Jahrhundert wurde der See dann auch zum Badesee und damals für seine Wasserqualität gelobt. Die Aussagekraft dieses Lobs sei aber mit Vorsicht zu genießen, so Warg. Schließlich wurden auch damals Wiesen und Tal bereits gedüngt und damit die Gewässer der Umgebung gleich mit.

Daran hat sich bis heute im Grundsatz nichts geändert. Das Problem ist bundesweit bekannt, in die meisten Seen gelangen zu viele Nährstoffe, insbesondere Phosphor und Stickstoff. Unkontrolliertes Wachstum bestimmter Wasserpflanzen, vor allem von Algen, ist die Folge, wie im Klostersee zuletzt im Juli geschehen. Die Blaualgen des Klostersees sind dabei nicht nur gefährlich für Kinder und kleine Haustiere. Nach dem Absterben der Algen werden diese von Bakterien zersetzt und entziehen dabei dem See abermals Sauerstoff. Im schlimmsten Fall kann dies zum Absterben nahezu aller Wasserlebewesen im See führen, wie die Situation vor der Sanierung des Sees zeigt.

Davon ist der See glücklicherweise derzeit nicht bedroht, Thomas Warg hält den "Status Quo" am Klostersee für "tragbar". Manfred Zoß hingegen findet, die Maßnahmen zur Reinhaltung des Sees reichen nicht. Er hat allerdings auch Verständnis für die Komplexität des Problems, der Klostersee ist schließlich "keine Insel". Auch die Luftverunreinigung sei mit Schuld am hohen Nährstoffeintrag in den See, was durch die globale klimatische Lage noch zusätzlich verschärft würde. Dennoch hält er fest, dass bei diesem Problem die Landwirtschaft "natürlich gefragt ist". Manche Landwirte täten da schon viel, andere weniger.

Franz Lenz vom Kreisverband Ebersberg des Bayerischen Bauernverbandes mahnt an, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Es müsse geklärt werden, wie stark die Eintragungen aus der Landwirtschaft tatsächlich sind und welche Wirksamkeit die bisherigen Maßnahmen zeigten, um dann gezielt nachzubessern.

Bayern und auch die Stadt Ebersberg setzen bei der Wasserreinhaltung auf die Freiwilligkeit und auf Anreizsysteme für Landwirte, erklärt Agnes Gehrer von der Stadtverwaltung. Mit den meisten Landwirten vereinbart die Stadt von Jahr zu Jahr Verträge, bei denen Leistungen der Landwirte, die über die gesetzlichen Rahmenbedingungen hinausgehen, prämiert werden. "Das wird auch jedes Jahr angepasst", so Gehrer. So wurden beispielsweise die Gewässerschutzstreifen dieses Jahr erweitert, was bedeutet, dass ein Landwirt den Schutzstreifen noch breiter anlegen müsste, um eine Prämie zu kassieren.

Dennoch, trotz aller Prämien und freiwilligen Maßnahmen bleibt der Nährstoffzufluss ein Problem. Es bleibt also abzuwarten, was und wie viel von Mitte bis Ende Oktober - und in Zukunft - tatsächlich in den Klostersee fließt, wenn er wieder eingelassen wird.

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