Umwelt:Wurst statt Wildschwein

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Ohne Leit- oder Beibache wären die Frischlinge verloren, für Jäger ist der Muttertierschutz deshalb nicht verhandelbar. (Foto: Christian Endt)

Jagdverband kritisiert Schonzeitaufhebung für Bachen und Keiler zum Schutz vor Afrikanischer Schweinepest. Weggeworfene Lebensmittel seien gefährlicher

Der Präsident des Bayerischen Jagdverbandes (BJV), Jürgen Vocke aus Ebersberg, kritisiert einen Vorstoß der Bundesregierung, wonach die Schonzeit für Bachen und Keiler aufgehoben werden soll. Der Muttertierschutz aber ist für Bayerns Jäger nicht verhandelbar, stellt Vocke in einer Pressemitteilung klar.

Aus Angst vor dem Risiko einer Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest hatte das Bundeskabinett vorige Woche einen Entwurf vorgelegt, wonach die Schonzeit für Bachen und Keiler aufgehoben werden soll, der Muttertierschutz aber erhalten bleibt. Das heißt, in Rotten mit gelb-gestreiften Frischlingen ist der Abschuss von Bachen weiterhin verboten. Die Verordnung lässt nach Auffassung der Jäger allerdings auch zu, dass so genannte Beibachen aus Rotten, in denen keine gelb-gestreiften Frischlinge mehr mitlaufen, ganzjährig geschossen werden dürfen. Beibachen sind weibliche Wildschweine, die in der Rotte keine führende Position einnehmen. Beibachen sind also keine Leitbachen, sondern rangniedrigere Tiere, die aber Frischlinge führen.

"Für die Jagd auf Schwarzwild heißt das, der Jäger muss die Leitbache, also die Anführerin der Rotte erkennen", heißt es in der Pressemitteilung. Für den Bayerischen Jagdverband (BJV) ist der Muttertierschutz aber unverhandelbar. BJV-Präsident Vocke: "Frischlinge, die nicht mehr gestreift sind, werden zwar nicht mehr gesäugt, aber sie brauchen ihre Mutter auch über die Säugezeit hinaus. Gerade in dieser Jahreszeit bei gefrorenem Boden werden jüngere Tiere elendig verhungern, wenn es keine Leitbache mehr gibt, die die Rotte führt und das Auffinden von Futter übernimmt." Die Leitbache sorge dafür, dass die Rotte zusammenbleibt und nicht auseinandergesprengt wird. Im Falle eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest wäre das fatal, weil versprengte führerlose Rottenmitglieder ein wesentlich größeres Streifgebiet haben und die Erkrankung erst recht weiter verbreiten könnten.

Der BJV sieht aber auch die Schonzeitaufhebung kritisch. Präsident Vocke: "In der Praxis ist es oft schwierig, Keiler und Bachen zu unterscheiden, genau deshalb wurde die Schonzeit eingeführt. Auf Bewegungsjagden ist die Leitbache kaum als Rottenanführerin zu erkennen." Deshalb darf, so der BJV, der Abschuss von Beibachen nur gezielt, zur richtigen Zeit und ausschließlich bei der Einzeljagd erfolgen. "Im Frühjahr dürfen keine Bewegungsjagden auf Schwarzwild stattfinden. Nicht jedes Mittel ist Recht. Wenn die Bachen nicht richtig zu identifizieren sind, muss der Finger gerade bleiben", so Vocke.

Auch Günther Baumer, BJV-Vizepräsident und BJV-Seuchenexperte, betont: "Das größte Risiko einer Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest geht vom Menschen aus." Mangelnde Hygiene im Umgang mit kontaminierten Speiseresten und der gewaltige Transitverkehr spielten die entscheidende Rolle in der Verbreitung des Erregers. Die rigorose Bestandsminimierung und die Forderung nach einem verstärkten Bachenabschuss verhindere die Einschleppung nicht. Infizierte Wildschweine können keine großen Strecken zurücklegen und verenden nach kurzer Zeit. Unachtsam weggeworfene Lebensmittel, wie mit dem Erreger infizierte Rohwurst aus Seuchengebieten, bergen so ein wesentlich höheres Einschleppungsrisiko.

Die bayerischen Jägerinnen und Jäger erledigten zuverlässig und hoch engagiert ihre Arbeit, dies zeigten die aktuellen Streckenlisten. BJV-Präsident Vocke dankt allen Jägerinnen und Jägern für ihren großartigen Einsatz. "Auch Landwirte und Staat sind gefordert", so Vocke. Voraussetzung für eine hohe Abschussquote sind dringend flächendeckende Bejagungsschneisen in großen Mais- und Rapsfeldern, damit die Wildschweine überhaupt gesehen und bejagt werden können. "Das darf nicht immer nur vollmundig angekündigt werden, sondern muss endlich auch gemacht werden", fordert Präsident Vocke. Außerdem belasten hohe Gebühren die Jagd auf Schwarzwild. Deshalb müsse der Staat endlich die Gebühren für die Trichinenuntersuchung und für Verkehrssicherungsmaßnahmen übernehmen.

© SZ vom 27.02.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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