Kind und Hund sind "ein tolles Team", findet Dorothea Lämmle. "Beide spielen unglaublich gerne - und wenn es danach ein Leckerli gibt, sind sie glücklich." Und doch hält die Tierärztin aus Ebersberg es für dringend nötig, Kinder auf die Begegnung mit Hunden vorzubereiten. Immer wieder nämlich komme es zwischen diesen beiden Spezies zu Missverständnissen, das weiß die zweifache Mutter und Hundeliebhaberin nicht nur aus Fachliteratur und Fortbildungen, sondern auch aus ihrem Alltag. Deswegen hat Lämmle einen speziellen Kurs entwickelt: "Kind und Hund - der richtige Umgang miteinander", ein Angebot, das es ihrer Meinung nach in dieser Form sonst noch nicht gibt.
SZ: Viele Hundeschulen und andere Veranstalter bieten Kurse für Kinder und Hunde an - was ist das Besondere an Ihrem Programm?
Dorothea Lämmle: Dass es so umfassend ist. Hier geht es nicht bloß darum, dass die Kinder mal einen Hund streicheln dürfen, und auch nicht darum, dass kleine Herrchen ihren Tieren irgendwelche Tricks beibringen. Sondern darum, dass die Kinder ein grundlegendes Verständnis für den Hund entwickeln und auch mit schwierigen Situationen umzugehen lernen. Denn nur so können Ängste überwunden und Gefahren vermieden werden. Letztlich baut dieser Kurs auf einem professionellen Beißpräventionsprogramm auf, das ich jedoch stark ausgeweitet habe.
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An welche Art Kinder richtet sich denn Ihr Angebot? An solche mit oder ohne Hund, mit oder ohne Angst?
An alle ab fünf Jahren, denn jedes Kind begegnet auf der Straße oder im Wald hin und wieder einem Hund. Nur das Ziel ist vielleicht ein anderes: Das eine Kind überwindet durch den Kurs seine Ohnmacht vor dem Hund, das andere erhält noch mehr Freude im Umgang mit dem Haustier der Familie.
Lernt ein Kind, das mit einem Hund aufwächst, denn nicht automatisch, mit diesem richtig umzugehen?
Nein, dazu braucht es schon eine Anleitung. Und die Annahme, dass Kinder von Hundebesitzern bei dem Tier "Welpenschutz" besitzen, ist leider oft ein Trugschluss. Die offizielle Statistik der "Beißzwischenfälle" bestätigt dies: Kinder werden öfter daheim, von einem ihnen bekannten Hund verletzt als von einem fremden draußen auf der Straße.
Worin liegt denn das Problem?
Darin, dass kleine Kinder sich instinktiv erst einmal falsch verhalten. Wenn sie den Hund zum Beispiel kräftig drücken und herzen wie alle anderen Familienmitglieder, kann dieser das schnell als Bedrohung empfinden. Drohsignale wie Knurren nehmen Kinder jedoch kaum wahr. Oder wenn der Ball neben den Napf rollt, aus dem der Hund gerade frisst: Dann sollte das Kind sich auf keinen Fall nähern. Ein ganz typisches Missverständnis ist auch: Wenn Kinder Angst haben, laufen sie schreiend davon. Schnelle Bewegungen und schrille Töne machen sie für den Hund aber erst richtig interessant.
Und dann wird's gefährlich?
Nein, nicht unbedingt, der Hund fasst solche Situationen oft als Spiel auf. Aber das versteht wiederum das Kind nicht und erschrickt noch mehr, wenn der Hund ihm bellend hinterherrennt. Doch das Erschrecken ist schon schlimm genug, weil sich aus solchen Erlebnissen schwerwiegende Ängste entwickeln können.
Das bedeutet?
Die Kinder müssen erst einmal verstehen, dass der Hund anders ist als sie selbst. Dass er ein Jagdtier ist. Dass er vor allem auf Gerüche und Geräusche reagiert. Dass er zum Beispiel zur Begrüßung jeden beschnuppert - und Nutella-Reste an der Hose gerne auch mal abschleckt. Und dass man in Situationen, die einem Angst machen, auf keinen Fall weglaufen, sondern zur "Statue" werden sollte. Solche Dinge erkläre ich den Kindern bei den ersten Treffen, dazu basteln wir Hundespielzeug, backen gemeinsam Leckerlis oder schauen einen Film über Hundeberufe an. Weil der richtige Umgang mit einem Hund aber den Instinkten eines Kindes tatsächlich zuwiderläuft, reicht das nicht aus: Die Theorie muss auch praktisch angewandt werden, man muss das mehrmals üben, sonst klappt das im Ernstfall nicht.
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Wie machen Sie das?
Ganz langsam, in mehreren Schritten: erst im Rollenspiel mit einem großen Stoffhund, dann mit Charly, meinem zweijährigen Golden Retriever. Ihm dürfen die Kinder ihre selbst gebackenen Leckerlis geben. Wer sich traut, aus der flachen Hand; wem das zu nah ist, bekommt dafür eine Röhre, durch die er Charly das Leckerli schicken kann. Dann legt er sich in die Ecke, während wir etwas basteln. So gewöhnen sich die Kinder immer mehr an den Hund, so dass sie am Ende eigentlich alle richtig aktiv mit ihm spielen und kommunizieren.
Bislang haben Sie den Kurs sechsmal gehalten. Wie lautet das Resümee der Teilnehmer?
Durchweg begeistert. Besonders schön finde ich, wenn die Eltern mir erzählen, wie stolz ihre Kinder sind, wenn sie eine Hunde-Begegnung, die sie früher geängstigt hätte, nun souverän meistern und ihrer Familie zeigen, wie das geht.
Können Sie sich vorstellen, auch in Kindergärten oder Schulen aktiv zu sein?
Durchaus. Das Programm ist ideal für den Kindergarten, in der Schule müsste man es etwas reduzieren. Aber ich fände es sehr toll, wenn wirklich alle Kinder so einen Kurs durchlaufen würden. In manchen Kantonen der Schweiz gehört das zum Standard.
Der nächste Kurs "Kind und Hund" beginnt am Freitag, 16. Oktober, um 14.30 Uhr. Er umfasst acht Einheiten von je zwei Stunden. Anmeldung bei Dorothea Lämmle unter (08092) 232 00 58 oder dodo.laemmle@gmx.de.